Gigabit für alle: EU will 155 Milliarden zusätzliche Investitionen anlocken

Die EU-Kommission will den Ausbau der Breitbandversorgung deutlich beschleunigen. Kleinere Anbieter befürchten allerdings eine zu große Deregulierung zugunsten der Deutschen Telekom.

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Breitbandnetzwerk
Breitbandnetzwerk (Bild: Vereinigte Stadtwerke)

Die EU-Kommission hat ehrgeizige Pläne für den europaweiten Ausbau des schnellen Internet veröffentlicht. Um die Versorgung mit dem künftigen Mobilfunkstandard 5G sowie Glasfaserverbindungen für "Bereiche mit besonderer sozioökonomischer Bedeutung" zu ermöglichen, seien Investitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 erforderlich, teilte die Kommission am Mittwoch mit. Ein neuer "Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation" soll Anreize schaffen, die bestehende Investitionslücke von 155 Milliarden Euro zu schließen.

Die EU-Kommission hat sich beim Breitbandausbau bis 2025 mehrere konkrete Ziele gesetzt. Demnach sollen Schulen, Hochschulen, Forschungszentren, Verkehrsknotenpunkte, Anbieter öffentlicher Dienste sowie Unternehmen, die sich in hohem Maße auf Digitaltechnik stützen, über eine "äußerst leistungsstarke Gigabit-Internetanbindung" verfügen. Alle europäischen Haushalte sollen zumindest einen Anschluss von 100 MBit/s erhalten, der auf Gigabit-Geschwindigkeit aufgerüstet werden kann. Zudem sollen alle Stadtgebiete sowie alle wichtigen Straßen- und Bahnverbindungen durchgängig mit einer 5G-Anbindung versorgt werden.

Freies WLAN für alle

Eine weitere Initiative des "Konnektivitätspakets" ist das Programm WiFi4EU, das europäische Kommunen darin unterstützen soll, allen Bürgern kostenfreie WLAN-Hotspots anzubieten. Dafür stellt die EU 120 Millionen Euro bereit. Lokale Gemeinschaften müssen sich bei einer Förderung verpflichten, ultraschnelles Internet bereitzustellen und gleichzeitig nachweisen, "dass sie nicht mit einem vergleichbaren bestehenden privaten oder öffentlichen Wi-Fi-Angebot konkurrieren".

Der Branchenverband VATM begrüßte die Pläne der EU-Kommission als "das Ende der Kupferzeit". Brüssel habe "mit einem klaren Schnitt heute den veralteten Kupfernetzen den Rücken gekehrt und den Blick auf die Anforderungen der Gigabit-Gesellschaft gerichtet", sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Dies sei "eine politische Fokussierung, wie wir sie uns in Deutschland nur wünschen können".

Regionale Monopole möglich

Der 258-seitige Kodex soll nach dem Willen der Kommission die Regulierung dort erheblich verringern, "wo konkurrierende Betreiber gemeinsam in Netze mit sehr hoher Kapazität investieren". Zudem soll er kleineren Akteuren erleichtern, "sich an Investitionsprojekten zu beteiligen, indem beispielsweise Kosten gebündelt und größenbedingte Schranken überwunden werden können".

Allerdings sagte EU-Digitalkommissar Günther Oettinger bei der Vorstellung der Pläne auch: "Im ländlichen Raum schaffen wir zum Beispiel die Möglichkeit, dass der, der investiert, gegebenenfalls auch seine Infrastruktur allein nutzen darf und nicht gezwungen ist, andere daran zu beteiligen." Die in VATM organisierte Konkurrenz der Deutschen Telekom warnt daher vor der Tendenz, "die Regulierung der immer noch marktbeherrschenden Anbieter zu lockern und gleichzeitig die Regulierung nicht marktbeherrschender Unternehmen auszuweiten". Es dürfe daher nicht zu einer Deregulierung kommen, die auf dem deutschen Markt letztlich zugunsten der Telekom ausfallen würde.

Anspruch auf "erschwingliches" Internet

Zu den Plänen der EU-Kommission gehört darüber hinaus eine bessere Nutzung von Funkfrequenzen. Der Kodex sieht demnach lange Lizenzlaufzeiten vor, verbunden mit strengeren Auflagen für die tatsächliche und effiziente Nutzung der Frequenzen. Verbraucher sollen zudem die Möglichkeit haben, einfacher den Anbieter zu wechseln, wenn sie Bündelverträge unterschrieben haben, bei denen Internet, Telefon, Fernsehen, Mobilfunk zusammengefasst sind. Schutzbedürftige Gruppen wie ältere oder behinderte Menschen sowie Sozialhilfeempfänger erhalten einen Anspruch auf "erschwingliche Internetanschlüsse".

Zu guter Letzt will die Kommission die Regelungen für sogenannte Over-the-Top-Anbieter wie Google, Facebook oder Whatsapp erweitern. Diese Vorschriften sehen vor, dass Nutzer die EU-Notrufnummer 112 künftig ohne Zusatzkosten über diese Online-Dienste erreichen können. Dieses Vorgehen stieß auf Zustimmung der Netzbetreiber. "Die Branche erwartet auch in diesem Punkt die richtigen Weichenstellungen für ein faires Level Playing Field", sagte Grützner. Bürokratieabbau sei "genauso wichtig wie ein einheitlicher Verbraucher- und Datenschutz".

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HubertHans 21. Sep 2016

Also ich habe 100/35. Leitungsbedingt. Und wenn man versucht, bei ueber 50Mbit Speedtests...

Ovaron 19. Sep 2016

Ich halte nichts von übertriebener Regulierungswut, sehr viel aber von Transparenz...

Ovaron 19. Sep 2016

Du solltest den Artikel nochmal lesen. Die EU will möglichst gar nichts in die Netze...

Ovaron 19. Sep 2016

Sollte man meinen. Tatsächlich hat Telekom aber öffentlich verkündet das Opa Karl und...



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