Frag den Staat: Nur ausgedrucktes Internet ist grundrechtskonform
Frag den Staat druckt das Internet aus, weil das Verwaltungsgericht Berlin nur Druckerzeugnisse als Presse sieht. Eine sehr deutsche Posse.

Deutschland ist das Land, in dem die Möglichkeit, ein Fax per App zu schicken, als wahrhaft große Leistung der Digitalisierung gesehen wird. Doch dass die Vorstellung von Digitalisierung - oder überhaupt moderner Technik - beim Verwaltungsgericht Berlin noch vor der Erfindung des Fax stehengeblieben ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung in Bezug auf die Recherche- und Informationsfreiheitsplattform Frag den Staat. Presse ist demnach nur, was für ein "Druckerzeugnis" tätig ist.
Diese Verständnis ist völlig antiquiert und hat mit der Realität einfach gar nichts mehr gemein. Immerhin ist der Hörfunk in Deutschland mit seiner Erstsendung im Jahr 1920 schon mehr als 100 Jahre alt. Der erste Fernsehbetrieb folgte schon in den 30er Jahren und regelmäßige Sendungen dann in den 50er Jahren. Der Faxdienst in Deutschland folgte dagegen erst 1979. Aber gut, diese Entwicklung haben Verwaltungsrichter unter ihren Roben wohl verschlafen, offenbar genauso wie das Internet.
Denn der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zufolge sind weder Radio noch Fernsehen als Presse einzuordnen und auch reine Internetpublikationen wie Golem.de nicht, weil ja schließlich das Druckerzeugnis fehle. Dabei gibt es etwa den Spiegel bereits seit Oktober 1994 im Internet, erste Tageszeitungen seit 1995 und Golem.de feiert im Jahr 2022 bereits sein 25-jähriges Bestehen.
Zwar ist das Urteil wohl aus formaler Sicht nicht falsch, wie der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Thorsten Feldmann für Übermedien kommentiert, da es noch keine abschließende Rechtsprechung dazu gibt, unter welchen Umständen Telemedienangebote als Presse gelten. Im seit Jahrzehnten anhaltenden Zeitalter des Zeitungssterbens und der Möglichkeit, digital zu publizieren, ist dieses Urteil aber nicht nur grundsätzlich fragwürdig, sondern auch gefährlich für die Pressefreiheit in einer digitalisierten Gesellschaft insgesamt.
Die Presse druckt zurück
Frag den Staat, die auch schon mal öffentlichkeitswirksam mit Geldkoffern durch Brüssel laufen, machen also logischerweise das einzige, was ihnen in der Digitalisierungswüste Deutschland übrig bleibt: das Internet ausdrucken. Die Betreiber der Plattform selbst schreiben dazu: "Deshalb haben wir unsere besten Texte zusammengesucht, ein Layout entworfen, das den Zeitgeist dieser veralteten Rechtsprechung widerspiegelt und FragDenStaat.de ausgedruckt. Damit dürfte die Argumentation des Gerichts ins Leere laufen." Das DE in der Domain stehe dabei für Druckerzeugnis.
Diese Zeitung hat das Team auch in den Briefkasten beim Oberverwaltungsgericht eingeworfen, um ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Nachdruck zu verleihen. Verteilt wurde die Zeitung auch am Bahnhof Zoo in Berlin, die Bestellung soll gar per Fax funktionieren - ähnlich wie beim Golem.de-Fax-Abo vor einigen Jahren.
Bei all diesen Späßen sollten aber die presse- und fortschrittsfeindliche Einstellung des Gerichts nicht vergessen werden. Es ist einfach weder zeitgemäß noch nachvollziehbar, einem für zahlreiche Recherchen bekannten Journalisten wie Arne Semsrott von Frag den Staat eine presserechtliche Auskunft zu verweigern, nur weil dieser nicht für ein "Druckerzeugnis" tätig sei. Diese Entscheidung darf nicht Bestand haben.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de [IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)]
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Klingt nach meiner Fritzbox. Da sehen die übertragenen Faxe so aus und selbst die Dauer...
Und alle Veröffentlichungen eines Gerichtes im Internet gelten als nicht veröffentlicht!
Bring die nicht auf Ideen. Sonst müssen wir bald drm Software laden wenn wir eine...
Die Presserechte stehen aber im Grundgesetz und sind somit erstmal Abwehrrechte gegen...
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