Gerichtsurteil: Shop darf keine Vorkasse vor Vertragsabschluss verlangen

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat dem Onlineshop Netto-online.de untersagt, eine Zahlung per Vorkasse zu verlangen, bevor ein Kaufvertrag geschlossen wird. Damit war eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) erfolgreich. Die vorherige Gerichtsinstanz urteilte noch im Sinne von Netto Online.
Die Discounter-Kette Netto Marken-Discount(öffnet im neuen Fenster) gehört zur Edeka-Gruppe und betreibt einen Onlineshop, der vom Unternehmen NeS GmbH betrieben wird. Bisher mussten Kunden bei Bestellungen auf Netto Online ihre Rechnungen als Vorkasse zahlen, bevor ein Kaufvertrag geschlossen wurde, wenn sie Vorkasse als Zahlungsmittel auswählten. Der Vertrag kam laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters erst bei der Warenlieferung zustande.
Über die Netto Online werden auch hochpreisige Waren verkauft, die weit mehr als 1.000 Euro kosten. Wenn die Bezahlart Vorkasse gewählt wurde, mussten Kunden den vollen Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen nach der Bestellung zahlen. Der Kaufvertrag kam jedoch laut einer Klausel in den AGB des Anbieters erst mit der Zustellung der Ware zustande.
Netto Online nennt nur ungefähre Lieferzeiten
Als Lieferzeit nannte das Unternehmen für Paketzustellungen "ca. 1 bis 3 Werktage" und bei Lieferung per Spedition "ca. 10 Werktage" . Bei Vorkasse sollten sich diese Lieferzeiten um drei Werktage verlängern und am Tag der Zahlungsanweisung beginnen. Kunden mussten also den Kaufpreis leisten, ohne dass bereits ein Vertrag zustande gekommen ist.
Das Oberlandesgericht Nürnberg folgte der Auffassung der Verbraucherschützer, wonach die strittige Vorkasseregelung Kunden unangemessen benachteiligt und gegen einen wesentlichen Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches verstößt. Kunden wurden durch die Zahlungsaufforderung vor Vertragsabschluss rechtlich schlechter gestellt als bei einem bestehendem Kaufvertrag.
Kunden haben weniger Rechte
Falls das Unternehmen nicht lieferte, konnten sie zwar ihr Geld zurückverlangen, nicht aber auf der Lieferung bestehen oder Schadenersatz verlangen, urteilte das Gericht. Das Hinausschieben des Vertragsabschlusses bis zur Warenlieferung ist deshalb nach Auffassung des Gerichts für Betroffene mit erheblichen Nachteilen verbunden.
Sie müssten das gezahlte Geld über einen längeren Zeitraum entbehren, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert wird. Kunden seien im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt. Daher hat das Gericht diese Kombination aus Vorkasse und AGB-Regelung dem Betreiber von Netto Online untersagt.
Gericht sieht Benachteiligungen der Kundschaft
Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass Kunden nicht erkennen können, wie lange sie an ihre Bestellung gebunden sind und wie lange das Unternehmen befugt sein soll, ihr durch die Bestellung abgegebenes Angebot noch anzunehmen. Da die Lieferzeiten nur als ungefähre Fristen angegeben waren, hätten sie selbst nach deren Ablauf keine Gewissheit.
"Wer Waren online kauft und sie per Vorkasse bezahlt, sollte dem Verkäufer gegenüber eine starke Rechtsposition haben. Ohne eine vertragliche Grundlage den vollen Kaufpreis zahlen zu müssen, ist unfair" , sagt Rosemarie Rodden, Referentin beim VZBV.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg erging bereits am 30. Januar 2024 und wurde durch eine Mitteilung des VZBV(öffnet im neuen Fenster) bekannt. Das Urteil ist rechtskräftig (Az. 3 U 1594/23).



