Geheimdienst: Havanna-Syndrom nicht durch ausländischen Gegner verursacht

US-Beamte mit dem Havanna-Syndrom wurden nicht mit einer ausländischen Energiewaffe angegriffen. Das schlussfolgern sieben US-Geheimdienste.

Artikel veröffentlicht am , Patrick Klapetz
Das J. Edgar Hoover Building in Washington, D.C., Zentrale des FBI
Das J. Edgar Hoover Building in Washington, D.C., Zentrale des FBI (Bild: Brunswyk, Wikipedia)

Ausländische Feinde sind nicht für das Havanna-Syndrom bei Spionen, Berufsdiplomaten und anderen Personen, die in US-Missionen auf der ganzen Welt eingesetzt waren, verantwortlich. Das geht aus einer Untersuchung von sieben US-Geheimdiensten – darunter CIA und FBI – hervor. Zumindest sei die Verwicklung von ausländischen Kräften sehr unwahrscheinlich, heißt es in dem Bericht vom 1. März 2023 des US-Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses (House intelligence committee).

Bei dem Havanna-Syndrom handelt es sich um Anomalous Health Incidents (AHI) – sinngemäß: anomale gesundheitliche Vorfälle – mit mysteriösen Symptomen wie Gehirnverletzungen, Hörverlust, Ohrensausen, Kopfschmerzen und Übelkeit sowie Schwindel, akutem Unwohlsein und seltsamen Hörempfindungen. Viele Betroffene vermuteten, dass sie Opfer eines gezielten Angriffs mit einer Art gerichteter Energiewaffe geworden waren. Oder dass etwa elektronische Überwachungsmethoden sie unbeabsichtigt krank gemacht haben könnten.

Die Bewertung ist der Abschluss einer mehrjährigen Untersuchung von etwa 1.000 Fällen von AHI. Die Auswirkungen dieses mysteriösen Traumas verkürzten die Karrieren der Betroffenen, verursachten hohe Arztrechnungen und in einigen Fällen schweres körperliches und seelisches Leid. Die Symptome wurden erstmals 2016 in der US-Botschaft in Havanna gemeldet – deswegen der Name.

Energiewaffe ausgeschlossen

Von den sieben Geheimdiensten, die die Untersuchung durchführten, kamen fünf zu dem Schluss, dass "die verfügbaren Informationen durchweg gegen eine Beteiligung von US-Gegnern an den gemeldeten Vorfällen sprechen", heißt es in einer nicht-klassifizierten Version des Berichts.

Fünf der Behörden hielten eine Verstrickung mit ausländischen Gegnern für sehr unwahrscheinlich; eine Behörde, die nicht genannt werden wollte, für unwahrscheinlich; eine folgerte, dass keine ausländische Beteiligung vorhanden gewesen sei. Die Bewertung umfasste eine sorgfältige Analyse der Syndromfälle nach Gemeinsamkeiten und Verbindungen sowie eine Suche nach Beweisen für eine gerichtete Energiewaffe unter Verwendung von forensischen und geografischen Daten, erklärte ein anonymer Beamter der Washington Post.

"In Anbetracht dessen und der Beweise, die nicht auf einen ausländischen Gegner, einen kausalen Mechanismus oder ein einzigartiges Syndrom im Zusammenhang mit AHIs hindeuten, schätzen es die Geheimdienste so ein, dass die von US-Personal gemeldeten Symptome wahrscheinlich das Ergebnis von Faktoren waren, an denen kein ausländischer Gegner beteiligt war, wie z. B. Vorerkrankungen, herkömmliche Krankheiten und Umweltfaktoren", heißt es in dem Bericht.

In einigen Fällen gab es keine "direkte Sichtlinie" zu betroffenen Mitarbeitern in US-Einrichtungen, was die Energiewaffen-These weiter infrage stellt. Selbst an geografischen Orten, an denen der US-Geheimdienst tatsächlich die Möglichkeit hatte, die Umgebung auf Anzeichen bösartiger Störungen zu überwachen, fanden die Analysten keine Beweise.

Symptome "nicht in Frage gestellt"

Die Beamten schlossen die Möglichkeit aus, dass Russland, eine andere gegnerische Regierung oder ein nicht-staatlicher Akteur hinter dem mysteriösen Syndrom steckt. Sie seien aber für neue Beweise und Ideen offen. Nichtsdestotrotz würden die Beschwerden und Symptome der Betroffenen ernst genommen.

"Natürlich stellen diese Ergebnisse die sehr realen Erfahrungen und Symptome, von denen unsere Kollegen und ihre Familienangehörigen berichtet haben, nicht in Frage", sagte Avril Haines, die Direktorin der nationalen Nachrichtendienste – einem Zusammenschluss der 17 US-amerikanischen Nachrichtendienste – in einer Erklärung.

Vertreter und Anwälte von Menschen, die unter den Symptomen leiden, kritisierten den neuen Bericht als unvollständig und undurchsichtig bezüglich der Analysen und Bewertungen. Sie forderten die Geheimdienste auf, mehr Informationen darüber offenzulegen. Somit sind die Fälle und Ursachen der Havanna-Syndrome noch nicht geklärt.

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Daschaugst 04. Mär 2023 / Themenstart

Oh... das Brumm-Ton Phänomen..!!! Hab ich drei Jahre lang gehabt in...

Casio 04. Mär 2023 / Themenstart

Da würde ich den US Geheimdiensten, denen ja sonst gerne unterstellt wird die ganze Welt...

thrust26 04. Mär 2023 / Themenstart

Dann müsste ja die halbe USA davon krank werden. Wobei, jetzt wo du's erwähnst...

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