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Frühwarnsysteme: Seismometer sagen Sturzfluten voraus

Sensoren , die Erdbeben registrieren, lassen sich auch nutzen, um drohende Katastrophen abzuwenden oder zu mildern.
/ Wolfgang Kempkens
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Zerstörungen im Ahrtal nach der Sturzflut 2021 (Bild: Universität Göttingen/Michael Dietze)
Zerstörungen im Ahrtal nach der Sturzflut 2021 Bild: Universität Göttingen/Michael Dietze

Nach verheerenden Sturzfluten, ausgelöst durch Extremregen, werden regelmäßig Verantwortliche für Schäden und Todesfälle gesucht. Tatsächlich gibt es keine, denn es fehlt vielerorts ein zuverlässiges Frühwarnsystem wie in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, als 2021 extrem starke Regenfälle weite Landstriche verwüsteten und mehr als 180 Menschen starben.

Vorsprung von 1,5 Kilometern

Ein solches Frühwarnsystem entwickelt ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universität Göttingen(öffnet im neuen Fenster) . Es basiert auf Sensoren, die eigentlich eine ganz andere Aufgabe haben. Sie sind dazu da, seismische Schwingungen aufzuzeichnen, die mehr oder weniger entfernte Erdbeben auslösen. Genau diese Seismometer, so die Forscher um den Geowissenschaftler Michael Dietze, der an der Göttinger Hochschule lehrt und forscht, können Sturzfluten erkennen, wenn sie sich in einer Entfernung von 1,5 Kilometern aufbauen.

Sturzflut ließ sich eine Stunde lang verfolgen

Die Forscher fanden heraus, dass ein Seismometer in der Nähe der Stadt Ahrweiler eine Stunde lang buchstäblich den Weg der Flut aufzeigte, während das Wasser durch das steile, gewundene Tal durch die Orte Rech, Dernau, Walporzheim und Ahrweiler schoss. Durch die Kombination mathematischer Modelle konnte das Team die Geschwindigkeit abschätzen, mit der sich das Hochwasser bewegte, und Informationen über den steigenden Wasserstand und die Menge des von der Flut mitgerissenen Gerölls - Schotter, Autos, Heizöltanks - gewinnen.

Tatsächlich waren diese Daten die einzige systematische Informationsquelle über den Verlauf der Flut, da die drei vorhandenen Pegelstationen im Tal frühzeitig zerstört wurden. Sie konnten allerdings nicht genutzt werden, um Schäden zu begrenzen und Leben zu retten, weil die Zusammenhänge zwischen den Erschütterungen, die eine Sturzflut auslöst, und den seismischen Daten im Juli 2021, als sich die Katastrophe ereignete, noch nicht bekannt waren.

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Flusspegel reichen nicht aus

Die seismischen Daten liefern Informationen, die für die Optimierung von Modellen des Hochwasserverhaltens für Warn- und Rettungsmaßnahmen wertvoll sein könnten. "Wäre der Datenstrom dieser Station ausgewertet worden, hätten wir wichtige Echtzeitinformationen über das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Sturzflut gehabt, wie unsere Forschung jetzt zeigt" , sagt Dietze. "Da zehn Prozent der Fläche Europas anfällig für Sturzfluten in Tälern sind, sollten wir anfangen, über solche neuen Frühwarn-Ansätze nachzudenken. Das derzeitige Netz von Flusspegelstationen reicht nicht aus, um auf künftige Ereignisse angemessen vorbereitet zu sein."

Dietze und sein Team arbeiten derzeit an einem Plan, um hochwassergefährdete Gebiete mit kostengünstigen "Wachturm"-Seismometern auszustatten. Die Kosten seien vernachlässigbar im Vergleich zu den Schäden, die die Fluten anrichten könnten.


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