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Gefakte Videos: Wahlkampf à la Elon Musk

Elon Musk hat seinen X-Account in eine Wahlkampfplattform für Donald Trump umfunktioniert. Politiker sind alarmiert.
/ Friedhelm Greis
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Musk verbreitet das gefakte Video ohne den Hinweis auf die Parodie. (Bild: X.com/Screenshot: Golem.de)
Musk verbreitet das gefakte Video ohne den Hinweis auf die Parodie. Bild: X.com/Screenshot: Golem.de

Scrollt man sich derzeit durch den X-Account von Elon Musk, könnte einem als US-Bürger angst und bange werden. "Wenn Sie für Kamala Harris stimmen, wird das die letzte Wahl sein. Amerika wird Venezuela werden" , schreibt ein Nutzer(öffnet im neuen Fenster) , was Musk retweetet und mit den Worten kommentiert(öffnet im neuen Fenster) : "Das ist ein echtes Risiko." Zweifellos: Musk nutzt seine Plattform seit Wochen, um für einen Wahlsieg des früheren Präsidenten Donald Trump zu werben . Dass er vor der Verbreitung eines Videos mit einer gefakten Stimme von US-Vizepräsidentin Kamala Harris nicht zurückschreckt, scheint das geringste Problem zu sein.

Doch wie weit kann Musk als Eigentümer von X gehen, wenn er seinen reichweitenstarken Account und seine Plattform nutzt, um Wahlkampf zu betreiben? So nährt er unter anderem das Narrativ(öffnet im neuen Fenster) , bei dem Verzicht von US-Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur zugunsten seiner Stellvertreterin Harris habe es sich um einen "Coup" gehandelt. Nach dem Bekanntwerden von Bidens Verzicht raunte er: "Die wirklichen Mächte entledigen sich der alten Marionette zugunsten einer, die eine bessere Chance hat, die Öffentlichkeit zu täuschen. Sie fürchten Trump, weil er keine Marionette ist."

Die "wirklichen Mächte"

Wer diese "wirklichen Mächte" sind, ist für Musk ebenfalls klar. Als Alexander Soros, Sohn des jüdischen Investors George Soros, seine Unterstützung für Harris bekanntgab, erwiderte Musk(öffnet im neuen Fenster) : "Ich möchte mich bei Alexander Soros dafür bedanken, dass er niemanden im Ungewissen gelassen hat, wer die nächste Marionette sein würde." Schon im vergangenen Jahr wurde Musk vorgeworfen, mit Angriffen auf Soros antisemitische Verschwörungserzählungen zu verbreiten(öffnet im neuen Fenster) .

Der Widerstand der Venezolaner(öffnet im neuen Fenster) gegen den angeblichen Wahlsieg ihres Präsidenten Nicolás Maduro kommt Musk gerade gelegen. Die Probleme in dem südamerikanischen Land sind für ihn ein Beweis dafür, dass ein Sozialismus nicht funktioniert und dass die Bevölkerung Waffen besitzen muss, um sich notfalls gegen ihre Regierung zu wehren. Sozialismus stellt für manche X-Nutzer aber allein der Versuch dar, eine allgemeine Krankenversicherung einzuführen, wie aus einem von Musk retweeteten Beitrag(öffnet im neuen Fenster) hervorgeht.

Doch problematisch könnte für Musk eher das werden, was er auf seiner Plattform nicht macht.

Ampel-Politiker fordern Konsequenzen

Das betrifft vor allem die Bekämpfung illegaler Inhalte und Desinformationskampagnen im Wahlkampf. So sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dem Handelsblatt(öffnet im neuen Fenster) (Paywall): "Elon Musk formt das Medium als Plattform für seine persönliche Meinung und unterlässt gleichzeitig alles, was zur Eindämmung russischer Desinformationskampagnen dienen könnte." X habe zunehmend "eine Schlagseite zur rechten Plattform für Desinformation" bekommen.

Auch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht Musks Vorgehen kritisch. Musk gehe es darum, mit seinen an ein Millionenpublikum gerichteten Postings "das bestehende System disruptiv zu erschüttern" , sagte Notz dem Handelsblatt und fügte hinzu: "Seine Agenda der Disruption bezieht sich allerdings nicht auf Länder wie China, Nordkorea und Russland, sondern wendet sich gegen die Demokratien und Rechtsstaaten auf diesem Planeten."

Der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin fordert notfalls persönliche Konsequenzen für den X-Chef. "Sollte sich Elon Musk mit seinen Äußerungen, ganz gleich wo er sie tätigt, strafbar machen, erwarte ich von den Strafverfolgungsbehörden der jeweiligen Staaten immer rechtsstaatliches Handeln" , sagte Höferlin der Zeitung. Es dürfe nicht zugelassen werden, "dass die Freiheit der Meinungsäußerung missbraucht wird, um gezielt Unwahrheiten zu verbreiten und demokratische Prozesse zu destabilisieren" .

Musk verstößt gegen X-Vorgaben

Das Verbreiten von Verschwörungstheorien und gefakter Inhalte ist aber an sich noch nicht strafbar, wenn dadurch beispielsweise keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden oder gegen andere Gesetze verstoßen wird. So machte der Urheber des Fake-Videos von Kamala Harris(öffnet im neuen Fenster) deutlich, dass es sich um eine parodierte Wahlwerbung handelt. Doch dieser Hinweis fehlt weiterhin bei Musk(öffnet im neuen Fenster) .

Damit verstieß Musk gegen die X-Regeln zu manipulierten Medien(öffnet im neuen Fenster) , in denen es heißt: "Du darfst keine synthetischen, manipulierten oder aus dem Zusammenhang gerissenen Medien teilen, die Menschen täuschen oder verwirren und zu Schäden führen können ('irreführende Medien')."

Die EU-Kommission startete bereits im Dezember 2023 eine Untersuchung, inwieweit X gegen die Vorgaben des Digitale-Dienste-Gesetzes (Digital Services Act / DSA) verstößt. Die Überprüfung, ob X in der Lage ist, die Verbreitung illegaler Inhalte zu stoppen und Desinformationskampagnen zu bekämpfen, ist noch nicht abgeschlossen.

Sollte X nach Ansicht der Kommission dazu nicht in der Lage sein, droht eine Geldstrafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Solange der Firmenchef jedoch selbst kein Problem mit Desinformation hat, dürfte seine Mitarbeiter das wohl ebenfalls nicht interessieren.


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