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Gaia-X-Pionier: Autodaten-Netzwerk Catena-X darf starten

Das Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen Catena-X. Damit wollen Autohersteller und Zulieferer auf Basis von Gaia-X die Fertigung digitalisieren.
/ Stefan Krempl
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Elektroautoproduktion bei VW in Zwickau (Bild: Matthias Rietschel/Reuters)
Elektroautoproduktion bei VW in Zwickau Bild: Matthias Rietschel/Reuters

96 Mitglieder verzeichnet das 2021 gestartete Netzwerk Catena-X(öffnet im neuen Fenster) bereits. Ziel der Allianz ist es, einen einheitlichen Standard für Daten- und Informationsflüsse in der gesamten automobilen Wertschöpfungskette auf dem Fundament der europäischen Cloud-Initiative Gaia-X zu schaffen. Dies soll dabei helfen, die Fertigung von Autos weiter zu digitalisieren - etwa über globale Logistikplattformen oder das Training und den Einsatz von Algorithmen für die Produktionsoptimierung.

Dem Plan nach profitieren von dem Vorhaben Kfz-Hersteller genauso wie Zulieferer, Ausrüster, Händlerverbände sowie Anbieter von Anwendungen, Plattformen und Infrastruktur. Entstehen soll ein Datennetzwerk mit entsprechenden Diensten entlang der gesamten automobilen Wertschöpfungskette. Zu den Gründern des Netzwerks zählen BMW, die Deutsche Telekom, Bosch, SAP, Siemens und ZF Friedrichshafen. An Bord sind mittlerweile etwa auch Mercedes-Benz, BASF, Henkel, Schaeffler, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Fraunhofer-Gesellschaft.

Die Tatsache, dass eine große Zahl von Konkurrenten, Ausstattern und Diensteanbietern an Bord ist, hat das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. Es prüfte nach eigenen Angaben im Rahmen der vorgesehenen Kooperation Vorgaben zum Setzen von Standards sowie zur Zusammenarbeit zu Zwecken der Forschung und Entwicklung. Nun hat die Behörde grünes Licht gegeben: Sie teilte am 24. Mai 2022 mit(öffnet im neuen Fenster) , es gebe "keine Einwände gegen den geplanten Start" von Catena-X.

Diskriminierungsfreie Standards nötig

Zugute halten die Kartellexperten der Allianz, dass diese "keine gemeinsame Verwertung der Ergebnisse zum Ziel hat" . So seien allenfalls wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen zu befürchten, wenn sich der Wettlauf rund um Innovationen in der Branche "spürbar verringert" . Dafür gebe es nach jetzigem Stand "aber keine Anzeichen, zumal die zu entwickelnden Standards interoperabel gestaltet werden sollen" . Unternehmen der Automobilindustrie könnten so eigene Cloud- und Software-Lösungen "weiterhin nutzen und entwickeln" .

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Die Wettbewerbshüter wollen das Netzwerk aber im Blick behalten. Den Beteiligten legen sie ans Herz, dass der Austausch wettbewerblich sensibler Informationen "auf das für die Kooperation zwingend erforderliche Maß beschränkt bleiben" müsse. Die Standards seien in einem offenen Verfahren transparent und diskriminierungsfrei zu entwickeln. Insbesondere Dritte müssten die Option haben, daran mitzuwirken. Der Zugang zu den geschaffenen Standards habe ferner "zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen" zu erfolgen.

"Die innerhalb des Projektes geplanten einzelnen Entwicklungskooperationen dürfen nicht zu Marktabschottungen oder sonstigen Wettbewerbsverzerrungen führen" , unterstreicht das Kartellamt. Die aktuelle Freigabe beinhalte "keine abschließende Beurteilung aller Teilprojekte der Kooperation" . Diese müssten zunächst konkretisiert werden.

