Untätigkeitsklage kostet mindestens 5.000 Euro
"Wenn Behörden unzureichend verfolgen, was im Gesetz steht, muss man sie mit Gerichtsverfahren oder internen Verwaltungsverfahren dazu bringen", sagte Albrecht. Wenn die Behörden nicht ausreichend mit Personal und Mitteln ausgestattet seien, müsse die EU-Kommission die Mitgliedstaaten dazu zwingen, die erforderliche Ausstattung zur Verfügung zu stellen.
Doch nach Ansicht Schrems ist dies leichter gesagt als getan. In den meisten EU-Ländern, auch in Deutschland, koste es zwischen 5.000 und 10.000 Euro, eine Untätigkeitsklage gegen eine Behörde einzureichen. "Für die Behörden ist es relativ banal, es darauf ankommen zu lassen", sagte Schrems. So habe seine Datenschutzorganisation Noyb bei europaweit 800 Beschwerden nicht einmal in 15 Prozent der Fälle eine Entscheidung herbeiführen können.
Trend zur Nichtbearbeitung von Beschwerden
Schrems sieht gar einen "massiven Trend" in Europa, Beschwerden nicht mehr zu bearbeiten. Das habe mit Frankreich angefangen und könnte dazu führen, dass die EU-Kommission in einer neuen DSGVO-Verfahrensregelung den Beschwerdeführern praktisch keine Rechte mehr einräumt. Anders als in anderen Bereichen, wie beim Falschparken oder bei den Steuern, sei es im Datenschutzrecht "noch immer nicht unüblich", das Recht nicht durchzusetzen. Daher sei es kein Zufall, dass große Firmen sich in Irland oder Luxemburg ansiedelten, wo die Durchsetzungskultur "noch viel absurder" sei.
Verbandsklagerecht begrüßt
Kelber setzt daher darauf, auf Dauer höchstrichterliche Entscheidungen in den kritischen Punkten zu bekommen, die dann auf viele Fälle übertragbar seien. Dafür sei der Zeitraum von Jahren noch nicht ausreichend gewesen. "Wichtig wird es sein, die Fragestellung auf einen Kern zurückzuführen, der nicht mit einer leichten Änderung der AGB oder der Information verändert werden kann", sagte Kelber. Es könne nicht sein, dass sich einfach zu entscheidende Fragen zum Auskunftsrecht nach Artikel 15 DSGVO "über vier, fünf Jahre ziehen, bis die Bürgerinnen und Bürger aufgeben". Das könnte in einem halben Jahr abgeschlossen sein.
Die neu geschaffene Möglichkeit des Verbandsklagerechts wird von den Datenschützern daher unisono begrüßt. Damit könne auch zivilrechtlich gegen Verstöße vorgegangen werden. Zudem werde es Verbrauchern ermöglicht, in einer Art Sammelklage gegen Unternehmen vorzugehen. "Da kann es interessant werden, dass da sehr viel passiert", sagte Schrems. Durch die zu erwartenden hohen Schadenssummen könne das Firmen eher zum Umdenken zwingen, auch wenn diese mit Sicherheit vor US-amerikanischen Verhältnissen oder vor einer Abmahnwirtschaft warnen würden.
Wirtschaft beklagt Verunsicherung
Wie zur Bestätigung der Aussagen teilte der IT-Branchenverband Bitkom mit, dass aus Sicht der Wirtschaft die DSGVO Innovationen hemme. "6 von 10 Unternehmen (62 Prozent) zögern bei der Datennutzung, weil sie Angst haben, gegen den Datenschutz zu verstoßen. Fast ebenso viele (60 Prozent) haben schon einmal Pläne für Innovationen gestoppt, weil datenschutzrechtliche Vorgaben oder Unsicherheiten sie dazu gezwungen haben", teilte der Verband unter Berufung auf einer Umfrage unter rund 600 Firmen in Deutschland mit.
Bitkom-Präsident Achim Berg sagte: "Die DSGVO hat ihr Versprechen, für europaweit einheitliche, verständliche und praxistaugliche Datenschutzregeln zu sorgen, nicht eingelöst. Stattdessen führt die von jeder nationalen und regionalen Aufsicht eigenständige Interpretation der Regeln zu Rechtsunsicherheit." Viele Unternehmen verzichteten deshalb auf die Entwicklung neuer Technologien und Dienste oder verlagerten ihre Projekte ins Ausland. Das zeige sich auch an "Verboten für innovative Technologien wie ChatGPT in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die für massive Verunsicherung sorgen".
Die Aussagen machen deutlich: Auch fünf Jahre nach Einführung der DSGVO gibt es weiterhin sehr unterschiedliche Meinungen, was die Anforderungen an den Datenschutz betrifft. Die Klarheit, die sich die Unternehmen wünschen, liegt dabei auch im Interesse der Datenschützer. Doch wie das Beispiel des transatlantischen Datentransfers zeigt, der bereits zweimal durch Klagen von Schrems stark beeinflusst wurde: Das eigentliche Problem ist nicht der Datenschutz, sondern das Interesse von Staaten und Unternehmen, die Daten der Bürger möglichst ungeniert verarbeiten und nutzen zu können. Das wird sich vermutlich in den kommenden fünf Jahren kaum ändern.
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Auch Gerichte wollen sich nicht mit Beschwerden befassen |
Schreib denen gerne selber eine Mail. Du wirst diese Antwort erhalten: Ihre E...
Da hätte ich so einige Sachen zu bemängeln...
Selten so ein Bullshit gelesen. Ich verweise einfach auf das Zitat von Dieter Nuhr: 'Wer...
Die ersten 2-5k des Das ist so nicht korrekt. Die ganzen Rechtstexte inkl. juristischer...
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