Missbrauch von Handydaten im Drohnenkrieg möglich

XKeyscore gilt als das derzeit wohl mächtigste Überwachungs- und Analysetool der NSA, das Unmengen Metadaten und Inhalte von Kommunikation in Echtzeit sammeln, analysieren und entschlüsseln kann. Die Vereinbarung zwischen dem BfV und der NSA (Terms of References) war bereits im vergangenen August von Zeit Online veröffentlicht worden. Im Juli 2013 hatten Dokumente aus dem Fundus von US-Whistleblower Edward Snowden erstmals die Existenz des Programms und dessen Einsatz in Deutschland bekanntgemacht. Obwohl das Programm seit Jahren vom BfV getestet wird, liegt immer noch kein Sicherheitskonzept für dessen Einsatz vor.

Wie eine Mitarbeiterin des BfV bereits im Februar erläutert hatte, misstraut die IT-Abteilung immer noch dem Programm und setzt es daher nur isoliert an einem unvernetzten Arbeitsplatz ein. Trotz der eigenen Sicherheitsbedenken sah Fromm keinen Grund, den Einsatz des Programms beim BND infrage zu stellen. "Wenn ein ausländischer Dienst zusammen mit einer deutschen Behörde tätig wird, hat das mit Spionage nichts zu tun", sagte der Zeuge. Daher müsse der Verfassungsschutz in einem solchen Fall nicht tätig werden, obwohl er eigentlich für die Spionageabwehr zuständig sei.

"Mittelbare" Datennutzung möglich

Zudem widersprach er der Einschätzung der Opposition, wonach die NSA das Programm nur im Gegenzug für einen besseren Zugriff auf deutsche Daten zur Verfügung gestellt habe. "Wir würden den Amerikaner auch dann relevante Informationen weitergeben, wenn wir ein Tool wie XKeyscore selbst entwickelt hätten", sagte Fromm. Das Programm sei ein "Beitrag zur Stärkung der Beziehungen" und diene der Verbesserung des Informationsaustauschs.

Gerade dieser Informationsaustausch ist jedoch stark in die Kritik geraten. Mit Blick auf eine Beihilfe des Verfassungsschutzes am extralegalen US-Drohnenkrieg räumte Fromm ein, dass die weitergegebenen Daten möglicherweise missbraucht werden könnten. Es sei denkbar, dass Informationen, die vom Verfassungsschutz geliefert würden, Teil von Gesamtinformationen würden, die zu einer Lokalisierung von Terrorverdächtigen geeignet sei, sagte Fromm. Einem Erlass des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 2010 zufolge darf der Verfassungsschutz keine Daten an US-Dienste weitergeben, die zu einer "unmittelbaren" Ortung geeignet sein könnten. Fromm hatte um eine solche Klarstellung gebeten, nachdem im Oktober 2010 der deutsche Dschihadist Bünyamin Erdogan von einer CIA-Drohne in Pakistan getötet worden war.

Keine Prüfung von Ortungstechniken

"Unmittelbar" für eine Lokalisierung durch eine Drohne waren nach Ansicht von Regierung und Geheimdiensten damals nur präzise GPS-Daten oder genaue Aufenthaltsbeschreibungen mit Zeitangaben geeignet. Laut Fromm prüften die Verfassungsschützer jedoch nicht, inwieweit Drohnen mit Hilfe von Imsi-Catchern damals schon in der Lage waren, den Standort eines Handys genau zu orten. "In meinem Haus ist nichts getan worden, um die Frage zu klären", sagte Fromm und fügte hinzu: "Ich habe nicht selbst gegoogelt."

De facto änderte sich nach dem Erlass an der Datenweitergabe daher nichts. Wenn sogar die Weitergabe von Daten untersagt sei, die "mittelbar" zur Ortung genutzt werden könnten, "dürfte man nicht einmal einen Namen oder ein Reiseziel übermitteln", sagte Fromm. Von daher sei die von der Bundesregierung vorgenommene Einschränkung schon sinnvoll. Der Grünen-Ausschussobmann Konstantin von Notz warf der Regierung vor, die Frage bewusst nicht geklärt zu haben, um die Weitergabe von Daten nicht zu stoppen.

Fromm verwies zu seiner Rechtfertigung darauf, dass die Daten mit einem "Disclaimer" versehen seien, der eine Weiternutzung nur zu "nachrichtendienstlichen Zwecken" erlaube. Allerdings konnte er nicht angeben, ob von der Nachprüfungsklausel dieser Zweckbestimmung jemals Gebrauch gemacht worden sei. Zudem räumte er ein, dass die weitergegebenen Daten von allen 16 US-Geheimdiensten genutzt werden könnten. Dazu zählten neben NSA und CIA auch die Geheimdienste von Armee, Luftwaffe und Marine.

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 Ex-Verfassungsschutzpräsident: Veraltete Analysesoftware für 45 Millionen gekauft
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plutoniumsulfat 13. Jun 2016

Eher die Intelligenten. Warum auch sowas machen? Es ergibt überhaupt keinen Sinn. Dann...

SelfEsteem 12. Jun 2016

Oder wenn man Terroristen nicht mit Waffen ausgeruestet haette, oder oder oder. Nene...

niabot 12. Jun 2016

Niemals. Du unterschätzt die Menge an anfallenden Daten.

HubertHans 10. Jun 2016

sondern darum, jemanden Geld in den Hintern zu blasen.



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