Facebook-Urteil: Gericht erkennt "Drecks Fotze" nun doch als Beleidigung an

Das Berliner Landgericht widerruft seine ursprüngliche Entscheidung . Demnach muss sich die Grünen-Politikerin Renate Künast nun einige üble Beschimpfungen und Beleidigungen auf Facebook nicht mehr gefallen lassen. Im September hatte das Gericht noch geurteilt, dass Äußerungen wie "Stück Scheisse" , "Schlampe" , "Drecks Fotze" , "Sondermüll" im konkreten Fall von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen seien (Az.: 27 AR 17/19). Diese werden nun vom Gericht als Beleidigung eingestuft. Künast war gegen das ursprüngliche Urteil in Revision gegangen.
Mit einem Abhilfebeschluss vom 21. Januar 2020 habe das Berliner Landgericht die 22 strittigen Nutzerkommentare auf Facebook "im Lichte der höchstrichterlichen und verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit nochmals geprüft und der Antragstellerin im Ergebnis in sechs Fällen Recht gegeben." Zu der Revision hätten Erkenntnisse des Gerichtes über den Kontext sowie den Urheber des Ausgangsposts geführt. Die Verfasser der 22 streitgegenständlichen Kommentare hätten nicht annehmen können, dass die im Ausgangspost wiedergegebene Äußerung so wie zitiert vollständig von der Antragstellerin stamme, erklärt das Gericht(öffnet im neuen Fenster) .
Kommentare zu einem Fake-Zitat
Bei dem Ausgangspost "handele es sich teilweise um ein Falschzitat" . Auf einem Bild hatte das rechte Blog Halle-Leaks(öffnet im neuen Fenster) eine Aussage von Künast mit frei erfundenem Text vermengt: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt."
Hintergrund des Falschzitates ist laut der Kanzlei, die Künast vertritt, eine Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus aus dem Jahr 1986. Ein CDU-Abgeordneter soll während der Rede einer Grünen-Politikerin auf einen Antrag der Grünen in Nordrhein-Westfalen Bezug genommen haben, "mit dem gewaltfreier beziehungsweise einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Minderjährigen und Erwachsenen entkriminalisiert werden sollte" . Dabei soll er den Antrag bewusst falsch wiedergegeben habe, woraufhin Künast eingeworfen habe: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist." Damit habe sie den Anwälten zufolge "weder zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst Geschlechtsverkehr mit Kindern tolerieren würde - egal, ob mit oder ohne Gewalt - noch, dass sie den Beschluss der Grünen in Nordrhein-Westfalen befürworte."
Vor diesem Hintergrund hätten die Kommentare von "sechs Nutzern jeweils einen rechtswidrigen Inhalt im Sinne einer Beleidigung [...], für den auch im Hinblick auf die Meinungsfreiheit ein Rechtfertigungsgrund nicht ersichtlich sei," erklärt das Gericht. Vielmehr hätten die Kommentare einen ehrherabsetzenden Inhalt, der aus der Sicht des unbefangenen Lesers als gezielter Angriff auf die Ehre der Antragstellerin erscheine, daher müsse Facebook über diese Personen Auskunft erteilen. In den übrigen 16 Kommentaren sah das Gericht weiterhin keine Beleidigung. Diese werden nun der nächsten Instanz, dem Berliner Kammergericht, zur Prüfung vorgelegt, da Künast eine umfassende Beschwerde eingelegt hatte.


