Fotografie-Innovation: Ultraflache Kamera soll dem Internet das Sehen beibringen

US-Wissenschaftler forschen an einem Kameraprinzip, das ohne Objektiv auskommt. Die sogenannte Flatcam ist flacher als eine Kreditkarte. Eingesetzt werden könnte die Kamera im Internet der Dinge, in der Überwachungstechnik und Mikroskopie.

Artikel veröffentlicht am
Hat den Durchmesser einer Ein-Cent-Münze: die Flatcam.
Hat den Durchmesser einer Ein-Cent-Münze: die Flatcam. (Bild: Jeff Fitlow/Rice University)

Fünf Forscher hocken im Universitätslabor um einen Tisch. Ihr Interesse gilt einem schwarzen Mikrochip auf einer grünen Computerplatine, die Konstruktion wirkt improvisiert. Knapp einen Meter davon entfernt liegt eine Plüscheule. Auf einem Bildschirm in der Ecke des Raums erscheint ein pixeliges, aber erkennbares Bild der Eule: ein Foto. Das Forscherteam jubelt, das Experiment war ein Erfolg. Die Szene ist in einem Video zu sehen, mit dem Wissenschaftler der texanischen Rice-Universität ihre neue Entwicklung bewerben wollen. Aber sind sie mit der Erfindung der Fotografie nicht zwei Jahrhunderte zu spät dran?

Inhalt:
  1. Fotografie-Innovation: Ultraflache Kamera soll dem Internet das Sehen beibringen
  2. Lochkamera neu erfunden
  3. 'Ich will jedem digitalen Gerät Augen hinzufügen'

Schaut man sich das Foto der Eule an, könnte man denken: ja. Da gibt es nichts Besonderes zu sehen. Das Aufregende ist aber nicht das Bild, sondern die Kamera, mit der es gemacht wurde. Die sogenannte Flatcam, an der die Wissenschaftler forschen, hat ungefähr den Durchmesser einer Ein-Cent-Münze und ist flacher als eine Kreditkarte. Der Fotografie-Chip macht auch dann Foto- und Videoaufnahmen, wenn er verbogen wird. Das eröffnet neue Möglichkeiten, und erklärt die Freude der Wissenschaftler.

Die Mikrotechnik könnte bestehende Überwachungskameras ersetzen und sie für Einbrecher quasi unsichtbar machen. Eingenäht in die Dienstkleidung von Polizisten wäre mehr Transparenz über deren Einsätze möglich. Für die mobile Technik der Zukunft, die möglicherweise biegbar sein wird wie das Reflex Smartphone, könnte die Flatcam die Selfies liefern.

Richard Baraniuk, Professor für Computerwissenschaften an der texanischen Rice-Universität und Initiator des Projekts, erklärt den Grundgedanken: "Gewöhnliche Kamerasysteme fangen Licht durch ein Objektiv ein, das in einer gewissen Distanz zum Fotofilm oder der Sensorplatte stehen muss. Je kleiner die Kameras gebaut werden, desto geringer wird der Lichteinfall und letztendlich die Bildqualität." Eine neue Technologie soll diese Einschränkung nun umgehen: Sein Team wolle "Objektive durch Algorithmen ersetzen" und so die Fotografie revolutionieren.

Hunderttausende Fotos werden per Algorithmus zusammengefügt

"Neben der Miniaturform hat die Flatcam den Vorteil sehr geringer Produktionskosten, da wenig Material und keine Montage benötigt werden", sagt Baraniuk. Wenn sie einmal in Serie produziert werde, könnten die Stückkosten im Centbereich liegen.

Die Vorlage für die High-Tech-Entwicklung stamme aus den Anfängen der Fotografie. Schon vor fast 200 Jahren hat Joseph Nicéphore Niépce im Lochkameraverfahren die ersten Fotografien hergestellt - ebenfalls ohne Objektiv. Das Prinzip in Kurzform: Eine Holzkiste wird auf einer Seite mit einem stecknadelgroßen Loch versehen, auf der gegenüberliegenden Innenseite befindet sich das Fotomaterial, anfangs eine Zinnplatte, später Fotofilm.

Dieses Material reagiert sensibel auf Licht und verfärbt sich je nach Stärke der Strahlen. Lässt man durch die Öffnung Licht einfallen, trifft es auf das Fotomaterial und projiziert darauf ein Abbild der Realität, das auf dem Kopf steht. Fertig ist das Foto. Niépce brauchte im Jahr 1826 für das erste Exemplar aus seinem Arbeitsraum acht Stunden und eine Distanz von rund einem halben Meter zwischen Loch und Platte.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
Lochkamera neu erfunden 
  1. 1
  2. 2
  3. 3
  4.  


plutoniumsulfat 14. Nov 2016

Nein, aber ich sehe da keine Transparenz.

mfeldt 14. Nov 2016

Die demnächst nach Proxima Cen segeln soll... http://www.space.com/32551-breakthrough...

CHU 14. Nov 2016

Klingt irgendwie traumhaft. Alptraumhaft. Aber es ist nicht die Technik, die böse ist...

FrankM 14. Nov 2016

Ist aber ein sehr ähnlicher Ansatz, denn auch die hier vorgestellte Kamera hat so ein...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Direkte-E-Fuel-Produktion
Porsches Masterplan hinter dem Verbrennerkompromiss

Der Sportwagenhersteller will künftig E-Fuels direkt im Fahrzeug produzieren. Dazu übernimmt Porsche das strauchelnde Start-up Sono Motors.
Ein Bericht von Friedhelm Greis

Direkte-E-Fuel-Produktion: Porsches Masterplan hinter dem Verbrennerkompromiss
Artikel
  1. BrouwUnie: Tesla verkauft Giga Bier zu einem stolzen Preis
    BrouwUnie
    Tesla verkauft Giga Bier zu einem stolzen Preis

    Tesla hat, wie von Elon Musk versprochen, nun eine eigene Biermarke im Angebot und verkauft drei Flaschen für knapp 90 Euro.

  2. Google: Ursache für Acropalypse-Lücke in Android seit Jahren bekannt
    Google
    Ursache für Acropalypse-Lücke in Android seit Jahren bekannt

    Eine wohl undokumentierte API-Änderung führte zu der Acropalypse-Sicherheitslücke. Das Problem dabei ist Google schon früh gemeldet worden.

  3. Sprachmodelle: Warum ChatGPT so erfolgreich ist
    Sprachmodelle
    Warum ChatGPT so erfolgreich ist

    KI-Insider Wie erklärt sich der Erfolg von ChatGPT, obwohl es nur eines von vielen Sprachmodellen und leistungsstarken KI-Systemen ist? Drei Faktoren sind ausschlaggebend.
    Von Thilo Hagendorff

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • ASUS VG27AQ1A QHD/170 Hz 269€ • Crucial P3 Plus 1 TB 60,98€ • ViewSonic VX3218-PC-MHDJ FHD/165 Hz 227,89€ • MindStar: be quiet! Pure Base 600 79€ • Alternate: Corsair Vengeance RGB 64-GB-Kit DDR5-6000 276,89€ und Weekend Sale • Elex II 12,99€ • 3 Spiele kaufen, 2 zahlen [Werbung]
    •  /