Fusionsreaktor Iter: Das Eine-Million-Teile-Puzzle in der entscheidenden Phase
Die Gebäude sind weitgehend fertig, jetzt wird es richtig spannend am Iter: Der Bau des Reaktors, in dem künftig die Kernfusion getestet werden soll, beginnt in Kürze. 2025 soll der Reaktor erstmals in Betrieb gehen. Bis dahin ist noch viel zu tun.

Elektroautos, autonomes Fahren, sauberer Strom: Viele neue Technologien sollen in den gerade angebrochenen 2020er Jahren ihren Durchbruch haben. Eine davon ist die Kernfusion. Sie soll die Nachfolge von Kernspaltung und Kohlestrom antreten. Eine große Versuchsanlage entsteht derzeit in Südfrankreich: der Iter. Mit dem internationalen Großprojekt soll zum ersten Mal Kernfusion im industriellen Maßstab getestet werden.
- Fusionsreaktor Iter: Das Eine-Million-Teile-Puzzle in der entscheidenden Phase
- Was ist, wenn ein Schiff sinkt?
- Ein schwankendes Projekt
Bei der Kernfusion werden die Wasserstoffisotope Deuterium (D) und Tritium (T) verschmolzen, wie im Innern eines Sterns. Damit die Kerne fusionieren und sich nicht abstoßen, wird in einer ringförmigen Kammer, dem Tokamak, bei einer Temperatur von 150 Millionen Grad ein Plasma aus den Wasserstoffisotopen erzeugt. Kollidieren in dem Plasma Ionen, stoßen sie sich nicht gegenseitig ab, sondern verschmelzen.
Dabei wird ein Neutron sowie viel Energie freigesetzt: Bei einer Heizleistung von 50 Megawatt sollen 500 Megawatt thermische Energie produziert werden. Zwar konnten Forscher schon Kernfusionen durchführen, aber noch nicht mit einer positiven Energiebilanz. Das soll erstmals am Iter passieren.
Bisher ist die Anlage in Cadarache, nordöstlich von Aix-en-Provence, aber noch im Bau. "Das geht hier gerade richtig voran", sagt Iter-Sprecherin Sabina Griffith im Gespräch mit Golem.de über die Bauarbeiten. Und vor allem: "Momentan sind wir genau im Zeitplan." Der besagt, dass Ende 2025 erstmals ein Plasma in dem Reaktor gezündet werden soll. Daran werde festgehalten.
Gerade ist ein wichtiger Abschnitt im Bau erreicht: Die rund 120 Meter lange und 76 Meter hohe Halle für die Iter-Maschine ist fertig. Der letzte Beton wurde im November gegossen. Im Dezember wurde das Dach aufgesetzt. Lediglich an der Verkleidung außen wird noch gearbeitet. Daneben entstehen auf dem Gelände noch weitere Anlagen und Gebäude. Etwa 70 Prozent der Bauaufgaben sind erledigt.
Für die Halle wurde zunächst für das Fundament eine 126 Meter lange und 15 Meter tiefe Grube gegraben. Es ruht auf knapp 500 Stützpfeilern zum Schutz vor Erdbeben. Die Pfeiler können sich rund zehn Zentimeter zur Seite bewegen.
Der Reaktor wird in einer weiteren Betonkonstruktion entstehen, dem Reaktormantel. Die 3,20 Meter dicken Wände bestehen aus einem Spezialbeton, der mit Tausenden Tonnen Stahl armiert ist. Darin wird der Kryostat, die Kühl- und Vakuumkammer, gebaut und in diesem der Tokamak.
Kryostat und Tokamak werden aus riesigen, tonnenschweren Stahlteilen montiert. Die Teile werden zuerst in einer Vorhalle gereinigt und dann in die Montagehalle gebracht. Darin herrschen Reinraumbedingungen, damit kein Staub oder andere Verunreinigungen in den Reaktor kommen und dessen Funktion beeinträchtigen. Die Halle ist seit kurzem fertig: Zuletzt wurde von Oktober bis Dezember ihr Boden mit 24 Tonnen Epoxidharz beschichtet.
Die Beschichtung ist stabil genug, dass sie auch den schweren Fahrzeugen standhält, die die Komponenten hineinbringen. Zum Beispiel die der vier ringförmigen, polodialen Feldspulen, die das Plasma stabil halten und dafür sorgen, dass es nicht mit der Reaktorwand in Berührung kommt. Sechs dieser Ringe hat der Reaktor, vier davon werden vor Ort zusammengebaut, da sie mit 22 und 24 Metern Durchmesser zu groß sind, um sie zu transportieren.
Derzeit werden Kräne eingebaut und müssen dann ausgiebig für ihre Aufgaben getestet werden. Sie richten die angelieferten schweren Bauteile zur Montage auf. Die fertig montierten Komponenten übernehmen dann Assembly-Kräne und heben sie in die Tokomak-Grube, wo sie eingebaut werden.
Dabei sind Präzision und Kraft gefragt. Die Vakuumkammer besteht aus neun Teilen, die auf Zehntel Millimeter genau zusammengesetzt werden. Die schwerste Komponente der Anlage ist die in Indien gefertigte Bodenplatte des Kryostat, wegen ihrer Form auch Suppenschüssel genannt. Sie wiegt 1.250 Tonnen und wird im März dieses Jahres als erste Maschinenkomponente in den Tokamak-Komplex eingesetzt. "Wenn es dann so weit ist, werden wir hier alle für einen kurzen Moment die Luft anhalten", ist sich Griffith sicher.
Es wird bis Ende 2025 nicht der einzige bleiben.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Was ist, wenn ein Schiff sinkt? |
https://www.youtube.com/watch?v=MmPrWr4pY10
Tritium mag ja Radioaktiv sein, aber die Strahlung ist absolut harmlos und ungefährlich...
Warum baut man 3,2m dicke Betonwände mit tausenden Tonnen Armierungsstahl um den Reaktor...
Das ist von der Bedeutung erst mal beides das Gleiche. Die Kritikalität der...
sollte eigendlich eine Anspielung auf meinen Namen sein >TonyStark=Iron Man Ich finde das...