Fusionsreaktor: Wendelstein 7-X erzeugt acht Minuten lang Plasma
Beim Fusionsreaktor Wendelstein 7-X haben Forscher neue Zielmarken erreicht. Bisherige Werte wurden deutlich übertroffen.

Der Kernfusionsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald hat nach mehrjährigen Umbauten seine neu gesteckten Forschungsziel bereits teilweise erreicht. In der Anlage sei am 15. Februar 2023 ein Energieumsatz von 1,3 Gigajoule erzielt worden, teilte das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald mit. Damit seien frühere Werte um das 17-Fache übertroffen worden. Die Plasmaentladung habe acht Minuten gedauert, heißt es in der Pressemitteilung vom 22. Februar 2023.
Die Forscher erzielten im Jahr 2018 mehrere Rekordergebnisse bei Entladungsdauer, Dichte und Energieinhalt des Plasmas, das für eine Kernfusion erforderlich ist. Um länger andauernde Plasmazustände zu erreichen, wurde der Reaktor drei Jahre lang umgebaut. Dazu wurde eine wassergekühlte Wandverkleidung eingebaut, um sich schrittweise an 30 Minuten lang anhaltende Plasmen herantasten zu können.
Laut IPP ergibt sich der Energieumsatz aus der eingekoppelten Heizleistung multipliziert mit der Dauer der Entladung. "Nur wenn es gelingt, kontinuierlich große Energiemengen ins Plasma einzukoppeln und die entstehende Wärme wieder abzuführen, ist ein Kraftwerksbetrieb möglich", hieß es weiter.
"Wir tasten uns jetzt an immer höhere Energiewerte heran", sagte Thomas Klinger, Leiter des Bereichs Stellarator-Dynamik und -Transport am IPP, und fügte hinzu: "Dabei müssen wir Schritt für Schritt vorangehen, um die Anlage nicht zu überlasten und zu beschädigen."
Dem Bericht zufolge führen die größten Wärmeflüsse bei Wendelstein 7-X über besonders hitzebeständige sogenannte Divertor-Prallplatten. Diese sind Teil der Innenwand, die seit dem Umbau von einem Netz aus insgesamt 6,8 Kilometer Wasserrohren gekühlt wird. "Keine andere Fusionsforschungsanlage weltweit verfügt heute über eine so umfassend gekühlte Wand", erklärte das IPP.
Die Plasmaheizung bestehe aus drei Komponenten: der neu eingebauten Ionenheizung, der Heizung durch Neutralteilcheninjektion und der Mikrowellen-Elektronenheizung. "Für den aktuellen Rekord kam es vor allem auf die Elektronen-Mikrowellenheizung an, weil nur sie in der Lage ist, über Zeiträume von mehreren Minuten große Leistungen einzukoppeln. Der Energieumsatz von 1,3 Gigajoule wurde mit einer durchschnittlichen Heizleistung von 2,7 Megawatt erreicht, wobei die Entladung über 480 Sekunden andauerte", hieß es.
Vor dem Umbau erreichte Wendelstein 7-X maximale Plasmazeiten von 100 Sekunden bei deutlich geringerer Heizleistung. Innerhalb weniger Jahre soll der Energieumsatz bei Wendelstein 7-X auf 18 Gigajoule gesteigert werden, wobei das Plasma dann für eine halbe Stunde lang stabil gehalten werden soll.
Stellarator oder Tokamak?
Das Besondere am Greifswalder Forschungsreaktor Wendelstein 7-X ist die Nutzung des sogenannten Stellarator-Prinzips. Dieses soll durch eine komplexe Magnetfeldgeometrie das für die Kernfusion erforderliche Plasma einschließen. Anders als beim sogenannten Tokamak-Prinzip ist dabei kein gepulster Strom erforderlich, sondern ein Dauerbetrieb möglich, bei dem das Plasma nicht ständig neu gezündet werden muss.
Sollte sich das Stellarator-Prinzip auch im Dauerbetrieb als erfolgreich erweisen, könnte ein Forschungskraftwerk folgen, das wie der Iter die mögliche Energieerzeugung testet. Ein erstes Fusionskraftwerk könnte entweder nach dem Tokamak- oder dem Stellarato-Prinzip arbeiten.
Parallel arbeiten Forscher an Kernfusionreaktoren nach dem Prinzip der lasergetriebenen Trägheitsfusion. Zuletzt wies die National Ignition Facility in den USA in einem Experiment nach, dass eine Fusionsreaktion mehr Energie freisetzte, als für deren Zündung benötigt wurde. Allerdings ist dieses Konzept ebenfalls noch weit von einer praktischen Nutzung als Energiequelle entfernt.
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