Gericht: Polizei darf mit Fingerabdrücken das Smartphone entsperren

Nach einer Gerichtsentscheidung darf ein Smartphone mit genommenen Fingerabdrücken entsperrt werden. Die weitreichende Entscheidung erntet Kritik.

Artikel veröffentlicht am ,
Polizei darf Smartphones mit Fingerabdruck entsperren.
Polizei darf Smartphones mit Fingerabdruck entsperren. (Bild: ar130405/Pixabay)

Das Landgericht Ravensburg hat in einer Entscheidung bestätigt, dass die Polizei Fingerabdrücke von Verdächtigen nehmen und mit diesen den biometrischen Zugangsschutz von Smartphones umgehen darf (Az.: 2 Qs 9/23 jug.).

Der Betroffene hatte sich demnach im Rahmen eines Betäubungsmittelverfahrens geweigert, sein Smartphone selbst zu entsperren. Die Polizei nahm ihm daraufhin die Fingerabdrücke im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung ab, nutzte diese anschließend, um den Fingerabdrucksensor des Smartphones zu überlisten, und konnte auf diese Weise an die Inhalte auf dem Gerät gelangen.

Gegen dieses Vorgehen klagte der Betroffene vor dem Amtsgericht Ravensburg, welches das Vorgehen der Polizei am 12. Januar als rechtens einstufte. Daraufhin legte der Beschuldigte Beschwerde vor dem Landgericht ein, welches das Urteil der Vorinstanz am 14. Februar bestätigte.

Offene Formulierung erlaubt alles

In seiner Entscheidung verweist das Gericht auf die technikoffene Formulierung des § 81b Abs. 1 StPO, welche das Erfassen von biometrischen Merkmalen im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung regelt. Zwar habe dem historischen Gesetzgeber die Vorstellung zugrunde gelegen, die festgestellten Fingerabdrücke mit den Tatortspuren oder den Abdrücken einer Kartei zu vergleichen, um damit einen Tatnachweis führen zu können, dieser werde jedoch durch den Auffangterminus für "ähnliche Maßnahmen" geöffnet.

"Durch die offene Formulierung wird erreicht, dass sich der statische Gesetzeswortlaut an den jeweiligen Stand der Technik anpasst", betonte das Gericht. Darum lässt das Gericht den Einwand des Klägers, dass die Norm den vorliegenden Fall gerade nicht regeln soll, nicht gelten.

Anwalt kritisiert Entscheidung

"Die Entscheidung ist mutlos, ein Stück weit traurig, und das übliche Ergebnis, das entsteht, wenn man ergebnisorientiert 'argumentiert'", kritisierte der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Jens Ferner. So seien etliche Aufsätze von Rechtsanwälten, die sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzten, nicht verwendet worden, während die einzige Referenz von einem Staatsanwalt und Regierungsrat stamme – mit entsprechendem Fazit.

"Der Fingerabdruck ist der Anfang – wie will man damit umgehen, wenn das Smartphone vor das Gesicht gehalten wird und die Person nicht mitwirkt und Grimassen zieht? Den meisten ist nicht klar, dass hier ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB) droht", betonte der Anwalt. Entsprechend rät er von der Verwendung eines biometrischen Zugangsschutzes ab.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


tschick 14. Mär 2023 / Themenstart

Und wieder ein schönes Beispiel, warum Gesetzestexte, im Speziellen die des...

andkleves 14. Mär 2023 / Themenstart

Wäre denn im Kontext einer klassischen Handyeintsperrung ein "Ich habe mein Passwort...

BretzelKatze 14. Mär 2023 / Themenstart

Du solltest mal den 81b lesen, vorallem der erste Teilsatz vor dem oder: (1) Soweit es...

BretzelKatze 14. Mär 2023 / Themenstart

Urteile von oberen Instanzen sind nicht bindend für untere Instanzen. Die unteren...

Kommentieren



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Automobil
Keine zwei Minuten, um einen Tesla Model 3 zu hacken

Bei der Hacking-Konferenz Pwn2Own 2023 hat ein Forschungsteam keine zwei Minuten benötigt, um ein Tesla Model 3 zu hacken. Das brachte dem Team jede Menge Geld und einen neuen Tesla ein.

Automobil: Keine zwei Minuten, um einen Tesla Model 3 zu hacken
Artikel
  1. Fiktive Szenarien und Stereotype: AfD nutzt KI-Fotos für propagandistische Zwecke
    Fiktive Szenarien und Stereotype
    AfD nutzt KI-Fotos für propagandistische Zwecke

    Politiker der Alternative für Deutschland (AfD) nutzen realistische KI-Bilder, um Stimmung zu machen. Die Bilder sind kaum von echten Fotos zu unterscheiden.

  2. Italien: Datenschutzbehörde untersagt Betrieb von ChatGPT
    Italien
    Datenschutzbehörde untersagt Betrieb von ChatGPT

    Dem ChatGPT-Entwickler OpenAI könnte eine Millionenstrafe drohen. Die GPDP bemängelt Probleme beim Jugend- und Datenschutz.

  3. Java 20, GPT-4, Typescript, Docker: Neue Java-Version und AI everwhere
    Java 20, GPT-4, Typescript, Docker
    Neue Java-Version und AI everwhere

    Dev-Update Oracle hat Java 20 veröffentlicht. Enthalten sind sieben JEPs aus drei Projekten. Dev-News gab es diesen Monat auch in Sachen Typescript, Docker und KI in Entwicklungsumgebungen.
    Von Dirk Koller

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Crucial SSD 1TB/2TB bis -43% • RAM im Preisrutsch • RTX 4090 erstmals unter 1.700€ • MindStar: iPhone 14 Pro Max 1TB 1.599€ • SSDs & Festplatten bis -60% • AOC 34" UWQHD 279€ • 3 Spiele kaufen, 2 zahlen [Werbung]
    •  /