Gerichtsurteil: NetzDG ist teilweise europarechtswidrig
Schon immer haben Kritiker das NetzDG für europarechtswidrig gehalten. Das hat nun ein Gericht nach einer Klage von Google und Meta bestätigt.

Zentrale Vorschriften des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sind wegen Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften nicht anwendbar. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit einer Klage der IT-Konzerne Google und Meta teilweise stattgegeben. Demnach verstößt das NetzDG unter anderem gegen das sogenannte Herkunftslandprinzip der Europäischen Union (Az.: 6 L 1277/21 (Google I), 6 L 1354/21 (Meta)).
Hintergrund der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland ist ein neuer Passus im NetzDG, der eine Weitergabe für Nutzerdaten wie IP-Adressen oder Portnummern an das Bundeskriminalamt (BKA) vorsieht, wenn rechtswidrige Beiträge entfernt oder gesperrt wurden. Diese Pflicht ist zum 1. Februar 2022 in Kraft getreten.
In einer Bundestagsanhörung im Mai 2020 hatten mehrere Experten diese Pläne kritisiert. Selbst wenn Behörden zu dem Schluss kämen, dass ein Inhalt doch nicht strafbar sei, würden sie sofort über die Daten verfügen. Daher könnten jährlich die Daten von einer Million Postings beim Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet werden, sagte Henning Lesch vom IT-Branchenverband Eco.
Irisches Recht maßgeblich
Die Google-Tochter Youtube hatte diese Pläne ebenfalls kritisiert. Um die Vorgaben nicht erfüllen zu müssen, berief sich das Unternehmen in der Klage auf das Herkunftslandprinzip. Das bedeutet, dass europaweit tätige Firmen laut E-Commerce-Richtlinie eigentlich nur solche Gesetze einhalten müssen, die an ihrem europäischen Hauptsitz, beispielsweise in Irland, gültig sind.
Dieser Auffassung schloss sich nun auch das Verwaltungsgericht Köln an. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung von Paragraf 3a des NetzDG gegen das Herkunftslandprinzip verstoßen. Die Bundesregierung könne sich nicht auf Ausnahmen von diesem Prinzip berufen, da der Gesetzgeber weder das für Ausnahmen vorgesehene Konsultations- und Informationsverfahren durchgeführt habe noch die Voraussetzungen eines Dringlichkeitsverfahrens vorgelegen hätten.
Bundesamt für Justiz darf nicht zuständig sein
Ebenfalls gegen Europarecht verstößt dem Gericht zufolge der Paragraf 4a des NetzDG, der das Bundesamt für Justiz als Aufsichtsbehörde bestimmt. Denn dies stelle einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie für audio-visuelle Mediendienste dar.
Diese statuiere den Grundsatz der rechtlichen und funktionellen Unabhängigkeit der zur Kontrolle zuständigen Medienbehörden. Da das als Bundesoberbehörde eingerichtete Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz unterstehe und von diesem Weisungen entgegennehme, könne von der von der Richtlinie geforderten Staatsferne beim Bundesamt für Justiz keine Rede sein.
Nicht beanstandet wurde hingegen das in Paragraf 3b eingeführte Gegenvorstellungsverfahren. Zur Begründung schrieb das Gericht, die Vorschrift sei von der Befugnis der EU-Mitgliedstaaten zur Festlegung von Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs gedeckt. Auch ein Verstoß gegen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete unternehmerische Freiheit oder nationales Verfassungsrecht sei nicht gegeben.
Twitter und Tiktok haben auch geklagt
Dem Gericht zufolge haben der Kurznachrichtendienst Twitter und die Videoplattform Tiktok ebenfalls gegen das NetzDG geklagt. Wann in diesen beiden Fällen ein Urteil gesprochen wird, ist noch offen. Die nun getroffenen Entscheidungen gelten nur für Google und Meta.
Gegen die Beschlüsse können die Beteiligten jeweils Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.
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Manchmal bin ich mir nichtmal mehr sicher warum wir überhaupt noch Staatsanwälte haben...
Ist doch perfekt. Sie können ihren Wählern sagen: "Schaut her, wir haben es versucht...
Niemand. Deswegen wirkt es ja auch manchmal so, als würden wir vom...