Gerichtsurteil: Quellcode keine "amtliche Information" nach dem IFG
Der Quellcode von Behördensoftware bleibt für deren Mitarbeiter tabu. Grund dafür sind auch die "unattraktiven Arbeitsbedingungen" für IT-Experten.

Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben keinen Anspruch auf die Herausgabe des Quellcodes der von ihnen genutzten Programme. Das entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden in einem Urteil vom 17. Januar 2022 und wies damit die Klage eines Lehrers gegen die Hessische Lehrkräfteakademie ab. Bei dem Quellcode handelt es sich "nicht um eine amtliche Information" im Sinne hessischen Informationsfreiheitsgesetzes "und damit nicht um einen tauglichen Anspruchsgegenstand" (Az. 6 K 784/21.WI).
Darüber hinaus gefährdet nach Ansicht des Gerichts die Veröffentlichung des Quellcodes die IT-Sicherheit. "Eine Trennung nicht IT-sicherheitssensibler Teile des Quellcodes von gefährdeten Teilen ist ohne unverhältnismäßigen Aufwand nicht möglich", heißt es im Urteil. Der Grund: "Da das Sachwissen bei der Behörde mit Blick auf die unattraktiven Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten für IT-Experten im öffentlichen Dienst in aller Regel nicht vorhanden ist, wären zur Erfüllung von Informationsansprüchen kosten- und zeitintensive Begutachtungen durch Externe erforderlich."
Diese könnten durch die Kosten der Anfrage nicht refinanziert werden und führten regelmäßig zu Konflikten mit den knappen Antwortfristen. Auch Teile des Programms könnten nicht veröffentlich werden, "da Sicherheitslücken grundsätzlich in allen Teilen des Quellcodes denkbar" seien. Darüber hinaus ist es dem Urteil zufolge kein Zweck des HDISG, "die Bürger an die Stelle der Verwaltung zu setzen und die Qualität des Arbeitsmaterials von sich aus zu überprüfen, mithin die amtlichen Informationen erst zu generieren".
Der klagende Lehrer hat den Quellcode verschiedener Anwendungen des Hessischen Schulportals HSP angefragt. Gegenstand der Klage waren vier Module des HSP: ein pädagogisches Netzwerk und eine Informationsplattform, eine Abwandlung der Lernplattform Moodle sowie eine Bildungsplattform, unter anderem zum Selbstlernen. Für Moodle und auch Mahara, eine E-Learning-Plattform, würden Versionsangaben reichen, schrieb der Lehrer in seiner Anfrage auf der Informationsfreiheits-Plattform Frag den Staat im März 2021.
Zwar wurde dem Kläger Einsicht gewährt. Er "erhielt zu diesem Zweck einen Laptop, auf dem sich die Daten zu den beiden Anwendungen in jeweils einem Ordner befanden". Des Weiteren fasst das Gericht in seinem Urteil aber zusammen: "Der erneute Antrag des Klägers, unter Verweis auf die Datengröße und -menge Kopien erstellen zu dürfen, wurde abgelehnt".
Code nur Werkzeug der Verwaltung
Die Richter vergleichen in dem Urteil die Verwendung von Microsoft Windows in der Verwaltung mit dem Klagegegenstand. Mitarbeiter würden es zwar nutzen, aber nicht den Quellcode kennen. Die Information sei, "mit anderen Worten, für Verwaltungshandeln nicht erforderlich". Das Gericht verwies dabei auf eine Entscheidung des VG Darmstadt (3 K 1708/17.DA), das im Mai 2019 so urteilte und schlussfolgert: "Demnach ist der Zweck der Aufzeichnung auch kein amtlicher Zweck".
Ein weiteres zentrales Argument des Urteils befasst sich damit, ob Quellcode eine amtliche Information nach dem HDISG sei: also, ob es selbst von der Verwaltung produziert wäre. Dem sei in diesem Fall nicht so. Es sei keine Aufzeichnung, sondern vielmehr ein Werkzeug der Verwaltung, schreibt das Gericht. Bei diesem Punkt verweist das Gericht auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Oktober 2021. Damals klagte Frag den Staat, um die Twitter-Direktnachrichten des ehemaligen Innenministers Horst Seehofer (CSU) zu erhalten.
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Aber das Binary, und um dessen Reverse-Engineering ging es.
Zitat: "Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben keinen Anspruch auf die Herausgabe...