Viel Geld und wenig Glück

Es war allerdings zu spät, um noch zu klagen. Einen hastigen Anruf bei IBM, um eine Preissenkung zu verhandeln, beantwortete der Konzern gar nicht erst. Gary Kildall war sowohl von IBM als auch von Microsoft über den Tisch gezogen worden.

Machte ihn dieser Verlust zum armen Mann? Wohl kaum. CP/M galt noch in den frühen 1980er Jahren als bestes System, DRI lief gut und Kildall war Millionär.

Hinter der Fassade des reichen Startup-Königs und Software-Genies nistete sich allerdings Verbitterung ein. Seine Ehe ging in die Brüche. Er arbeitete dennoch an einigen wegweisenden Projekten wie einer graphischen Oberfläche für Computer und übernahm die Ko-Moderation der Fernsehsendung The Computer Chronicles, die er mitunter nach eigenen Angaben nicht ganz nüchtern bestritt.

1985 war er kurz davor, DRI ausgerechnet an Microsoft zu verkaufen, die jedoch statt der geforderten 26 Millionen nur 10 Millionen US-Dollar zu zahlen bereit waren.

In einer ironischen Wendung führte das dazu, dass Digital Research mit DR DOS einen Klon des Microsoft-Betriebssystems auf den Markt brachte, der Anfang der 1990er Jahre bessere Funktionen bot und mit steigender Beliebtheit zum Ärgernis von Bill Gates wurde.

"I mean, after all, I was a Star!"

Die Nutzerschaft nannte es mitunter Dr. DOS, weil es die Kinderkrankheiten von MS DOS kurierte. Microsoft konterte hinterlistig: Das nagelneue Windows ließ sich auf Grund angeblicher Kompatibilitätsprobleme nur unter MS DOS starten. In Wahrheit führte Windows jedoch nur einen Check aus, der überprüfte, ob MS DOS lief und damit alle anderen System aussperrte.

1991 kaufte schließlich Novell Gary Kildalls Firma, die Übernahmesumme lag weit oberhalb dessen, was Kildall von Microsoft verlangt hatte: 120 Millionen US-Dollar war DRI inzwischen unter anderem wegen seiner Netzwerktechnologie wert. Mit Novell hatten sich Bill Gates und Microsoft nun auch einen Gegner größeren Kalibers eingehandelt. Nach zeitgenössischen Schätzungen kosteten die folgenden Monopol-Prozesse den Konzern bis zu einer halben Milliarde US-Dollar.

Gary Kildall blieb zu diesem Zeitpunkt die Anerkennung versagt, die er sich erhofft hatte. Er begann, seine Autobiographie zu schreiben, um damit das hartnäckige Gerücht aus der Welt zu schaffen, er sei 1980 lieber mit seiner Privatmaschine an den Strand geflogen, als die IBM-Abordnung zu empfangen.

Weil sich seine Gesundheit rapide verschlechterte, musste er die Fliegerei als Hobby aufgeben. Der Alkohol blieb hingegen - und trug vermutlich einen Teil zu seinem frühen Tod bei. Gary Kildall wäre im Mai 2022 80 Jahre alt geworden. Er starb aber bereits 1994 mit nur 52 Jahren unter nie ganz geklärten Umständen.

Quellen: Computer Connections (Gary Kildall, 1993), They Made America (Harold Evans, Gail Buckland, David Lefer, 2004), Fire in the Valley: The Birth and Death of the Personal Computer (Michael Swaine, Paul Freiberger, 2014)

Die Zwischenüberschriften sind dem Manuskript von Kildalls Autobiographie entnommen.

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 MS DOS: Schnell und schmutzig
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Crass Spektakel 12. Feb 2022

Zugegebenermassen, "gearbeitet" habe ich mit CP/M nie nennenswert. Ein wenig rumgespielt...

Crass Spektakel 12. Feb 2022

Als Windows 1.0 rauskam war der ST schon über ein halbes Jahr alt. Und Windows 1.0 war...

Sybok 08. Feb 2022

Da dürftest Du falsch liegen. Schaue Dich mal in den ärmsten Regionen der Welt um - Du...

Mnt 07. Feb 2022

Ich wage mal zu behaupten, dass jeder aus dem Billionaires-Club das genauso gut oder...



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