Facebook-Urteil: Künast muss übelste Beschimpfungen hinnehmen
Die Grünen-Politikerin Renate Künast will die Verfasser von Hasskommentaren auf Facebook gerichtlich belangen. Doch das soziale Netzwerk muss die Nutzerdaten nicht herausgeben.

Die Grünen-Politikerin Renate Künast muss sich nach Ansicht das Berliner Landgerichts auf Facebook üble Beschimpfungen und Beleidigungen gefallen lassen. Dem Urteil vom 9. September 2019 zufolge, das die Media Kanzlei Frankfurt veröffentlichte, waren Äußerungen wie "Stück Scheisse", "Pädophilen-Trulla", "altes grünes Drecksschwein", "Geisteskrank", "kranke Frau", "Schlampe", "Gehirn Amputiert", "Drecks Fotze", "Sondermüll", "Alte perverse Dreckssau" im konkreten Fall von der Meinungsfreiheit gedeckt (Az.: 27 AR 17/19).
Nach Ansicht des Gerichts seien die Äußerungen "zwar teilweise sehr polemisch und überspitzt und zudem sexistisch". Die Antragstellerin selbst habe sich aber mit einem Zwischenruf zum Thema Sex mit Kindern "zu einer die Öffentlichkeit in ganz erheblichem Maße berührenden Frage geäußert und damit Widerstand aus der Bevölkerung provoziert". Zudem müsse sie "als Politikerin in stärkerem Maße Kritik hinnehmen". Da alle Kommentare einen "Sachbezug" aufwiesen, stellten sie keine Diffamierungen der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches (StGB) dar.
Zwischenruf aus dem Jahr 1986
Der Kanzlei zufolge wird Künast in den sozialen Medien unterstellt, sie toleriere Geschlechtsverkehr mit Kindern oder befürworte ihn gar, wenn dieser gewaltfrei geschehe. Hintergrund der Behauptungen sei eine Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 1986. Ein CDU-Abgeordneter soll während der Rede einer Grünen-Politikerin auf einen Antrag der Grünen in Nordrhein-Westfalen Bezug genommen haben, "mit dem gewaltfreier beziehungsweise einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Minderjährigen und Erwachsenen entkriminalisiert werden sollte". Dabei soll er den Antrag bewusst falsch wiedergegeben habe, woraufhin Künast eingeworfen habe: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist."
Damit habe sie den Anwälten zufolge "weder zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst Geschlechtsverkehr mit Kindern tolerieren würde - egal, ob mit oder ohne Gewalt - noch, dass sie den Beschluss der Grünen in Nordrhein-Westfalen befürworte". Künast geht juristisch daher auch gegen das Blog Halle Leaks vor, das anderslautende Behauptungen verbreite.
Bestandsdatenauskunft geändert
Das Gericht behauptet in seinem Urteil dagegen, dass Künast den Zwischenruf "bislang nicht öffentlich revidiert oder klargestellt hat". Daher bewege sich auch der Kommentar "Drecks Fotze" "haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren". Der Kammer zufolge ist nicht feststellbar, "dass mit der Aussage allein eine Diffamierung der Antragstellerin beabsichtigt ist, ohne Sachbezug zu der im kommentierten Post wiedergegebenen Äußerung".
Künast will gegen das Urteil in Berufung gehen. "Der Beschluss des Landgerichts sendet ein katastrophales Zeichen, insbesondere an alle Frauen im Netz, welchen Umgang Frauen sich dort gefallen lassen sollen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.
Die große Koalition hatte im Sommer 2017 zusammen mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) auch die Bestandsdatenauskunft neu geregelt. Mit der am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Regelung sollen Privatpersonen die Möglichkeit erhalten, im Falle von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts im Netz selbst privatrechtlich gegen den Urheber vorzugehen. Die Regelung gilt nicht nur für die großen sozialen Netzwerke, sondern für alle Telemediendienste. Um die Auskunft zu erhalten, benötigt der Betroffene eine Anordnung des zuständigen Landgerichts. Der Diensteanbieter darf den Urheber über die beabsichtigte Auskunft informieren. Zudem kann gegen die Entscheidung des Landgerichts Beschwerde eingelegt werden.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Das ist einfach von vorne bis hinten falsch. Deine Meinung darfst du nicht äußern, wenn...
Er hat kein neues Recht geschaffen, aber einen Präzedenzfall zur Auslegung.
Schon lustig, was man sich so alles aus den Fingern saugen kann. Auf welcher...
Hier kann ich nicht folgen, diese Rechte sind bereits seit langer Zeit etabliert fuer...
Dankeschoen.