FSF: Offener Brief fordert Stallmans Rücktritt
Namhafte Unterstützer der Free-Software-Bewegung und die FSFE fordern erneut den Rücktritt von Richard Stallman.

Nach der überraschenden Wiederaufnahme von Richard Stallman in den Vorstand der Free Software Foundation (FSF) fordern nun Hunderte auch sehr bekannte Entwickler und Community-Mitglieder in einem offenen Brief den erneuten Rücktritt Stallmans. Ebenso wird der gesamte Vorstand der FSF zum Rücktritt aufgefordert. Darüber hinaus soll Stallman auch von allen anderen Führungspositionen entfernt werden, "inklusive des GNU-Projekts".
In dem Brief heißt es, Stallman sei "seit langem eine gefährliche Kraft in der Community für freie Software. Er hat sich unter anderem als frauenfeindlich, ableistisch und transfeindlich erwiesen, neben weiteren schwerwiegenden Vorwürfen über unangemessenes Verhalten. Diese Art von Überzeugungen haben keinen Platz in der freien Software, dem Kampf um digitale Rechte und den Tech-Communitys".
Hunderte namhafte Entwickler fordern Stallman-Rücktritt
Erstunterzeichnet ist der Brief unter anderem von Molly de Blanc, Debian- und Gnome-Mitglied, Matthew Garrett, ehemaliger FSF-Vorstand, Katherine Maher, scheidende Wikimedia-Chefin, Neil McGovern, Gnome-Geschäftsführer und ehemaliger Debian-Projektleiter, Deb Nicholson, General Manager bei der OSI, Felix Reda, der ehemalige Politiker war Keynote-Sprecher auf der FSF-Veranstaltung Libre Planet, Luis Villa, der an der GPLv3-Erstellung beteiligt war, und auch von Stefano Zacchiroli, ehemaliger Debian-Projektleiter und ehemaliger Director der OSI.
Als Unterzeichner hinzu kommen inzwischen mehrere Hundert weitere Entwickler aus verschiedenen Communitys wie Gnome und KDE, Fedora, Debian, Opensuse, Arch Linux, Ubuntu, GNU-Projekten wie GCC, dem Linux-Kernel, Mozilla oder der Python Foundation. Auch fast der gesamte Vorstand der X.org-Foundation hat den offenen Brief unterschrieben.
In dem Brief heißt es: "Wir, die Unterzeichnenden, glauben an die Notwendigkeit digitaler Autonomie und an die wichtige Rolle, die die Freiheit der Benutzer beim Schutz unserer grundlegenden Menschenrechte spielt. Um das Versprechen zu verwirklichen, was Softwarefreiheit alles ermöglicht, muss es innerhalb der Community radikale Veränderungen geben. Wir glauben an eine Gegenwart und eine Zukunft, in der sämtliche Technologien Menschen befähigen - nicht unterdrücken". Und weiter: "Es gab genug Toleranz gegenüber den abstoßenden Ideen und Verhaltensweisen von RMS (Richard M. Stallman). Wir können nicht zulassen, dass eine Person die Bedeutung unserer Arbeit ruiniert".
Unpassendes und verstörendes Verhalten von Stallman
Auslöser des ursprünglichen Rücktritts von Richard Stallman, dem Gründer des GNU-Projekts und der Free-Software-Bewegung, waren im Jahr 2019 verstörende Äußerungen rund um Vergewaltigungsvorwürfe gegen seinen langjährigen Freund Marvin Minsky sowie ein Opfer des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein. Das dient nun auch als Grund, den erneuten Rücktritt Stallmans zu fordern. In einer Art Anhang haben die Beteiligten zudem weitere extrem unangemessene Vorfälle zusammengefasst, die öffentlich dokumentiert sind.
Zusätzlich dazu heißt es in dem Brief: "Einige von uns haben ihre eigenen Geschichten über RMS (Richard M. Stallman) und unsere Interaktionen mit ihm, Dinge, die nicht in E-Mail-Threads oder auf Video festgehalten worden sind. Wir hoffen, dass ihr lest, was geteilt wurde, und über den Schaden nachdenkt, den er unserer Gemeinde und anderen zugefügt hat".
Nachtrag vom 24. März 2021, 15:40 Uhr
Inzwischen fordert auch die von der FSF komplett unabhängige Schwesterorganisation Free Software Foundation Europe (FSFE) den Rücktritt Stallmans von sämtlichen Position in der FSF. Zu der Wiedereinsetzung Stallmans schreibt die FSFE: "Die FSF muss ernsthaft über diese Entscheidung sowie ihren Entscheidungsprozess nachdenken, um zu verhindern, dass ähnliche Probleme erneut auftreten". Als Konsequenz aus der Situation werde die FSFE sämtliche Kooperationen mit der FSF sowie mit anderen Organisationen einstellen, in denen Stallman eine Führungsrolle einnimmt.
Die FSFE begründet ihre Forderung so: "Wir glauben, dass dieser Schritt und die Art und Weise, wie er kommuniziert wurde, der Zukunft der Free-Software-Bewegung schaden". Und weiter: "Freie Software soll allen dienen, unabhängig von Alter, Fähigkeiten oder Behinderungen, Geschlechtsidentität, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, Religion oder sexueller Orientierung. Dies erfordert ein integratives und vielfältiges Umfeld, in dem alle Mitwirkenden gleichermaßen willkommen sind."
Nachtrag vom 25. März 2021, 8:51 Uhr
Den offenen Brief haben zusätzlich zu rund 2.000 Privatpersonen inzwischen auch mehrere Organisationen unterzeichnet. Dazu gehören die Gnome Foundation, das Tor-Projekt und die Browser-Macher von Mozilla. Letztere schreiben: "Wir können nicht vom Internet Besseres verlangen, wenn wir von unseren Führungskräften, Kollegen und uns selbst nichts Besseres verlangen." Auch die X.org Foundation hat nach dem Vorstand nun vollständig als Organisationen unterzeichnet.
Update vom 04.05.2022
Felix Reda ist trans. Auf seinen Wunsch haben wir den früheren Vornamen im Artikel ersetzt.
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Eine Lüge/Behauptung ist keine Meinung. So was war denn falsch an meiner Aussage? Und...
Danke, guter Artikel, aber nutzlos: In der Debatte geht es offensichtlich nicht um...
Weil sie es selber immer wieder sind (siehe Definition von "Sexismus")? Dass es so...
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