EU-Gerichtshof: Kein Urheberrecht für Umsetzung von Programmfunktionen

Im Verfahren zwischen den Firmen SAS und WPL hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass die Art der Umsetzung einer bestimmten Funktion eines Programms nicht unter das Urheberrecht fällt. Ebenso wird nicht geschützt, welche Programmiersprache verwendet wird.

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Blick auf den kleinen Sitzungssaal des EuGH
Blick auf den kleinen Sitzungssaal des EuGH (Bild: G. Fessy/Gerichtshof der Europäischen Union)

Ein Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH) beschäftigt sich mit der Art, wie eine bestimmte Funktion eines Programms zum Laufen gebracht wird. Das war auch der Kern der Klage, die das Unternehmen SAS gegen die Firma WPL angestrengt hatte. Der Spruch legt nicht fest, dass eine Programmiersprache oder ein Algorithmus nicht schützenwert wäre.

Die Software von SAS lässt sich durch eine Skriptsprache, ebenfalls SAS genannt, funktional erweitern. Das Unternehmen WPL hatte nun ein Programm entwickelt, das SAS-Skripts ohne SAS-Software ausführen konnte. Dagegen hatte SAS geklagt, weil es seine Rechte verletzt sah und der Meinung war, die eigene Skriptsprache falle unter das Urheberrecht.

Das hat der EuGH nun verneint und unter anderem darauf hingewiesen, dass unter bestimmten Bedingungen auch die Untersuchung der Funktionsweise eines Programms wie durch Dekompilieren zulässig ist. Das gilt insbesondere dann, wenn die Kompatibilität mit einem anderen Programm hergestellt werden soll, was hier der Fall war. Das Gericht folgte damit einem ausführlichen Antrag des EU-Anwalts Yves Bot.

Auch Dekompilieren kann erlaubt sein

Die Richter zitierten dazu aus der EU-Richtlinie 91/250: "Die zur Verwendung einer Programmkopie berechtigte Person kann, ohne die Genehmigung des Rechtsinhabers einholen zu müssen, das Funktionieren dieses Programms beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn sie dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms tut, zu denen sie berechtigt ist."

Bei der Art der Ausführung von SAS-Skripts handelt es sich nach der Überzeugung des Gerichts um eine Idee, auf die mehrere Personen unabhängig voneinander kommen können. Zwar ist damit nicht entschieden, ob die Programmiersprache selbst, also beispielsweise deren Struktur oder die Syntax, schützenswert sind - die Art, wie auf Basis des Codes Funktionen auf dem Rechner ausgeführt werden, ist es jedenfalls nicht.

In der Hauptsache hat der EuGH wie üblich nicht entschieden, sein Spruch ist lediglich eine Interpretation der EU-Richtlinien. Ein Urteil müssen nun die zuständigen nationalen Gerichte fällen.

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FaLLoC 04. Mai 2012

Keine sorge. Der Buchautor bekommt für "...er sprang von der Brücke..." auch kein...

FaLLoC 04. Mai 2012

Jain. Artikel 19 EUV: (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den...

Baron Münchhausen. 04. Mai 2012

Man verbietet ja auch nicht das Interpretieren von Büchern oder eBooks. Ich kann ein...

Uzzi 04. Mai 2012

Da der EuGH das Vorabentscheidungsersuchen nicht zurückgewiesen hat, teilt er wohl Deine...



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