Filmdokumentation An Impossible Project: Ein moderner Don Quijote

Am Anfang von An Impossible Project steht ein Disclaimer, auch wenn er eigentlich keiner ist. Eher fordert er die Zuschauer auf, aus der Welt des Digitalen herauszutreten und das Leben in seiner analogen Form wieder mehr zu genießen. Ein Leben, in dem es noch Polaroid-Fotos gibt.
An Impossible Project (ab 27. Mai auf DVD) ist eine Dokumentation(öffnet im neuen Fenster) , in der es vor allem um den Wiener Florian Kaps geht, der sich selbst Doc nennt. 2008, als Steve Jobs das erste iPhone vorstellte, kaufte Kaps von der Firma Polaroid deren letzte Fabrik im niederländischen Enschede. Er hatte weniger einen Plan als vielmehr einen Traum: zurückzubringen, was einst jeden verzauberte. Eine Welt der Fotos, die mit etwas Aufwand verbunden sind, die etwas kosten, bei denen man nie genau sagen kann, wie das Ergebnis wird.
Das Impossible Project, wie die Firma nun hieß, hatte zwar die Maschinen, aber nicht das Know-how. Der chemische Prozess, der nötig ist, um Polaroid-Film herzustellen, war verloren gegangen und dieses Wissen wiederzufinden ein langwieriger Prozess, in dessen Verlauf die Fotos zwar faszinierend andersartig aussahen, die echte Welt aber nicht abbildeten.
Kampf gegen Windmühlen
Der Film erzählt die Geschichte dieser Firma, die von Träumern gegründet wurde, aber ein Eigenleben entwickelte, was sie auch musste, um bestehen zu können. Dafür musste jedoch ihr Gründer gehen - ein wenig wie bei Apple und Steve Jobs, nur dass Doc der weitaus größere Exzentriker ist und seine Ideen wohl nie weitflächig Fuß fassen werden.
Dem Filmemacher Jens Meurer erzählt Doc unter anderem, dass seine Frau glaube, er werde sich am Ende seines Lebens als der größte Verlierer erweisen. Er selbst wiederum sieht sich als den erfolgreichsten Visionär überhaupt. Ein wenig mag beides stimmen, sein Leben findet im Spannungsfeld dazwischen statt. Denn Doc ist auch sein größter Feind.

Er will die Vergangenheit bewahren, er will den Menschen das Gefühl zurückgeben, das mit haptischen Prozessen einhergeht, er stürzt sich immer wieder mit Feuereifer auf Projekte. Dabei wirkt er ruhelos und führt nichts zu Ende: Er wurde aus dem Impossible Project entfernt, hatte mit Supersense ein anderes Projekt, das Musik aufnimmt und direkt auf Vinyl festhält, und danach ein altes Grand Hotel, das seit mehr als vier Jahrzehnten geschlossen ist und das er wiederbeleben wollte.
Der Doc ist der Don Quijote des Analogen, ein wackerer Kämpfer, für den jede Windmühle ein gigantischer Riese ist, auf den er sich mutig stürzt. Aber ist er an ihm vorbeigeeilt, interessiert ihn nur noch der nächste Riese. Das macht Doc - zumindest ein wenig - zu einer tragischen Figur.
Analog vs. Digital
Die Firma Impossible Project, die so hieß, weil man den Namen Polaroid nicht nutzen durfte, gibt es übrigens heute noch. Seit dem 80. Geburtstag der etablierten Marke darf sie sogar Polaroid heißen.
Sieht man sich nun die Dokumentation an, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine gewisse Radikalität vorherrscht: Die analogen Ritter erscheinen seltsam verbissen. Vielleicht auch, weil sie auf verlorenem Posten stehen. Aber dass ein Miteinander besser wäre als ein Gegeneinander, scheint ihnen nicht aufzugehen.
Stattdessen wird von einer Renaissance des Analogen geträumt, als alles noch greifbar und irgendwie besser war. Aber weder Doc noch der Film (auf 35 mm gedreht, was teuer und - in diesem Fall - eigentlich überflüssig ist) schaffen es, einen Grund zu liefern, wieso das Digitale schlechter sein sollte als das Analoge.
Sicher, es gibt die hübschen Momente, wenn jemand von einem alten Telefon schwärmt und zeigt, wie es funktioniert. Aber es fällt auch auf, dass derlei Begeisterung im Film vor allem von älteren Menschen kommt, die damit einen Teil ihrer Jugend zurückholen wollen.
Mehr als einmal entsteht für die Zuschauer der Eindruck, dass hier Menschen am Werk sind, die nicht wahrhaben wollen, dass Technik sich weiterentwickelt und althergebrachte Technologien dafür ins Abseits geraten. Es ist, als würden sie versuchen, sich gegen den Kreislauf des Lebens zu stemmen.
Letztlich fehlt dem Film der Fokus. Er mäandert, geht in die eine, dann in die andere Richtung, auch wenn Doc der eigentliche Protagonist ist. Zudem verfehlt er immer wieder die notwendige Tiefe.
Das Impossible Project beginnt mit Polaroid, aber es gibt zu wenig Hintergründe, um das Projekt greifbar werden zu lassen. Selbst der Rauswurf von Doc wird nebenbei abgehandelt, dabei steckt eine gute Geschichte drin, denn der Hauptinvestor der Firma hat seinen eigenen Sohn, der zuvor als Praktikant beim Impossible Project war, zum CEO gemacht.
Ebenso wenig gelingt es dem Film, die Sehnsucht nach dem Analogen wirklich verständlich auszuformulieren. Letztlich ist er ein ehrenwerter Versuch, auch nicht uninteressant und durchaus unterhaltsam. Doch die eigentlich spannenden Geschichten werden zwar angerissen, aber nicht zu Ende erzählt.



