EU-Urheberrechtsreform: Das "absolute Unverständnis" des Axel Voss
Obwohl er seit anderthalb Jahren über die EU-Urheberrechtsreform verhandelt, hat der CDU-Politiker Axel Voss noch immer zentrale Punkte in der Debatte nicht verstanden. Wie soll das EU-Parlament auf Basis seiner Erläuterungen eine Entscheidung zu Leistungsschutzrecht und Uploadfiltern treffen?

Wie viel Sachkenntnis braucht ein Politiker, der für mehr als 500 Millionen Menschen über eine Reform verhandelt, die die Nutzung des Internet in wichtigen Punkten umkrempeln könnte? Im Falle des CDU-Politikers Axel Voss, Berichterstatter des Europaparlaments bei der Urheberrechtsreform, ist am Dienstag deutlich geworden, dass er zentrale Punkte seines eigenen Verhandlungsergebnisses nicht verstanden hat. So verglich er den Einsatz von Uploadfiltern mit Hygienevorschriften in Restaurants und erteilte allen Privatnutzern die Erlaubnis, komplette Zeitungsartikel auf Plattformen hochzuladen.
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Im federführenden Rechtsausschuss versuchte der Europaabgeordnete, den in der vergangenen Woche vereinbarten Kompromiss zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger und zu Uploadfiltern zu erläutern (Video ab 10:54:00). Auf die Frage der SPD-Abgeordneten Sylvia-Yvonne Kaufmann, welche Auswirkungen das Leistungsschutzrecht auf Privatpersonen haben werde, antwortete Voss: "Der Bürger darf Presseartikel privat nutzen und kann die auch entsprechend hochladen. Auch auf Plattformen hochladen. Das heißt, die Plattform ist dann nicht verpflichtet, hierfür eine Lizenz zu erheben, weil es autorisierte Hochladung ist. Wir als Gesetzgeber geben dem Einzelnen die Möglichkeit, diesen Artikel eben zu privaten Zwecken entsprechend auch hochzuladen."
Dabei war Voss nicht klar, ob Kaufmann dies in ihrer Funktion als Abgeordnete tun dürfe und ergänzte verunsichert: "Den Link dazu kannst du immer machen, nur ob du den ganzen Text dort sozusagen abbilden kannst, ohne dass der Leser nachher auch zur Webseite der Presseverlage geleitet wird, das müsste man in der Form eines Abgeordneten, ist das vielleicht ... als Nichtabgeordneter darfst du das tun. Da ist die private Nutzung dort erlaubt."
Verlage würden auf die Barrikaden gehen
Träfe das zu, könnte jeder private Nutzer künftig komplette Zeitungsartikel auf seinem Facebook-Profil oder per Foto auf Twitter und Instagram veröffentlichen, ohne dass Urheber das verhindern könnten und Medien ein Entgelt dafür enthielten. "Das ist blanker Unsinn und zeugt vom absoluten Unverständnis dieser Person", kommentierte der Urheberrechtsexperte Till Kreutzer von Irigths.info diese Äußerungen zum Leistungsschutzrecht.
Diese Äußerungen von Voss sind genauso falsch wie frühere Behauptungen, wonach Plattformen wie Google und Facebook "Artikel, Reportagen oder Kolumnen auf ihre Seiten heben", um damit "im großen Stil die Werbung der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage" abzugreifen.
Anders als von Zeitungsverlegern wie Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner häufig behauptet, war die vollständige Veröffentlichung von Artikeln jedoch nie ein Problem. Nun hat Voss aber genau das, was die Verlage fälschlicherweise angeprangert haben, en passant allen privaten Nutzern erlaubt. Wäre das tatsächlich der Fall, die Zeitungsverlage würden auf die Barrikaden steigen. Sogar zu Recht, denn damit wäre das Urheberrecht für Zeitungsartikel im Internet ausgehebelt. Der Zeitungsverlegerverband BDZV lehnte eine Stellungnahme zu den Erläuterungen des Gesetzgebers Axel Voss mit dem Hinweis ab: "Zunächst muss der Gesetzgeber seine Gesetze erläutern."
Vorwurf der Desinformation
Wie kann es sein, dass Voss anderthalb Jahre nach der Übernahme des Verhandlungsmandats offenbar immer noch nicht den Unterschied zwischen Leistungsschutzrechten und dem Urheberrecht verstanden hat? Wie kann er behaupten, in der Debatte würden "Desinformationen gestreut", wenn er selbst gar nicht verstanden hat, worum es geht?
Deutlich wurde dies auch bei der Frage, welche Plattformen überhaupt von Artikel 13 betroffen sind. Hierbei sagte Voss: "Uns geht es im Grunde immer nur um die Plattformen, die genau wissen, dass sie urheberrechtlich geschützte Materialien auf ihrer Plattform haben. Und das nicht per Zufall irgendwie haben, weil mal irgendjemand irgendwas hochgeladen hat. Sondern nur, wo es auch noch bestimmte Mengen von urheberrechtlich geschützten Werken gibt." Eine Definition, die beispielsweise exakt auf Wikipedia zutrifft, wo Autoren ihre urheberrechtlich geschützten Artikel oder Fotos unter einer CC-Lizenz veröffentlichen.
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Müssen alle Kochrezepte in einen Uploadfilter? |
Einmal mehr zeigt sich, dass völlig unfähige und leicht manipulierbare Politiker in...
mehr fällt mir dazu nicht ein.
verweist in seinem Podcast auf diesen Artikel und lobt golem.de nebenbei allgemein...
Ich denke mal es wird nicht bei Google News bleiben! Zig europäische Firmen und Seiten...