EuGH-Generalanwalt: Deutsche Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig

Die derzeit ausgesetzte deutsche Vorratsdatenspeicherung ist laut dem Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) rechtswidrig. In einem Gutachten (PDF)(öffnet im neuen Fenster) verweist er auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichts, wonach "die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten im Bereich der elektronischen Kommunikation nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit erlaubt ist."
Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen der Bundesnetzagentur und den Internetprovidern Telekom und Spacenet. Die Unternehmen wehren sich gegen die Pflicht zur Speicherung von Kommunikationsdaten ihrer Kunden. In Folge des Verfahrens wurde die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt.
Sánchez-Bordona vertritt die Auffassung, dass alle dem Gericht vorgelegten Fragen bereits in der vergangenen Rechtsprechung des Gerichts beantwortet wurden oder sich unschwer aus diesen ableiten lassen würden. Eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung, die sich auf eine große Anzahl von Verkehrs- und Standortdaten erstrecke, sei rechtswidrig. Eine zeitliche Begrenzung heile dies nicht.
Vorratsdatenspeicherung ist schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte
Abgesehen von einem gerechtfertigten Fall der Verteidigung der nationalen Sicherheit müsse die Speicherung von elektronischer Kommunikation selektiv erfolgen, betont der Generalanwalt. Der "Zugang zu diesen Daten [stellt] einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Familien- und Privatleben sowie den Schutz personenbezogener Daten" dar.
Der EuGH ist an die Gutachten zwar nicht gebunden, folgt ihnen jedoch in den meisten Fällen. Ein endgültiges Urteil ist in den nächsten Monaten zu erwarten.
Erst im Oktober 2020 hatte der EuGH ein Verbot einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung bekräftigt . Bei einer schweren Gefahr für die nationale Sicherheit sei eine zeitlich begrenzte Speicherung jedoch möglich, so das Gericht. Ausnahmen für "gezielte" und "beschleunigte" Speicherungen seien ebenfalls möglich. Die Entscheidung im vergangenen Jahr bezog sich auf Regelungen in EU-Ländern wie Frankreich und Belgien sowie im früheren Mitgliedstaat Großbritannien, die eine anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten vorsehen.



