EuGH-Urteil: IT-Wirtschaft kritisiert Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen Arbeitgeber künftig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch erfassen. IT-Verbände sehen darin eine Gefahr für flexible Arbeitszeitkonzepte.

Verbände der IT-Wirtschaft warnen vor den weitreichenden Folgen eines Gerichtsurteils zur Arbeitszeiterfassung. Hintergrund ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019, wonach die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, "ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann" (Rechtssache C-55/18). Eine solche systematische Erfassung werde "unzählige Arbeitnehmer und Arbeitgeber ins Unrecht setzen", teilte der IT-Branchenverband Bitkom mit. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Startup-Verband.
Die Luxemburger Richter wiesen laut Pressemitteilung in ihrer Urteilsbegründung (PDF) auf "die Bedeutung des Grundrechts eines jeden Arbeitnehmers auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten hin". Dieses Recht werde in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgt und sei durch die Arbeitszeitrichtlinie von 2003 weiter präzisiert worden. Die Mitgliedstaaten müssten daher dafür sorgen, "dass den Arbeitnehmern die ihnen verliehenen Rechte zugutekommen, ohne dass die zur Sicherstellung der Umsetzung der Richtlinie gewählten konkreten Modalitäten diese Rechte inhaltlich aushöhlen dürfen". Ohne ein solches System sei es für die Arbeitnehmer "äußerst schwierig oder gar praktisch unmöglich", ihre Rechte durchzusetzen.
Bitkom fordert neues Arbeitszeitrecht
Der EuGH fordert die EU-Mitgliedstaaten nun dazu auf, "die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere der von ihm anzunehmenden Form, zu bestimmen und dabei gegebenenfalls den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung zu tragen".
Nach Ansicht des Bitkom hat das Urteil "weitreichende Konsequenzen für die Arbeitswelt". Denn der klassische Acht-Stunden-Tag existiere nur noch auf dem Papier. Wer flexibel arbeite, um Familie und Arbeitsplatz miteinander zu vereinbaren, verstoße schnell gegen das Arbeitszeitgesetz, wonach zwischen zwei Arbeitstagen eine Ruhezeit von elf Stunden liegen müsse. Das Urteil mache deutlich, "dass unser Arbeitsrecht zwingend modernisiert und in das digitale Zeitalter überführt werden muss", sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Die tägliche sollte auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt und die elfstündige Mindestruhezeit überprüft werden.
Dem Deutschen Startup-Verband zufolge schränkt das EuGH-Urteil die Flexibilität der Arbeitnehmer ein. "Insbesondere Startups arbeiten nicht nach der Stechuhr wie vor 100 Jahren", sagte der Vorsitzende Florian Nöll der Nachrichtenagentur dpa. Manche Mitarbeiter etwa müssten ihre Kinder um 15:00 Uhr aus Kitas abholen, an anderen Tagen arbeiteten sie dafür länger. "Die Flexibilität, die Arbeitnehmer selbst einfordern, wird durch solche Vorgaben eingeschränkt." Zudem erhöhe die Vorgabe die Bürokratiebelastung für Unternehmen zusätzlich. "Das trägt nicht dazu bei, dass europäische Startups erfolgreicher werden", sagte Nöll.
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Hier scheint es um den Sonderfall eines Tendenzbetriebes zu gehen. Da kann man nur sagen...
Sorry, war ein paar Tage off. Ich halte es immer nur stichprobenartig nach. Soweit ich...
Also, da habe ich auch was zu sagen.... Ich muss ehrlich sein, heutzutage gibt es immer...
Sorry, ich verstehe nicht, wie man auf die Arbeitsgerichte schimpfen kann, wenn der...