Gratislizenz für Google: Die streng geheime Niederlage der VG Media
Die Gratislizenz der VG Media für Google steht offenbar auf der Kippe. Doch die Verlage verhalten sich im Streit über das Leistungsschutzrecht so konspirativ wie die Regierung in Sachen BND.

Ist es der VG Media erlaubt, dem Suchmaschinenkonzern Google eine Gratislizenz für die Nutzung von Inhalten nach dem Leistungsschutzrecht zu erteilen und kleinere Wettbewerber dadurch zu benachteiligen? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit gut einem Jahr die Staatsaufsicht über Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München. Wer dort nachfragt, ob inzwischen eine Entscheidung in dem Verfahren getroffen wurde, erhält von Pressesprecherin Petra Knüfermann eine merkwürdige Antwort. "Die VG Media hat der Herausgabe von Informationen über den Stand des Verfahrens widersprochen. Bevor rechtlich abschließend entschieden ist, ob es sich bei den Informationen um ein Geschäftsgeheimnis der VG Media handelt, kann ich daher keine weitere Auskunft erteilen."
Vor dem Hintergrund, dass führende VG-Media-Verlage wie Axel Springer bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um Auskünfte von Behörden einzuklagen, wirkt die Informationsblockade der Verwertungsgesellschaft einigermaßen befremdlich. Warum sollte es ein Geschäftsgeheimnis der VG Media sein, wenn die Staatsaufsicht die unentgeltliche Anzeige von Snippets und Thumbnails durch Google beanstandet und darin einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot sieht? Dass Letzteres der Fall ist, liegt aber auf der Hand.
Regierung verplappert sich
Denn vor einigen Wochen hat sich die Bundesregierung in dieser Angelegenheit offenbar "verplappert". Auf eine schriftliche Anfrage der Linke-Abgeordneten Halina Wawzyniak zum Stand des Verfahrens antwortete der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Christian Lange (SPD): "Das von Ihnen angesprochene Verfahren des Deutschen Patent- und Markenamts gegen die Verwertungsgesellschaft Media befindet sich noch im Widerspruchsverfahren und ist daher noch nicht abgeschlossen." Wenn es einen Widerspruch gibt, muss vorher eine Entscheidung gefallen sein, die der VG Media nicht gefallen hat.
Das DPMA bestätigt zumindest, dass die Aussage der Regierung zutrifft. Formal beruht ein Widerspruchsverfahren auf Paragraf 68 der Verwaltungsgerichtsordnung. Dieses sei Voraussetzung für die Zulässigkeit einer späteren Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, erläuterte das DPMA. Widerspruchsführer kann laut Gesetz nur der sein, "wer geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein". Da nicht einmal Google an dem Verfahren beteiligt ist, kommt als Widerspruchsführer nur die VG Media infrage.
Verlage müssten VG Media verlassen
In der Tat würde ein Verbot der Gratislizenz die Verwertungsgesellschaft schwer treffen. Die von ihr vertretenen Verlage würden dadurch vor die Wahl gestellt, die Erlaubnis für Google zu widerrufen oder die VG Media zu verlassen. Denn anders als eine Verwertungsgesellschaft können die Verlage selbst eine solche Gratisnutzung erteilen, ohne dass sich eine Behörde daran stößt. Bleiben sie aber in der VG Media und ziehen die Erlaubnis zurück, müssten sie mit hohen Einbußen beim Traffic rechnen. Das ist eher unwahrscheinlich.
Die VG Media könnte daher in Kürze eine Dame ohne Unterleib sein: mit einem prinzipiell anerkannten Tarif, aber ohne Verlage, die diesen durchsetzen wollen. Das deutsche Leistungsschutzrecht wäre damit endgültig gescheitert. Ob die Staatsaufsicht der VG Media erlaubt, aus Gründen der Gleichbehandlung allen Suchmaschinen vorübergehend eine Gratislizenz zu erteilen, ist unklar. Dann könnten sich die Verlage ihren Tarif Presseverleger aber gleich schenken.
Es ist daher kein Wunder, dass die VG Media die Informationen zum Stand des Verfahrens unterdrücken möchte. Alle diesbezüglichen Anfragen von Golem.de blieben bislang unbeantwortet. Wenn man bedenkt, wie selbst krachende Niederlagen dort kleingeredet werden können, ist dieses Verhalten schon ungewöhnlich. Sollte der Widerspruch aber erfolgreich sein, würde die VG Media ihr Schweigen sicherlich brechen. Juristische Siege sind nur selten ein Geschäftsgeheimnis.
Nachtrag vom 4. November 2015, 13:34 Uhr
Die VG Media erklärte dazu am Mittwoch, dass in dem Verfahren Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse tangiert würden, "zu deren Schutz wir grundsätzlich verpflichtet sind". Die VG Media lehne eine Ungleichbehandlung von Suchmaschinenbetreibern und News-Aggregatoren ab. Es sei aber der Marktmacht von Google geschuldet, "dass Google entgegen geltendem Recht die kostenlose Nutzung von Presseerzeugnissen erzwingen kann".
Eine entsprechende Unterlassungsklage der in der VG Media organisierten Presseverleger werde am 19. Februar 2016 am Landgericht Berlin mündlich verhandelt. Mit den Betreibern anderer Suchmaschinen und News-Aggregatoren führe die VG Media mit Blick auf eine gütliche Einigung Gespräche. Das Bundeskartellamt hatte das Vorgehen von Google gegenüber den Verlagen jedoch für begründet erklärt.
Nachtrag vom 4. November 2015, 22:38 Uhr
Die VG Media bestätigte am Mittwochabend in einer Stellungnahme den Bericht von Golem.de. Die Verwertungsgesellschaft befinde sich "in einem laufenden Widerspruchsverfahren mit dem DPMA", hieß es. Es gebe aber noch keinen "rechtskräftigen Bescheid des DPMA zur Ungleichbehandlung von Suchmaschinen oder News-Aggregatoren". Dies ergibt sich aber schon daraus, dass das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)
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Wurde übrigens abgewiesen. Solche Patente werden nur mit finanziell gut ausgestatten...
Google nutzt aber keine Dienstleistung von Bild oder jemand anderem. Werbung schalten...
Und Werbung muss bezahlt werden. Google sollte einfach den Spiess umdrehen, jeden Link...
Das ist doch totaler Blödsinn. Google zwingt keinen Verlag dazu, seine Schlagzeilen...