Bald können auch die USA direkt Daten anfragen
Eine Weitergabe von persönlichen Daten ist immer auch ein Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen. "Aus bürgerrechtlicher Sicht ist allerdings wichtig, dass auch bei dem pragmatischen Weg der Direktanfragen bei US-Unternehmen die Grundrechte nicht unter den Tisch fallen", betont Buermeyer. Die Unternehmen müssten daher zuverlässig prüfen, ob die jeweiligen Voraussetzungen für eine Datenabfrage auch tatsächlich vorlägen.
Die Transparenzberichte von Facebook und Google zeigen nämlich auch die andere Seite deutlich: Wenn nur 57 beziehungsweise 68 Prozent der Anfragen von Strafverfolgungsbehörden nach einer rechtlichen Prüfung beantwortet werden, bedeutet das im Umkehrschluss, dass ein erheblicher Teil der Anfragen von deutschen Behörden schlicht rechtswidrig ist. Das zeigen auch die Transparenzberichte der deutschen E-Mail-Anbieter Posteo und Mailbox.org.
Mit E-Evidence werden direkte Anfragen in der EU möglich
Mit der geplanten E-Evidence-Verordnung sollen Ermittler künftig leichter an Meta- und Inhaltsdaten gelangen, die bei Unternehmen gespeichert sind. Dabei soll es keine Rolle mehr spielen, in welchem Land die Daten gespeichert sind und an welchem Ort das betroffene Unternehmen seinen Sitz hat. Anbieter von Kommunikationsdiensten wie Chatprogrammen oder E-Mails würden dazu verpflichtet, einen "gesetzlichen Vertreter" in der EU zu benennen, über welchen dann ohne Rechtshilfeersuchen direkt die Daten angefordert werden können. Ein Richter im anfragenden Staat muss die Anfrage jedoch absegnen.
Die Richtervorbehalt genannte Kontrollfunktion ist jedoch häufig oberflächlich und unzureichend, da Richter die Anträge aufgrund ihrer immensen Arbeitsbelastung oftmals nur auf Plausibilität prüfen. "Eine richterliche Kontrolle ist eine sehr niederschwellige Kontrolle und absolut kein ernstzunehmender Schutz für die Rechte der Bürger", erklärte der Rechtsanwalt Ulrich Kerner auf dem Hackerkongress 36C3.
Die E-Evidence-Verordnung wird von Datenschützern aus Bund und Ländern, Nichtregierungsorganisationen sowie dem Bundesjustizministerium kritisiert. So sei eine Datenabfrage beispielsweise nicht mehr davon abhängig, ob die verfolgte Tat in beiden beteiligten Ländern überhaupt strafbar sei, kritisieren die Datenschutzbeauftragten. Als Beispiele führen die Datenschützer einen in Deutschland erlaubten Schwangerschaftsabbruch oder eine politische Meinungsäußerung an, "wenn diese im ersuchenden Staat strafbewehrt ist".
Ein Rechtsbehelf oder eine Klage wäre dann nur im datenabfragenden Staat möglich. Auch die Bundesregierung warnt intern vor den Gefahren für Presse- und Meinungsfreiheit. Im Europaparlament gibt es derweil Widerstand gegen die E-Evidence-Pläne der EU-Kommission. Eine Vorentscheidung könnte demnächst im federführenden Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) gefällt werden.
Verhandlungen mit den USA
Während über die E-Evidence-Verordnung noch innerhalb der EU verhandelt wird, hat der EU-Ministerrat bereits im September 2019 Gespräche mit den USA aufgenommen. Hierbei soll der US-Cloud-Act mit der noch nicht beschlossenen E-Evidence-Verordnung verbunden werden.
Ausgehandelt werden sollen die Bedingungen, unter denen US-Behörden direkt Daten bei europäischen Cloud- und Kommunikationsdiensten abfragen können sowie umgekehrt Behörden der EU sowie ihrer Mitgliedstaaten Daten bei Diensten wie Whatsapp, Facebook oder Google abfragen können. Dabei soll es nicht nur um Metadaten, sondern auch um die Inhalte von Nachrichten oder in der Cloud gespeicherten Dateien gehen, beispielsweise den unverschlüsselten Backup von Apple-Geräten. Das Nicht-mehr-EU-Mitglied Großbritannien hat bereits ein solches Abkommen mit den USA geschlossen.
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