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EU-Digitalkommissar: Von der Leyen wirft Breton aus der Kommission

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wollte offenbar keine weitere Amtszeit für Digitalkommissar Breton. Dieser tritt nun empört zurück.
Aktualisiert am , veröffentlicht am / Friedhelm Greis , dpa
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EU-Digitalkommissar Thierry Breton hat seinen Rücktritt erklärt. (Bild: Yves  Herman/Reuters)
EU-Digitalkommissar Thierry Breton hat seinen Rücktritt erklärt. Bild: Yves Herman/Reuters

Der französische EU-Digitalkommissar Thierry Breton hat überraschend seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Als Grund führte er in einem auf der Plattform X veröffentlichten Brief(öffnet im neuen Fenster) Differenzen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. Die Deutsche befindet sich in der Endphase der Zusammenstellung der Kommission für ihre zweite Amtszeit als Leiterin der Brüsseler Behörde . Der frühere Chef des IT-Dienstleisters Atos war bisher Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen und damit auch für Digitalthemen zuständig.

Breton warf von der Leyen in dem Brief vor, dass sie Frankreich vor einigen Tagen dazu aufgefordert habe, seinen Namen für die neue Kommission zurückzuziehen - und das aus persönlichen Gründen, die sie nicht direkt mit ihm besprochen habe. Als Kompensation habe sie Frankreich einen angeblich wichtigeren Zuständigkeitsbereich in der neuen Kommission angeboten. Ein neuer Personalvorschlag werde dieser daher unterbreitet.

Der Franzose schrieb weiter, dass er "angesichts dieser jüngsten Entwicklungen, die einen weiteren Beweis für eine fragwürdige Regierungsführung darstellen" , mit sofortiger Wirkung als EU-Kommissar zurücktreten müsse.

Breton galt als gesetzt

Von der Leyens neue Kommission soll eigentlich in dieser Woche im EU-Parlament in Straßburg vorgestellt werden. Breton galt als gesetzt - und es wurde erwartet, dass er wieder ein wichtiges Ressort erhalten würde. Allerdings gab es in den vergangenen Wochen Berichte, dass die EU-Mitgliedstaaten zu wenig Kandidatinnen für die Kommissionsposten nominiert hätten. Von der Leyen strebte an, das Gremium geschlechterparitätisch zu besetzen(öffnet im neuen Fenster) .

Der Führung der EU-Kommission sind rund 32.000 Mitarbeiter unterstellt, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen.

Breton sorgte immer wieder für Kritik

Bei der Ernennung des früheren französischen Wirtschaftsministers Breton zum Binnenmarktkommissar im Jahr 2019 hatte es bereits Ärger zwischen von der Leyen und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gegeben. Auf den Rückzug Bretons gab es zunächst keine Reaktion aus dem Élyséepalast in Paris. Auch von der Leyen äußerte sich noch nicht.

In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten dürfte der Abgang Bretons nicht mit besonders großem Bedauern gesehen werden. Regierungsvertreter hatten dem Franzosen in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, einseitig die wirtschaftspolitischen Interessen seines Heimatlandes zu vertreten, obwohl Kommissionsvertreter eigentlich unabhängig von den nationalen Interessen einzelner Regierungen agieren sollen.

Zudem wurde etwa kritisch gesehen, dass sich Breton zuletzt unabgesprochen mit dem US-amerikanischen Multimilliardär Elon Musk anlegte. So wies Breton den X-Eigentümer Mitte August 2024 auf die Vorgaben des Digitale-Dienste-Gesetzes (DSA) hin(öffnet im neuen Fenster) , die der Kurznachrichtendienst erfüllen müsse. Das betreffe auch die Bekämpfung von Desinformation. "Ein größeres Publikum bedeutet auch eine größere Verantwortung" , schrieb Breton an Musk. Kritiker warfen Breton vor, die Meinungsfreiheit auf X einschränken zu wollen.

Nachtrag vom 16. September 2024, 12:28 Uhr

Einem Bericht von Le Monde zufolge(öffnet im neuen Fenster) gab der französische Präsidentenpalast den Nachfolger Bretons bekannt. Es handele sich um den bisherigen Außenminister Stéphane Séjourné. Dieser solle sich auf die Herausforderungen der industriellen und technologischen Souveränität und der europäischen Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren, berichtete die französische Tageszeitung.

Als Grund für die Animositäten zwischen Breton und von der Leyen wird in Medien der Streit um die geplante Ernennung des CDU-Politikers Markus Pieper zum Mittelstandsbeauftragten der EU-Kommission genannt. Diese Ernennung soll von Breton mit Verweis auf Vetternwirtschaft torpediert und am Ende verhindert worden sein. Pieper erklärte im April 2024 zu seinem Amtsverzicht(öffnet im neuen Fenster) : "So, wie Breton meinen Amtsantritt schon im Vorfeld innerhalb der Kommission boykottiert, sehe ich zur Zeit keine Möglichkeit, die mit dem Amt verbundenen berechtigten Erwartungen zu erfüllen."


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