Ex-CIA-Deutschlandchef: Wir konnten Schröder leider nicht abhören
Der frühere CIA-Deutschlandchef hält die Ausweisung seines Nachfolgers für angemessen. Deutschland müsse aber noch entschiedener auftreten, um im Weißen Haus verstanden zu werden.

Der frühere CIA-Chef in Deutschland, Joseph Wippl, hat Verständnis für die Reaktion der Bundesregierung in der Spionage-Affäre gezeigt. "Als die Sache öffentlich wurde, hatte die Bundesregierung keine Wahl", sagte Wippl in einem Interview mit der Zeit. "Sogar, wenn man die Sache unter dem Deckel gehalten hätte, hätte es irgendwen treffen müssen", sagte der 69-Jährige mit Blick auf die Ausweisung seines Nachfolgers. Auf die Frage, ob er in seiner Zeit in Berlin zwischen 2001 und 2003 ebenfalls Agenten angeworben hätte, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Ich wäre sehr stolz auf mich, wenn ich jemand Großes als Quelle rekrutiert hätte, zum Beispiel die persönliche Referentin von Angela Merkel. Das wäre dann auch ein guter Grund, aus der Bundesrepublik geschmissen zu werden."
Der BND-Mitarbeiter, der der CIA zugearbeitet haben soll, wirke auf ihn aber "eher bedeutungslos". Es sei ein Fehler, "in einem befreundeten Land bezahlte Quellen anzuwerben, regelrechte Agenten, von denen ich geheime Dokumente bekomme. Das macht einfach zu viel kaputt", sagte Wippl, der inzwischen an der Universität Boston zu Sicherheitsthemen lehrt. Er selbst hätte den BND-Mitarbeiter wahrscheinlich "einfach weggeschickt", sagte er der Zeit. Wenn es etwas gegeben habe, "was die Vereinigten Staaten wirklich wissen mussten, dann hatte ich immer den Eindruck, dass die Deutschen ihnen dies weitergegeben haben. Umgekehrt übrigens auch", sagte Wippl. Nun gebe es eine Krise, "weil Risiko und Nutzen nicht anständig gegeneinander abgewogen wurden." Es sei "töricht", die "enorm wichtige" Beziehung zwischen den USA und Deutschland zu gefährden.
"Besondere Partnerschaft" erforderlich
Wippl hält die Tendenz für problematisch, immer stärker auf technische Mittel zur Aufklärung zu setzen: "Wir dachten immer, elektronische Aufklärung sei sauber. Aber sie hat einen großen Nachteil. Man kann nie zurückfragen: Was meinst du genau damit? Das Ironische an der ganzen Snowden-Affäre ist doch, dass die Geheimdienstler dachten, sie können damit nicht auffliegen." Das sei wohl ein Irrtum gewesen. Zudem reichten die Fähigkeiten der USA nicht so weit, wie zum Teil angenommen wird. Laut Wippl war die CIA trotz anderslautender Berichte nicht in der Lage, das Handy von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) abzuhören. "Ich wünschte, wir hätten es gekonnt, aber wir konnten es nicht."
Etwas widersprüchlich zu dieser Aussage erscheint Wippls Forderung, dass es zwischen den USA und Deutschland eine "besondere Partnerschaft" geben müsse, die Deutschland die Sicherheit gebe, "dass die CIA nicht versucht, Informanten anzuwerben, und dass man Angela Merkels Telefon genauso wenig abhört wie das von David Cameron". Eine Aufnahme in den exklusiven Club der Five Eyes, in dem USA mit Großbritannien, Neuseeland, Australien und Kanada ihre Geheimdiensterkenntnisse teilen, hält der frühere CIA-Mitarbeiter wegen der gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland für "nicht möglich". Es müsse aber Grenzen beim Abhören und Anwerben von Agenten geben.
Agenten "völlig rücksichtslos geworden"
Für letzteres könnte es auch hilfreich sein, die Ausbildung der Agenten zu verbessern. Die CIA sollte nicht solche Agenten in befreundete Staaten schicken, die "durch einen langen Aufenthalt in der Dritten Welt völlig rücksichtslos geworden sind". Es sei manchmal so, "dass Leute ihre Erfahrungen von dort auf völlig andere Länder übertragen". Das Bewusstsein, dass Amerika eine Supermacht sei, "befördert eine gewisse Macho-Mentalität, nach dem Motto: Wir erklären diesen Deutschen jetzt mal, wie die Sache läuft."
Um einen Sinneswandel in den USA zu erreichen, muss Deutschland nach Ansicht Wippls aber entschiedener auftreten. "Die Kanzlerin, der Außenminister müssen das persönlich machen, sie müssen das in Washington einfordern, klar und deutlich. Ich glaube: Das versteht man im Weißen Haus", sagte Wippl.
Regierung sieht tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten
Ein jüngstes Telefongespräch zwischen Merkel und US-Präsident Barack Obama scheint in dieser Hinsicht jedoch noch wenig Fortschritte ergeben zu haben. Es gebe "tief greifende Meinungsverschiedenheiten über die Frage des Einsatzes von US-Nachrichtendiensten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Diese ließen sich "mit ein paar Gesprächen nicht lösen".
Nachtrag vom 17. Juli 2014, 19:00 Uhr
Der oberste US-Geheimdienstler in Deutschland soll inzwischen der Aufforderung der Bundesregierung zur Ausreise gefolgt sein. Er habe das Land vom Flughafen Frankfurt am Main aus verlassen, berichtete die Tagesschau.
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hmm, also selbst wenn ein Unternehmen wie SAP langfristig dann dem deutschen Staat...
Wenn man das so ließt, muss man sich wundern. Auf der einen Seite Mitgefühl für...
vielleicht tut er nur so, und hat schon schröder und kohl abgehört (inkl. der grotesken...
Gazprom-Telefon. Da hat Gazprom dafür gesorgt dass es sicher ist.