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EuGH-Urteil: Polizeilicher Zugriff auf Handydaten unter Auflagen erlaubt

Die Polizei darf auf Handydaten zugreifen - auch bei weniger schweren Straftaten. Doch der Schutz der Privatsphäre wiegt schwer.
/ Michael Linden
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Die Gebäude Montesquieu und Comenius des EuGH (Bild: Gerichtshof der Europäischen Union)
Die Gebäude Montesquieu und Comenius des EuGH Bild: Gerichtshof der Europäischen Union

Die Direktion Kommunikation des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat am 4. Oktober 2024 ein wegweisendes Urteil zur Frage des polizeilichen Zugriffs auf Mobiltelefondaten veröffentlicht. Das Urteil in der Rechtssache C-548/21(öffnet im neuen Fenster) (PDF) befasst sich mit den Grenzen und Voraussetzungen für den Zugang der Polizei zu persönlichen Daten, die auf Mobiltelefonen gespeichert sind.

Der EuGH entschied, dass der Zugriff auf Handydaten durch die Polizei nicht zwingend auf die Bekämpfung schwerer Kriminalität beschränkt sein muss. Allerdings betonte das Gericht, dass ein solcher Zugriff einer vorherigen richterlichen Genehmigung oder der Zustimmung einer unabhängigen Behörde bedürfe. Ausnahmen sind nur in hinreichend begründeten Eilfällen zulässig.

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit der Verhältnismäßigkeit bei solchen Eingriffen in die Privatsphäre. Der EuGH wies darauf hin, dass der Zugang zu allen auf einem Mobiltelefon gespeicherten Daten einen schwerwiegenden oder sogar besonders schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person darstellen könne.

Die Richter in Luxemburg betonten, dass Mobiltelefondaten oft sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben einer Person zulassen. Sie könnten Nachrichten, Fotos und den Verlauf der Internetnutzung umfassen, was potenziell sensible Informationen offenlegen könne.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Informationspflicht

Der EuGH forderte die nationalen Gesetzgeber auf, klare Richtlinien für den Zugriff auf Mobiltelefondaten zu schaffen. Dabei sollten die zu berücksichtigenden Aspekte, insbesondere die Art oder Kategorien der betreffenden Straftaten, präzise definiert werden.

Ein wichtiger Punkt des Urteils betrifft die Informationspflicht gegenüber den Betroffenen. Der EuGH stellte klar, dass betroffene Personen über die Gründe für die Genehmigung des Zugriffs auf ihre Daten informiert werden müssen. Dies soll geschehen, sobald die Übermittlung der Informationen die laufenden Ermittlungen nicht mehr beeinträchtigen kann.

Das Urteil bezieht sich nicht nur auf erfolgreiche Zugriffe, sondern auch auf Versuche, Zugang zu den Daten zu erlangen. Dies erweitert den Schutzbereich der betroffenen Personen erheblich.

Drogenfahnder knackten Smartphone

Anlass für das Urteil war ein Fall aus Österreich, bei dem die Polizei versuchte, ein im Rahmen einer Drogenfahndung sichergestelltes Mobiltelefon zu entsperren. Dies geschah ohne richterliche Genehmigung und ohne den Besitzer zu informieren.

Der EuGH sieht in diesem Vorgehen einen möglichen Verstoß gegen EU-Recht zum Schutz personenbezogener Daten. Das Gericht betonte, dass eine vorherige Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle erforderlich sei, um einen gerechten Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Strafverfolgung und den Grundrechten auf Privatsphäre und Datenschutz zu gewährleisten.

Die Entscheidung des EuGH dürfte weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Strafverfolgungsbehörden in der gesamten Europäischen Union haben. Die Mitgliedstaaten müssen nun ihre nationalen Gesetze überprüfen und gegebenenfalls anpassen.


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