EuGH-Urteil zu Urheberrecht: Bibliotheken dürfen ihre Werke digitalisieren
Öffentliche Bibliotheken dürfen ihre Bestände digitalisieren und ohne Zustimmung der Verlage an elektronischen Leseplätzen bereitstellen. Ausdrucken und Speichern auf USB-Stick sind jedoch nicht kostenlos erlaubt.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte öffentlicher Bibliotheken gegenüber den Verlagen konkretisiert. Die EU-Mitgliedstaaten hätten das Recht, den Bibliotheken die Digitalisierung ihrer Bestände zu gestatten, "wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen", entschied der EuGH am Donnerstag in Luxemburg. Dem Urteil zufolge können die Staaten sogar eine "Vervielfältigung auf analogem oder digitalem Datenträger" gestatten, müssen in diesem Fall aber für einen finanziellen Ausgleich für den Rechteinhaber sorgen. (Aktenzeichen C-117/13)
Hintergrund des Urteils ist ein Streit der Technischen Universität (TU) Darmstadt mit dem Verlag Eugen Ulmer KG. Die TU hatte Anfang 2009 auch das im Ulmer-Verlag erschienene Lehrbuch "Einführung in die neuere Geschichte" von Winfried Schulze digitalisiert und an ihren elektronischen Leseplätzen zur Verfügung gestellt. Zudem hatte sie das Ausdrucken und das Abspeichern des Werkes auf USB-Sticks ermöglicht. Dagegen hatte der Verlag geklagt und März 2009 vor dem Landgericht Frankfurt am Main sowie im November 2009 vor dem dortigen Oberlandesgericht (OLG) Recht bekommen. Während das Landgericht nur die digitale Kopie verboten hatte, war das OLG noch einen Schritt weitergegangen und hatte sogar den teilweisen Ausdruck des Werkes untersagt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in dem Berufungsverfahren nun dem EuGH drei Fragen zur Vorabklärung vorgelegt.
Die Luxemburger Richter bestätigten damit im Wesentlichen das Urteil des OLG. Demnach haben die Mitgliedstaaten das Recht, auf Grundlage der EU-Richtlinie 2001/29/EG die Digitalisierung von Werken zu erlauben. Das Recht auf Privatkopie aus den elektronischen Terminals der Bibliotheken heraus könnte ebenfalls erlaubt werden, allerdings müsse dann für einen gerechten Ausgleich der Rechtsinhaber laut Artikel 5, Absatz 2 der EU-Richtlinie gesorgt werden.
Nachtrag vom 11. September 2014, 13:50 Uhr
Die TU Darmstadt zeigte sich mit dem Urteil "insgesamt sehr zufrieden". Was die Frage der Privatkopie auf Papier oder USB-Stick betreffe, habe der EuGH dem BGH einen Hinweis gegeben und einen Ermessensspielraum eingeräumt, sagte Universitätssprecher Jörg Feuck auf Anfrage von Golem.de. Nach einer Prüfung des Urteils werde darüber entschieden, ob die Bibliotheken in Verhandlungen mit den Verwertungsgesellschaften treten, um eine pauschale Vergütung für den Ausdruck und die USB-Kopie von digitalisierten Werken zu vereinbaren. Feuck zeigte sich optimistisch, dass eine wirtschaftlich angemessene Vereinbarung erzielt werden könne, wie es sie bei den klassischen Papierkopien schon lange gebe. Zudem hätten Verlage bei E-Books schon solche Privatkopien ermöglicht. E-Books sind von dem Urteil jedoch nicht betroffen.
Nachtrag vom 11. September 2014, 17:23 Uhr
Das Urteil löste beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels "gemischte Reaktionen" aus. "Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass der EuGH unsere Ansicht teilt, dass Werke, die Bibliotheken an Leseterminals zugänglich machen, von den Nutzern der Bibliothek nicht auf private Speichermedien heruntergeladen oder ausgedruckt werden dürfen", sagte der Vorsitzende des Urheber- und Verlagsrechts-Ausschusses des Börsenvereins, der Göttinger Wissenschaftsverleger Jürgen Hogrefe, in einer Mitteilung.
Enttäuschend sei jedoch, dass der EuGH den Bibliotheken eine Digitalisierung von Büchern auch dann gestatten wolle, wenn Urheber und Verlag ein angemessenes Lizenzierungsangebot für das zu nutzende Werk unterbreitet hätten. "Die Schaffung attraktiver und hochwertiger Inhalte für unsere Wissensgesellschaft wird am besten und gerechtesten dadurch gewährleistet, dass Rechteinhaber und Werknutzer über deren Nutzung Lizenzverträge zu angemessenen Bedingungen abschließen", sagte Hogrefe.
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"Feuck zeigte sich optimistisch, dass eine wirtschaftlich angemessene Vereinbarung...
wobei ich es eigentlich nicht wirklich gut finde. ich habe gerade mal bei amazon...
der Zeit in der Wissen keine Frage des Geldes mehr war gab es Verlage und Bibliotheken...
dann lohnt es sich nicht mehr für die Jurastudenten bei seltenen Lehrbüchern die Seiten...