Langsamer Abschied von geschlossenen Plattformen

Allzu viel hat Catena-X in puncto Umsetzung noch nicht zu bieten. Bis die Idee einer übergreifenden Cloud-Plattform bei den wichtigsten Akteuren der Branche reifte, sei ähnlich wie auf der darüberliegenden Gaia-X-Ebene viel Zeit ins Land gegangen , schreibt das Fachportal Automotive IT(öffnet im neuen Fenster) . Lange hätten sich Autobauer und Zulieferer eher ein Rennen geliefert, wer das beste in sich geschlossene Datenportal habe. Ein Heer an Insellösungen sei die Folge gewesen. Externe Anbindungen hätten in der Regel gefehlt. Bei den Herstellern gab es allenfalls unterschiedliche Schnittstellen, an die sich die jeweiligen Zulieferer anpassen mussten.

In der global verzweigten Automobilindustrie mit kleinteiligen Lieferketten und diversen IT-Prozessen ist so ein Ansatz aber eher kontraproduktiv. Insbesondere in Krisenzeiten wie der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg soll die Verzahnung der Systeme künftig etwa für mehr Planbarkeit und die Verfügbarkeit der dringend benötigten Halbleiter sorgen. Catena-X ist daher darauf angelegt, die unterschiedlichen Schnittstellen zu beseitigen und ein Ökosystem zu etablieren auf Grundlage "europäischer Werte" , wie es der BMW-Datenexperte Oliver Ganser als Vorstandsvorsitzender der Allianz ausdrückt.

Dies ist ein Kerngedanke von Gaia-X. Leitlinien sind dabei Datenschutz, Offenheit und Transparenz, Authentizität und Vertrauen, Souveränität und Selbstbestimmtheit sowie freier Marktzugang. Auch wenn die großen Hyperscaler wie Amazon, Google und Microsoft bei dem europäischen Projekt längst dabei sind, soll die Entwicklung von Schnittstellen und Standards zur Vernetzung unterschiedlicher, branchenübergreifender Cloud-Dienste helfen, die Abhängigkeit von US-amerikanischen und chinesischen IT-Anbietern zu reduzieren.

"Erster großer Baustein" für Gaia-X

Im Rahmen von Gaia-X arbeiten Beteiligte wie der eco-Verband der Internetwirtschaft an Basismodulen und Kerndiensten wie einem Identitätsservice, einem Verzeichnis verfügbarer föderierter Angebote, dem souveränen Datenaustausch und übergreifenden Integrationsmöglichkeiten. Auf diesen technischen Bausteinen bauen dem Konzept nach Datenräume wie Catena-X oder Marispace-X für maritime Anwendungen auf.

Die Partner der Auto-Cloud wollen generell durch eine standardisierte Informations- und Datenverfügbarkeit(öffnet im neuen Fenster) "die Wettbewerbsfähigkeit der Fahrzeugindustrie erhöhen, die Effizienz in der industriespezifischen Zusammenarbeit verbessern sowie Unternehmensprozesse flächendeckend beschleunigen" . Neben Effizienzvorteilen in der Lieferkette versprechen sich die Teilnehmer etwa leistungsfähigere Qualitäts- und Logistikprozesse, höhere Transparenz hinsichtlich nachhaltiger CO2-Reduktionen sowie ein vereinfachtes Stammdatenmanagement.

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Eine "durchgehend verbundene Datenkette" soll es zudem ermöglichen, "digitale Zwillinge" von Autos zu schaffen, um mit Hilfe solcher Simulationen Geschäftsprozesse und Serviceangebote zu verbessern. Ein Austausch besonders sensibler Mobilitätsdaten aus Autos direkt mit möglichem Personenbezug ist dagegen nicht vorgesehen.

"Catena-X ist ein erster großer Baustein der Initiative Gaia-X zur Schaffung einer wettbewerbsfähigen Dateninfrastruktur in Europa" , lobt der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt. "Das Kartellrecht steht Projekten dieser Art nicht im Weg. Wir stellen aber sicher, dass bestimmte Wettbewerbsprinzipien eingehalten werden."


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