Grokipedia angeschaut: Elon Musk schreibt Geschichte - um

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Wenn es bei der Geschichte der Enzyklopädien so läuft wie bei Tesla, wird es irgendwann heißen: Elon Musk hat mit Grokipedia das Online-Lexikon erfunden. Dass vorher schon 25 Jahre lang eine gewisse Wikipedia aufgebaut wurde – geschenkt. Doch noch ist unklar, ob die Grokipedia die menschengemachte Vorgängerin verdrängen kann. Bislang weist das KI-generierte Lexikon viele Defizite und Unklarheiten auf, steckt voller Fehler und ist alles anderes als neutral.
Was durchaus beeindruckend ist: In kürzester Zeit hat der Chatbot Grok von Musks Firma xAI fast 900.000 Artikel erstellt. Die englischsprachige Wikipedia brauchte fast fünf Jahre, um diese Marke zu erreichen(öffnet im neuen Fenster) , die deutschsprachige Wikipedia sogar acht Jahre. Allerdings hat die Grokipedia auch Texte aus der Wikipedia übernommen(öffnet im neuen Fenster) und sie mit dem Hinweis "The content is adapted from Wikipedia" versehen.
Ziemlich lange Texte
Dabei sind die Grokipedia-Texte alles andere als kurze Lexikoneinträge. So umfasst der Artikel über Deutschland(öffnet im neuen Fenster) mehr als 125.000 Zeichen mit 477 verlinkten Quellenangaben. Zwar nutzt Grokipedia vor allem englischsprachige Quellen. Doch die sind nach einer kursorischen Prüfung zum einen aktuell, zum anderen nicht erfunden. Ob sie jeweils korrekt ausgewertet wurden, ließe sich erst nach einer aufwendigen Prüfung feststellen.
Zum Start seines eigenen Lexikons schrieb Musk(öffnet im neuen Fenster) : "Grokipedia wird Wikipedia in Bezug auf Umfang, Tiefe und Genauigkeit um ein Vielfaches übertreffen." Die Analyse eines konkreten Artikels zeigt, dass dies bislang eher eine der typischen Übertreibungen des Tesla-Chefs darstellt.
Halluzinationen und viele Fehler
Dass die Grokipedia bisweilen ziemlichen Unsinn enthält, zeigt der Artikel über den Journalisten und Schriftsteller Kurt Tucholsky(öffnet im neuen Fenster) . Ein Thema, bei dem sich der Autor einigermaßen auskennt. Groks Text ist mit 37.000 Zeichen kürzer als der Text in der deutschsprachigen Wikipedia, der rund 50.000 Zeichen umfasst. Allerdings gibt die Grokipedia 80 Quellennachweise an, während die Wikipedia nur auf 35 kommt.
Grok behauptet unter anderem, dass Tucholsky im Ersten Weltkrieg von 1916 an als Sekretär beim Generalstab in Brüssel gearbeitet habe. Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch, denn erstens hatte der deutsche Generalstab nie seinen Sitz in Brüssel, zweites war Tucholsky von 1915 bis 1918 nur an der Ostfront eingesetzt, zunächst im Baltikum, dann in Rumänien.
Ebenso unsinnig ist die Behauptung, dass er während des Krieges in privaten Briefen, Tagebüchern und unveröffentlichten Gedichten, "die Absurdität des Krieges und die Mitschuld der Zivilbevölkerung an dessen Fortdauer anprangerte" . Bekanntlich beteiligte er sich noch im Sommer 1918 an einem Preisausschreiben zur 9. Kriegsanleihe(öffnet im neuen Fenster) und wollte gar Offizier der Feldpolizei werden(öffnet im neuen Fenster) . Als vermeintlichen Nachweis setzt die Grokipedia einen toten Link zu einer Textsammlung(öffnet im neuen Fenster) , in der es keine Belege für die Aussagen geben dürfte. Zumal von Tucholsky kein eigentliches Tagebuch erhalten ist.
Weitere Fehler: Aus dem Namen seiner zweiten Frau Mary Gerold-Tucholsky macht die Grokipedia an einer Stelle "Mary Gerold-Vuataz" – eine klassische Halluzination. Anders als behauptet nahm er auch keine Schmerzmittel gegen "chronischen Rheumatismus" , sondern wegen eines chronischen Nasenleidens.
Er wurde auch nicht bereits drei Tage nach seinem Tod in der Nähe von Schloss Gripsholm beerdigt, sondern erst ein halbes Jahr später im Sommer 1936. Die gleichnamige Erzählung erschien(öffnet im neuen Fenster) im Jahr 1931 und nicht 1926, wie an einer Stelle behauptet wird. Die Ehe mit Mary Gerold wurde bereits 1933 und nicht erst nach Tucholskys Tod geschieden. Die Novelle Rheinsberg(öffnet im neuen Fenster) erschien nicht im Fischer Verlag, sondern bei Axel Juncker.
Der Artikel enthält nicht nur viele falsche und widersprüchliche Angaben, sondern ist auffallend redundant. Viele Aussagen, wie zu Tucholskys Pseudonymen, werden mehrfach wiederholt. Die Quellen erscheinen wahllos, disparat und beliebig.



