Greenpeace: KI-Rechenzentren haben "eigenes Interesse an Umweltschutz"

Rechenzentrumsbetreiber haben ein eigenes Interesse an wirksamen Umweltschutz. Das sagte Jonathan Niesel, Experte für künstliche Intelligenz bei Greenpeace, im Gespräch mit Golem.de. "Rechenzentren brauchen Umweltschutzauflagen - aus eigenem Interesse. Schon heute kämpfen Betreiber mit Herausforderungen wie mangelndem Kühlwasser und unzureichender Stromversorgung."
Somit seien nicht nur Verteilungskämpfe um Ressourcen, sondern auch die Klimakrise "längst ein handfestes Geschäftsrisiko" .
Das Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland, seit November 2023 in Kraft, verlangt von Rechenzentren eine deutliche Senkung des Energieverbrauchs. Bestehende Standorte müssen bis 2030 einen PUE-Wert von unter 1,3 erreichen, ab Juli 2026 müssen neue Anlagen mit einem PUE-Wert von höchstens 1,2 starten.
Bitkom: praxisferne deutsche Sonderwege durch das Energieeffizienzgesetz
Der IT-Branchenverband Bitkom forderte Ende Juli(öffnet im neuen Fenster) , "praxisferne deutsche Sonderwege durch das Energieeffizienzgesetz" mit den europäischen Rahmenbedingungen zu harmonisieren. Das betreffe Vorgaben zur Energie-Verbrauchseffektivität und zum Anteil an wiederverwendeter Energie. Zugleich seien Rechenzentren und auch Telekommunikationsnetze durch staatliche Subventionen bei den Stromkosten zu entlasten.
Greenpeace-Experte Niesel erklärte, neue Subventionen seien "kein geeignetes Mittel, um den Standort Deutschland zu stärken, vielmehr müssen umweltschädliche Beihilfen abgebaut werden. Das schafft finanzielle Spielräume für die Energiewende und setzt echte Anreize für Klimaschutz."
Umweltschutz kein Kostenfaktor
Man müsse aufhören, "Umweltschutz als Kostenfaktor oder bürokratische Hürde zu begreifen" . Planungs- und Genehmigungsverfahren ließen sich digital deutlich beschleunigen, ohne Abstriche bei Umweltstandards zu machen, betonte Niesel.
Im Koalitionsvertrag seien die Umweltauflagen für Rechenzentren ohnehin bereits weiter gelockert worden. Das sagte Werner Neumann, Vorstandsmitglied des BUND Hessen und Sprecher des Arbeitskreises Energie im wissenschaftlichen Beirat des BUND, im Gespräch mit Golem.de.
"Der Koalitionsvertrag fällt gegenüber den Anforderungen an nachhaltige Rechenzentren um Jahrzehnte zurück." Aktuell sehe man, dass die Rechenzentrumsplaner die Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes "regelrecht unterlaufen, indem sie Orte heraussuchen, wo keine Abwärme genutzt werden kann, und dann sagen, es nimmt uns ja keiner die Abwärme ab" , erklärte Neumann.
Stromleitungen für Rechenzentren bezahlt die Allgemeinheit
Die Umweltschutzorganisation BUND fordert(öffnet im neuen Fenster) , die immense Abwärme der Rechenzentren zwingend in der Stadtplanung als Wärmequelle einzusetzen. Rechenzentren dürften zudem nur mit Strom aus zusätzlichen erneuerbaren Energiequellen betrieben werden. Die hohen Schadstoffemissionen der Notstromdiesel müssten deutlich gesenkt werden.
Zudem würden immer mehr Stromleitungen für die Rechenzentren gebaut, deren Kosten alle Stromkunden zahlen müssten, mit erwarteten Strompreiserhöhungen zwischen 5 und 20 Cent/kWh, während die Rechenzentren weitgehende Rabatte bei den Netzentgelten nutzen könnten. Verursachergerechte Zuordnung der Kosten sei dies nicht, kritisierte Neumann.



