Gericht: Polizei darf mit Fingerabdrücken das Smartphone entsperren
Nach einer Gerichtsentscheidung darf ein Smartphone mit genommenen Fingerabdrücken entsperrt werden. Die weitreichende Entscheidung erntet Kritik.

Das Landgericht Ravensburg hat in einer Entscheidung bestätigt, dass die Polizei Fingerabdrücke von Verdächtigen nehmen und mit diesen den biometrischen Zugangsschutz von Smartphones umgehen darf (Az.: 2 Qs 9/23 jug.).
Der Betroffene hatte sich demnach im Rahmen eines Betäubungsmittelverfahrens geweigert, sein Smartphone selbst zu entsperren. Die Polizei nahm ihm daraufhin die Fingerabdrücke im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung ab, nutzte diese anschließend, um den Fingerabdrucksensor des Smartphones zu überlisten, und konnte auf diese Weise an die Inhalte auf dem Gerät gelangen.
Gegen dieses Vorgehen klagte der Betroffene vor dem Amtsgericht Ravensburg, welches das Vorgehen der Polizei am 12. Januar als rechtens einstufte. Daraufhin legte der Beschuldigte Beschwerde vor dem Landgericht ein, welches das Urteil der Vorinstanz am 14. Februar bestätigte.
Offene Formulierung erlaubt alles
In seiner Entscheidung verweist das Gericht auf die technikoffene Formulierung des § 81b Abs. 1 StPO, welche das Erfassen von biometrischen Merkmalen im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung regelt. Zwar habe dem historischen Gesetzgeber die Vorstellung zugrunde gelegen, die festgestellten Fingerabdrücke mit den Tatortspuren oder den Abdrücken einer Kartei zu vergleichen, um damit einen Tatnachweis führen zu können, dieser werde jedoch durch den Auffangterminus für "ähnliche Maßnahmen" geöffnet.
"Durch die offene Formulierung wird erreicht, dass sich der statische Gesetzeswortlaut an den jeweiligen Stand der Technik anpasst", betonte das Gericht. Darum lässt das Gericht den Einwand des Klägers, dass die Norm den vorliegenden Fall gerade nicht regeln soll, nicht gelten.
Anwalt kritisiert Entscheidung
"Die Entscheidung ist mutlos, ein Stück weit traurig, und das übliche Ergebnis, das entsteht, wenn man ergebnisorientiert 'argumentiert'", kritisierte der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Jens Ferner. So seien etliche Aufsätze von Rechtsanwälten, die sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzten, nicht verwendet worden, während die einzige Referenz von einem Staatsanwalt und Regierungsrat stamme – mit entsprechendem Fazit.
"Der Fingerabdruck ist der Anfang – wie will man damit umgehen, wenn das Smartphone vor das Gesicht gehalten wird und die Person nicht mitwirkt und Grimassen zieht? Den meisten ist nicht klar, dass hier ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB) droht", betonte der Anwalt. Entsprechend rät er von der Verwendung eines biometrischen Zugangsschutzes ab.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Und wieder ein schönes Beispiel, warum Gesetzestexte, im Speziellen die des...
Wäre denn im Kontext einer klassischen Handyeintsperrung ein "Ich habe mein Passwort...
Du solltest mal den 81b lesen, vorallem der erste Teilsatz vor dem oder: (1) Soweit es...
Urteile von oberen Instanzen sind nicht bindend für untere Instanzen. Die unteren...
Kommentieren