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Guadec15: "Beiträge zu freier Software sind zu schwer"

Ein leichterer Einstieg könnte die Entwicklung von Projekten freier Software deutlich beschleunigen. Doch dafür müssten viele Hürden abgebaut werden. Programmierer Christian Hergert hat dafür auf der Guadec gleich eine ganze Reihe von Vorschlägen.
/ Sebastian Grüner
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Christian Hergert bei seinem Vortrag auf der Guadec (Bild: Garrett LeSage - CC-BY-SA 3.0)
Christian Hergert bei seinem Vortrag auf der Guadec Bild: Garrett LeSage - CC-BY-SA 3.0

Laut Christian Hergert ist es derzeit für viele Interessierte schlicht zu schwierig, eigene Beiträge zu freier Software zu leisten. Die Gründe dafür sind vielfältig, und Hergert arbeitet mit der von ihm initiierten Gnome-IDE Builder daran, einige dieser Hindernisse abzubauen. Auf der diesjährigen Guadec-Konferenz stellt der Entwickler daneben noch eine Reihe weiterer Vorschläge dazu vor.

Altbekanntes bereitet weiter Probleme

Dabei wiederholt Hergert auch viele bereits seit langem bekannte Probleme, die wohl aber nur schwer behoben werden können, darunter etwa schlechte oder nur unzureichend vorhandene Dokumentation des Quellcodes wie auch einzelner Funktionen der Software - ein Punkt, der mittlerweile immer wieder vorgebracht wird.

Er stellt auch die recht simple Rechnung auf, dass ein Projekt, das mehr Nutzer erreiche, auch eine steigende Anzahl von Beiträgen durch Neuzugänge zum Projekt erhalte. Dementsprechend müsse Gnome eben noch mehr Menschen erreichen.

Möglichkeiten aktueller Software und Hardware nutzen

Doch auch die Art, wie etwa Gnome-Software erstellt werde, müsse ein möglichst niederschwelliges Angebot darstellen. Zwar werde im Gnome-Stack sehr viel das eher schwer zu erlernende C verwendet, doch für die Oberfläche auch vergleichsweise einfachere Webtechniken wie CSS und Javascript. Dank Letzterem sei es inzwischen möglich, Fenster in nur wenigen Minuten zu erstellen und direkt das Ergebnis zu betrachten.

Zudem müssten Bereiche außerhalb des klassischen Profils erreicht werden. Viele potentielle Beitragende bastelten inzwischen sehr häufig mit Smartphones statt mit dem Desktop und seiner Software. Diese Lücke könne durch ein Ausweiten von Gnome auf mobile Geräte überwunden werden. An diesem Weg versucht sich derzeit das KDE-Projekt. Neben Qt-Anwendungen auf Android arbeitet das Team an einer Mobile-Shell und profitiert auch selbst davon.

Ein Desktop für Entwickler

Aus der Beschäftigung mit den Systemen von Mobiltelefonen zieht Hergert den Schluss, dass auch der Desktop über einen Entwicklermodus verfügen müsse, der möglichst mit nur einem Klick aktiviert werde. Die Option sollte sich in den Einstellungen finden und hauptsächlich für die Installation von notwendigen Paketen sorgen.

Dazu gehörten etwa das Gnome SDK und natürlich sämtliche Werkzeuge, die zum Erstellen der Software notwendig sind. Hergert empfiehlt dafür die von Builder genutzte Toolchain. Nicht zuletzt sollte damit dann auch die Dokumentation samt einer Einführung direkt bereitstehen. Anders als bei Smartphones ist auf dem eigenen Linux-Desktop der Root-Zugriff aber immer vorhanden und muss nicht speziell aktiviert werden.

Simulatoren sind notwendig

Ebenfalls aus dem Mobile-Segment entliehen ist die Idee, einen Simulator bereitzustellen. Dieser sollte Hergert zufolge insbesondere Teil von seinem Projekt Builder werden. Er helfe Neuankömmlingen, einfach ihre ersten Versuche zu testen.

Doch neben dieser offensichtlichen Herangehensweise mit Hilfe eines Simulators beschreibt Hergert weitere Szenarien, in denen dieser das gesamte Projekt verbessern könnte. Mittels eines Simulators könnte das Team nämlich viel einfacher Entwicklungen tatsächlich in der Umgebung testen, die letztlich beim Nutzer lande - das geschehe noch zu wenig. Schließlich bauten viele Gnome-Entwickler ihre Software aus dem neuesten Quellcode in den verschiedenen Zweigen.

Neuer Standard für Sandboxes und den Simulator

Als technische Grundlage für den Simulator könnte ein neuer Standard dienen, der aus dem Gnome-Projekt stammt und ursprünglich für App-Sandboxes gedacht war. Das Ziel von XDG-Apps gehe nämlich über das eigentliche Abschließen der Anwendungen voneinander hinaus.

Denn die XDG-Apps sollen auf getrennte und unterschiedliche Laufzeitumgebungen zugreifen können. Diese könnten einfach versioniert werden, so dass etwa der aktuell stabile Stack parallel zu dem in Entwicklung befindlichen genutzt werden könnte. Obwohl diese Idee aus dem Gnome-Projekt stammt, arbeitet mit dem Red-Hat-Angestellten Dan Vrátil auch ein KDE-Hacker an dessen Umsetzung(öffnet im neuen Fenster) .

Dank dieses Konzepts könnte sich die Community auch von den starren und teils viel zu langen Veröffentlichungszyklen verabschieden. Denn einzelne Anwendungen könnten auf Basis ihrer Laufzeit in einem vergleichsweise schnellen Rhythmus aktualisiert und an Anwender verteilt werden.

Mehr Liebe für alles

Vermutlich viel einfacher umzusetzen als die Software ist aber Offenheit in der Community selbst. So existiert mit Gnome-Love(öffnet im neuen Fenster) bereits ein Angebot für Interessierte, das Hilfe durch erfahrene Entwickler verspricht.

Das könne etwa durch ein Botschafter-Programm weiter ausgebaut werden. Bei solchen Programmen, wie sie bereits in anderen Projekten erfolgreich sind, stehe das Miteinander und das Vergrößern von lokalen Gemeinschaften im Vordergrund - die Programmentwicklung sei im Kern zunächst Nebensache. Diese persönlichen Kontakte führten letztlich zu einem leichteren Einstieg in die internationale Community eines relativ großen Projekts wie Gnome.

Wie viele von Hergerts Vorschlägen umgesetzt werden können, muss sich noch zeigen. Für die meisten existiert aber bereits ein Ausgangspunkt, an den angeknüpft werden könnte. Bei manchen anderen müssten die Beteiligten wohl aber vor allem den sprichwörtlichen Schweinehund überwinden.


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