Gegenwehr der Nutzer ist nicht vorgesehen
Ein weiteres: "Denn den Nutzern stehen keine entsprechenden außergerichtlichen Instrumentarien zur Verfügung, mit denen sie sich gegen unberechtigte Verstoßvorwürfe wehren könnten", heißt es im Gutachten. Das sei hinsichtlich der Unschuldsvermutung "bedenklich".
Vor einer "Privatisierung der Rechtsdurchsetzung" hatte zuvor schon der Verein Digitale Gesellschaft in einem Schattenbericht zur Studie der Fachhochschule Köln gewarnt. Der Vereinsvorsitzende und Blogger Markus Beckedahl sagte: "Internetanbieter und Hoster werden damit gleichzeitig zu Richtern und Hilfspolizisten in Personalunion gemacht. Diese Maßnahme durchbricht ein ehernes Prinzip: Der Internetanbieter ist nicht für die transportierten Inhalte haftbar und soll sich ausdrücklich nicht um diese kümmern. Die Post schickt Ihnen auch keinen Warnbrief, wenn Sie eine Kopie eines Zeitungsartikels verschicken."
Auf den Schattenbericht bezieht sich Hoeren auch selbst. Unter dem Punkt Falsche Zuordnung von IP-Adressen verweist er auf das Argument der Digitalen Gesellschaft, dass Inhaber eines Internetanschlusses nicht immer auch die Benutzer hinter einer IP-Adresse sind: "Oftmals werden Internetverbindungen mit einer großen Anzahl fremder Personen geteilt, sei es absichtlich oder unabsichtlich. Darüber hinaus kommt es immer öfter zu Sicherheitslücken in Systemen. Diese machen sich Kriminelle zunutze und verwenden 'gehackte', fremde Internetzugänge für Rechtsverstöße. Darüber hinaus setzen Nutzer zunehmend Anonymisierungstools ein."
Ganz im Sinne von eco beschreibt der Juraprofessor zudem, wie "das Warnhinweismodell im Ergebnis einseitig die Interessen der Rechteinhaber stärkt". Die Zugangsanbieter - viele von ihnen sind bei eco organisiert - müssten dagegen "befürchten, gegenüber ihren Kunden als 'moralisch' Verantwortliche für das Vorgehen der Rechteinhaber dazustehen".
Ganze 17 Seiten des Gutachtens widmen sich allein dem Abgleich mit geltenden Gesetzen. Dabei kommt Hoeren zu dem Schluss, dass eine Vereinbarkeit mit EU-Recht "zweifelhaft" und mit dem Fernmeldegeheimnis nicht möglich sei. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sei das Modell zumindest "äußerst bedenklich".
Oliver Süme, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von eco, fasst das Gutachten knapp zusammen: "Es zeigt sich, dass das vorgeschlagene Verfahren rechtswidrig ist und als Grundlage für die weitere Diskussionen wenig taugt."
In seinem eigenen Fazit schreibt Hoeren, die Etablierung eines Warnhinweismodells würde weitergehenden Maßnahmen wie Internetsperren den Weg ebnen, wie sie von den Rechteinhabern auch immer wieder gefordert würden. Die Autoren der BMWi-Studie schließen solche Maßnahmen zwar aus, und auch die Bundesregierung hat sich - zuletzt in Person von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) - eindeutig gegen Netzsperren ausgesprochen. Aber der Jurist denkt offenbar an künftige Regierungen - und an den Grundsatz der Netzsperren-Gegner seit den Protesten gegen das Zugangserschwerungsgesetz: Wehret den Anfängen.
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Filesharing: Juraprofessor zerlegt Studie zu Warnmodellen |
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Ein CS-System ist nie sicher. Wäre es sicher, hätte es es nicht nötig, CS zu sein...
Und nicht gleich in die Mülltone gekippt haben bei derartigen Rechtswidrigkeit zeugt von...
Das hatte ich schon bemerkt als ich nur das falsche Wort "Raubkopierer" gelesen hatte.
... doch noch Juristen, die nicht einfach der Politik oder Content-Mafia alles...