FTDI: Treiber darf keine Geräte deaktivieren
FTDIs Versuch, mit seinem neuen Treiber Nachahmern das Geschäft zu vermiesen, ist nach deutschem Recht sehr bedenklich. Golem.de hat einen Anwalt zu den Themen Zulässigkeit, Schadensersatz, Gewährleistung und Computersabotage befragt.

FTDI hat in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt, weil sein neuer Treiber Chips von Nachahmern einfach deaktiviert. Der Hersteller hat den Treiber mittlerweile zurückgezogen und will die Jagd auf Nachahmer-Chips zukünftig weniger aggressiv durchführen - doch wer inzwischen entdeckt hat, dass bei seinem Gerät wider Erwarten ein Nachahmer-Chip verbaut ist, oder wessen Gerät bereits "gebrickt" wurde, den wird interessieren, welche rechtlichen Möglichkeiten er nun hat. Außerdem könnte wohl manch anderer Hersteller mit dem Gedanken spielen, die FTDI-Strategie selbst anzuwenden. Deshalb hat Golem.de mit dem auf Internetrecht spezialisierten Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng von der Kanzlei JBB Rechtsanwälte in Berlin gesprochen, um die rechtlichen Aspekte des Falls zu beleuchten.
Passus in Lizenzvertrag ist nicht zulässig
FTDI begründete die Zulässigkeit seines Vorgehens mit folgendem Passus aus seinem Lizenzvertrag für seinen Treiber:
"The Software will not function properly on or with a component that is not a Genuine FTDI Component. Use of the Software as a driver for, or installation of the Software onto, a component that is not a Genuine FTDI Component, including without limitation counterfeit components, MAY IRRETRIEVABLY DAMAGE THAT COMPONENT. It is the Licensee's responsibility to make sure that all chips it installs the Software on, or uses the Software as a driver for, are Genuine FTDI Components. If in doubt then contact the Licensor."
Dieser Passus ist laut Ansgar Koreng aus mehreren Gründen unzulässig. Aus einem Lizenzvertrag entstehen für die Beteiligten Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten gehört es auch, jeweils Rücksicht auf die Rechte und Interessen des anderen zu nehmen. Der Treiber beeinträchtigt vorsätzlich den Nutzer, sein Eigentum so zu nutzen, wie er es möchte. Diese "schuldhafte Pflichtverletzung" kann FTDI nicht durch eine entsprechende Formulierung im Lizenzvertrag aushebeln.
Außerdem bezeichnet Koreng den Passus als "überraschend" und nennt damit einen weiteren Grund für die Ungültigkeit: "Kein Nutzer rechnet redlicherweise damit, dass ein Treiber ein Gerät beschädigt."
Auto-Update-Funktion ist ein juristisches Risiko
Nicht nur für FTDI, auch für viele andere Softwarehersteller könnten sich Auto-Update-Funktionen von Betriebssystemen und Appstores als riskantes Hilfsmittel erweisen. Denn werden dabei auch Änderungen am Lizenzvertrag vorgenommen, ohne dem Benutzer den geänderten Lizenzvertrag anzuzeigen, kann sich der Hersteller erst Recht nicht auf diesen und dessen Regelungen berufen.
Ansprüche gegenüber FTDI und Händlern
Wer ein Gerät gekauft hat, das explizit mit einem FTDI-Chip beworben wurde, das aber nur einen Nachahmer-Chip enthält, kann den Händler auf Nacherfüllung drängen. Erst wenn der Händler nicht in einer angemessenen Frist ein neues Gerät liefern kann, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Dann erhält der Käufer zwar sein Geld zurück, muss aber das Gerät auch wieder zurückgeben.
Ansgar Koreng bestätigt, dass einem Betroffenen unter Umständen ein Schadensersatzsanspruch gegenüber FTDI zustehen könnte, wenn FTDI die Rechte des Nutzers verletzt hat. Auch ein Händler kann schadensersatzpflichtig sein, wenn er ein Gerät inklusive FTDI-Treiber verkauft hat, das einen Nachahmer-Chip enthält - allerdings nur dann, wenn der Händler nicht nachweisen kann, dass er nichts von dem Nachahmer-Chip wusste und auch nicht wissen konnte. Interessanterweise dürfte das laut Korengs Auffassung auch dann gelten, wenn dem Käufer die Verwendung eines Nachahmer-Chips bekannt war, nicht aber, dass der mitgelieferte Treiber diesen deaktiviert.
Computersabotage und Notwehr
Laut Koreng ließe sich hier von Computersabotage sprechen: "Das Löschen fremder Daten kann, wenn es vorsätzlich geschieht, nach § 303a Abs. 1 StGB strafbar sein. Wird dadurch eine Datenverarbeitung, die für einen anderen von wesentlicher Bedeutung ist, erheblich gestört, so erhöht sich der Strafrahmen und man kann von Computersabotage sprechen."
Von Notwehr seitens FTDI gegenüber den Nachahmern kann man hingegen kaum sprechen. Das würde wohl nur bei Markenrechtsverletzungen greifen. Und auch dann gilt, dass "die reine Nutzung einer markenrechtsverletzenden Ware keine markenmäßige Verwendung darstellt, so kann sich FTDI dem reinen Nutzer eines Nachahmerchips gegenüber nicht auf Notwehr berufen."
Fazit
Nach deutschem Recht darf ein Treiber Hardware nicht vorsätzlich schädigen, auch durch einen entsprechenden Lizenzvertrag kann sich ein Hersteller nicht dieses Recht ausbedingen. Ein potenzieller Schadensersatzanspruch hinsichtlich Schäden, die durch die deaktivierte Hardware entstanden sind, kann durchaus bestehen.
Ein großes Aber gibt es allerdings: FTDI ist eine schottische Firma. Ansprüche anhand der deutschen Gesetzeslage abzuleiten, dürfte problematisch sein.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, und kann sie auch nicht ersetzen. Er schildert ausschließlich eine abstrakte Einschätzung entsprechend der deutschen Rechtslage anhand des bislang öffentlichen Sachverhaltes.
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https://www.youtube.com/watch?v=eU66as4Bbds Ich glaube dem ist nichts mehr hinzuzufügen :-)
Quasi, ja. Der Windows Bootloader ermöglicht es Code aus einem in eine Datei abgelegten...
Interessante Auffassung die da vertreten wird, die Kenntnis sämtlicher Marken dieser...