Razer: Ein Stuhl für Gamer - aber nicht für alle
Razer wirbt mit dem Slogan "For Gamers. By Gamers". Doch sein erster ergonomischer Gaming-Stuhl schließt einen Teil der Gamerschaft aus.

Neben einem Monitor ist der Gaming-Stuhl Iskur ein weiterer Ausbruch aus dem sonstigen Sortiment von Razer. Der 500 Euro teure Stuhl ist der erste des Unternehmens und soll sich durch das relativ auffällige Racing-Design und giftgrünes Produkt-Branding an die Spielecommunity richten.
Anders als viele andere in Deutschland erhältlichen Gaming-Sitze ist das Razer-Produkt für Personen mit einem etwas höheren Gewicht von 136 kg und einer Größe von 170 bis 190 cm ausgelegt. Hier wird klar: Razers spricht hier nur einen kleinen Teil der gesamten Community an. Eine marktwirtschaftlich wohl sinnvolle Entscheidung, schließlich entsprechen die Maße wohl einem Großteil der Kundschaft des Herstellers. Aber ist es auch eine moralisch sinnvolle Entscheidung?
Der Slogan "For Gamers. By Gamers" suggeriert das, doch die Spielerschaft ist sicherlich weitaus diverser, als der Iskur bedienen kann. Unter anderem ist der Stuhl für viele Frauen in der Gamerschaft nicht geeignet. So liegt die Durchschnittskörpergröße von Frauen laut statistischem Bundesamt Deutschland bei etwa 168 cm. In den USA sind es laut der Enzyklopädie Wikipedia etwa 162 cm, in Razers Heimatnation Singapur 160 cm, in China und Japan etwa 158 cm. Laut einer Statistik von Quanticfoundry lag der Anteil der Gamerinnen im Jahr 2017 auf dem PC und Konsolen bei etwa 40 Prozent - Tendenz steigend. Frauen spielen dabei zum Großteil andere Genres als Männer, etwa RPGs wie Dragon Age: Inquisition und Simulationsspiele wie The Sims 4. Die Käuferschaft wäre also definitiv da.
Auch viele Männer und sich anders identifizierende Personen passen nicht in die Maße des Stuhls, entweder weil sie zu groß, zu klein oder zu schwer sind.
Zudem sind Männer nicht überall durchschnittlich größer als 1,70m: In China beträgt die Durchschnittsgröße etwa 169,5 cm. Und für einige Übergewichtige ist der Stuhl - wie fast alle Gaming-Stühle anderer Marken - weniger geeignet. Zwar soll er immerhin maximal 136 kg aushalten, was mehr ist als bei vielen Konkurrenzprodukten, die ein Gewichtlimit von 110 bis 125 kg haben. Da der Stuhl wippen kann, dürfte er in der Praxis allerdings auch eher für Menschen bis 120 Kilogramm geeignet sein.
Sicherlich sind die Herstellerangaben nur Richtlinien. Allerdings sollten diese gerade bei Stühlen, auf denen wir oft auch mehrere Stunden sitzend verbringen, auf jeden Fall stimmen. Ergonomie bietet Razer umindest abseits der Limitationen: Eine verstellbare Rückenstütze und mehrere Kissen an der Rückenlehne sind vorhanden, genauso wie gut einstellbare Armlehnen.
Wem das Design des Iskur bekannt vorkommt, steht nicht allein da: Das Tech-Magazin The Verge hat Ähnlichkeiten zu den Stühlen Omega und Titan von Secretlabs festgestellt. Rückenlehne, Sitzschale, Armlehnen und sogar das Kippscharnier für die Lehne sehen verdächtig ähnlich aus. Razer hat ein paar Anpassungen vorgenommen - die Ähnlichkeiten sind aber unverkennbar. Dabei bestreitet Razer eine Kooperation mit der Konkurrenz. Das System sei komplett in Eigenarbeit gebaut worden.
Geht es auch besser?
Doch wie können Unternehmen wie Razer es besser machen? Wünschenswert wäre es gewesen, mehrere Modelle des Stuhls anzubieten. Das erwähnte Unternehmen Secretlab bietet etwa drei verschiedene Modelle für verschiedene Körpertypen und Größen an. Wenn es dann nur ein einzelnes Produkt werden soll, hätte Razer mehr Toleranzen und ergonomische Einstellungsmöglichkeiten umsetzen sollen - etwa modulare Sitzschalen oder Rückenlehnen für verschiedene Körpergrößen und einen Zylinder, der mehr Gewicht tragen kann.
Dann wäre der Slogan "For Gamers. By Gamers" auch gerechtfertigt.
Nachtrag vom 12. Oktober 2020, 15:50 Uhr
Wir haben den Artikel nach berechtigter Leserkritik stark überarbeitet.
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Richtig, in Summe musst Du über 1000 haben. Erst dann hat sich das Sammeln gelohnt...
Ja, es geht. Der Stuhl lässt sich mit Lehne und Sitz in eine leichte Liegeposition kippen...
Bei 1,92 Körpergröße ist das schlank. Nicht dünn, aber schlank.
Sagen wir "überwiegend". Ich glaube nicht, dass Nordkorea zur Zielgruppe dieses Stuhles...