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Freaky Tales: Die 80er, grünes Glühen und mittendrin Pedro Pascal

4:3-Format, Laufstreifen, Bandschäden: Der Episodenfilm Freaky Tales verbreitet reinstes VHS- und 80er-Flair. Er hebt sich von allem ab, was sonst im Kino läuft.
/ Peter Osteried
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Pedro Pascal ist der Knochenbrecher, Ben Mendelsohn einfach nur The Guy. (Bild: Universal Pictures)
Pedro Pascal ist der Knochenbrecher, Ben Mendelsohn einfach nur The Guy. Bild: Universal Pictures

Pedro Pascal wird bald als Mr. Fantastic in The Fantastic Four: First Steps zu sehen sein, wer ihn im Kino sehen will, kann das aber auch schon ab heute (26. Juni): nämlich in dem Episodenfilm Freaky Tales, bei dem der Name Programm ist. Freakiger als in diesem Film geht es fast nicht, er lässt die Achtzigerjahre wieder auferstehen, und das nicht nur durch das Setting. Auch technisch ist man wieder in der Vergangenheit.

Denn Freaky Tales kommt bisweilen wie ein Experimentalfilm daher. Das Regie-Duo Anna Boden und Ryan Fleck zeigt ihn zum Teil im Format 4:3, bei den alten Röhrenfernsehern früher war das der Standard. Und wie bei einer abgenudelten Videokassette gibt es hier auch mal Laufstreifen und Bandschäden zu sehen. Die tauchen vor allem am Anfang jedes der vier Kapitel des Films auf.

Mit diesen Geschichten werden die Zuschauer in die Achtzigerjahre zurückversetzt - aber nicht so elegant wie in Stranger Things, sondern rau, wild und dreckig. Wer Freaky Tales ansieht, könnte sich wohlig an kultige Filme wie Repo Man(öffnet im neuen Fenster) oder Radioactive Dreams(öffnet im neuen Fenster) erinnern.

1987

Schauplatz ist Oakland. Es ist ein verflucht heißer Sommer, in dem urplötzlich am Firmament ein grünes Licht erstrahlt. Das führt dazu, dass die Augen mancher Bewohner zu glühen beginnen. Andere bekommen erstaunliche Kräfte. Selbst Busse beginnen, grün zu glühen und in den Himmel aufzusteigen. Kurz: Es ist ein Sommer, wie es ihn noch niemals gab.

In der ersten Geschichte geht es um einige Punks, die es nicht länger hinnehmen wollen, dass Skinheads ihre Konzerte aufmischen. Sie setzen sich zur Wehr, auf ausgesprochen drastische Art und Weise.

Danach geht es um einen Geldeintreiber, gespielt von Pedro Pascal, der auf dieses Leben als Knochenbrecher keine Lust mehr hat, sondern ein neues mit seiner Frau anfangen möchte - bis das Schicksal zuschlägt und ihm nichts mehr bleibt.

Zu guter Letzt steht ein Basketballspieler im Fokus, dessen Familie von Nazis umgebracht wird, wodurch er zum Racheengel mit erstaunlichen Fähigkeiten wird, der direkt in die Höhle des Löwen vordringt. Hier kulminieren dann auch alle Geschichten, die im Pulp-Fiction-Stil miteinander verbunden sind.

Auf Halde

Der Film wurde schon 2023 gedreht. Bis er seinen Kinotermin fand, dauerte es, Universal bringt ihn nun aber auf die Leinwand und hofft wohl vor allem auf die Zugkraft von Pedro Pascal. Mit dabei ist aber auch Angus Cloud, der mit der Serie Euphoria bekannt wurde und bereits gestorben ist. Als Schurke - einfach The Guy genannt - brilliert Ben Mendelsohn (Direktor Krennic in Andor).

Auftritt: Tom Hanks

Darüber hinaus gibt es einen kurzen, reichlich schrägen Auftritt von Tom Hanks. Er spielt den Besitzer einer Videothek, in die Pascals Figur kommt. Dort hält Hanks ihm einen Vortrag über die besten Underdog-Filme, kommt aber nie dazu, zu sagen, was auf Platz 1 ist (nur so viel: Rocky soll es nicht sein).

Hanks hatte offenbar Spaß daran, den Videotheken-Nerd zu spielen. Kurioser Fun Fact: Sowohl Hanks als auch seine Filme werden in Freaky Tales mehrmals erwähnt.

Wie Hanks zum Film kam

Boden und Fleck haben seit Captain Marvel keinen Film mehr gemacht, aber zwei Episoden der von Tom Hanks produzierten Serie Masters of the Air inszeniert. Zu dem Zeitpunkt hatten sie schon das Skript zu Freaky Tales fertig, in dem bereits die Hanks-Anspielungen drin waren, und sie fragten ihn gerade heraus, ob er Lust habe, ein Cameo als Ladenbesitzer Hank zu übernehmen.

Zunächst nur als kurzer Auftritt geplant, wurde der größer, als Hanks zusagte, weil Fleck und Boden ihm einen guten Monolog geben wollten. Hanks sah sich das an(öffnet im neuen Fenster) und sagte: "Das sieht aus, als würde es Spaß machen."

Krach, Bumm, Peng

Nicht nur das Bildformat von Freaky Tales wechselt, auch in anderer Hinsicht hebt sich der Film von allem ab, was im Kino läuft. Beim Kampf der Punks gegen die Skinheads gibt es nicht nur reichlich Splatter, sondern auch jede Menge Soundwords werden eingeblendet, wie es in den Sechzigerjahren etwa bei der Batman-Fernsehserie war.

Der Film ist gewalttätig, aber diese Gewalt existiert nicht in einem realistischen Szenario. Sie ist überdreht, als würde man einem Cartoon zusehen.

Nicht jede Geschichte punktet auf ganzer Linie

Wie bei jedem Anthologiefilm sind auch hier nicht alle Geschichten gleich gut, richtig schlecht ist aber keine. Die beste ist die mit Pedro Pascal, die eine Laufzeit von einer knappen halben Stunde hat.

Pascal reißt die Geschichte richtiggehend an sich. Seine Figur ist eine wahrlich traurige Gestalt, die Hülle eines Mannes, in dessen Leben Gewalt immer präsent war und dem, nachdem alles gesagt und getan ist, auch nichts anderes als diese Gewalt bleibt.

Die Actionszenen sind mit Hip-Hop-Sound unterlegt. Die Synthese aus Bild und Ton geht auf, man fühlt sich mittendrin. Freaky Tales ist ein herrlich rotziger Independent-Film, aber im Vertrieb eines großen Studios. Sozusagen eine Art Pulp Fiction, aber schäbiger, direkter, frecher.

Vor allem ist der Film in der Nutzung seines Sci-Fi-Korsetts sehr eigensinnig - etwas, das an Gregg Arakis' Nowhere(öffnet im neuen Fenster) erinnert. Freaky Tales mag nicht der Film sein, der im Kino Scharen an Leuten anzieht, aber es müsste schon ziemlich viel passieren, dass diesem Streifen nicht irgendwann zurecht das Label "Kult" verpasst wird.


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