EU-Binnenmarkt: Verbraucher erhalten Recht auf Software-Updates
In der EU gelten künftig gleiche Rechte beim Kauf im Internet oder im Laden. Verbraucher erhalten zudem mehr Ansprüche bei defekten Produkten oder Software-Fehlern bei smarten Geräten. Die Nachweispflicht geht für ein Jahr auf den Verkäufer über.

Die EU will die Rechte von Verbrauchern beim Kauf von Produkten deutlich verbessern. Wie die EU-Kommission und das Europaparlament mitteilten, sollen die Ansprüche an Verkäufer und Hersteller künftig unabhängig davon gelten, ob ein Produkt im Internet oder im Laden gekauft wurde. Zudem dürften Käufer künftig entscheiden, ob sie ein defektes Produkt reparieren oder kostenlos umtauschen lassen. Produkte mit "digitalen Elementen" sind ebenfalls von der EU-Richtlinie erfasst.
Der Mitteilung des Europaparlaments zufolge erhalten Verbraucher künftig unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf sofortige Preissenkung oder Vertragsauflösung mit Kaufpreisrückgabe. Beispielsweise, "wenn ein Problem weiterhin auftritt, obwohl der Händler versucht hat, das Problem zu beheben, oder die Reparatur nicht innerhalb einer 'angemessenen Frist' vorgenommen wird oder der Mangel schwerwiegender Natur ist". Darüber hinaus steht der Händler in der Pflicht, wenn der Mangel innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des Produkts beim Verbraucher auftritt. Die einzelnen EU-Staaten können diese Frist noch verlängern.
Keine Nachweispflicht erforderlich
Dabei muss der Käufer innerhalb eines Zeitraums von ein bis zwei Jahren nach der Lieferung nicht nachweisen, dass das Produkt schon bei der Lieferung defekt war. Die Beweislast werde zugunsten des Verbrauchers umgekehrt. "Wenn ein Verbraucher beispielsweise feststellt, dass ein Produkt, das er vor mehr als sechs Monaten gekauft hat, defekt ist, und den Händler ersucht, das Produkt zu reparieren oder zu ersetzen, kann er/sie aufgefordert werden, den Nachweis zu erbringen, dass dieser Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung bestand. Nach diesen Vorschriften könnte der Verbraucher während eines Zeitraums von einem oder zwei Jahren eine Nacherfüllung verlangen, ohne nachweisen zu müssen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung bestand", schreibt das Parlament.
Bislang liegt diese Frist in der Vorgängerrichtlinie von 1999 bei sechs Monaten, wenn dies "mit der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit" vereinbar ist. Der Verbraucher muss jedoch den Fehler eindeutig nachweisen können.
Der Mitteilung zufolge werden Waren mit digitalen Komponenten wie ein "smarter" Kühlschrank, Smartphones, Fernseher oder vernetzte Uhren ebenfalls von den neuen Regelungen erfasst. "Verbraucher, die diese Produkte kaufen, haben Anspruch auf die erforderlichen Aktualisierungen während eines Zeitraums, den der Verbraucher je nach Art und Zweck der Waren und digitalen Elemente angemessen erwarten kann", schreibt das Parlament.
Was hinter den "vernünftigen Erwartungen" ("reasonable expectations") der Verbraucher bei einem bestimmten Produkt steckt, müssten im Zweifel wohl die Gerichte klären. In Erwägungsgrund 18 des Kommissionsvorschlags heißt es, der Standard für "Vernünftigkeit" beziehungsweise "Angemessenheit" der Erwartungen "sollte objektiv unter Berücksichtigung der Art und des Zwecks des Vertrags, der Umstände des Einzelfalls und der Gebräuche und Gepflogenheiten der Vertragsparteien bestimmt werden".
Wortlaut liegt noch nicht vor
Nach Ansicht der EU-Kommission wird mit der Einigung vom Dienstag und der Einigung zur EU-Richtlinie über die Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen der Schutz der Verbraucher in der gesamten EU verbessert. "Wenn beispielsweise digitale Inhalte (Musik, Software usw.) fehlerhaft sind, haben die Verbraucher jetzt Anspruch auf Entschädigung", hieß es in der Mitteilung. Die Unternehmen würden von mehr Rechtssicherheit und einem fairen Wettbewerb profitieren.
Die EU-Kommission hatte ihre Vorschläge für eine Richtlinie "über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren" im Dezember 2015 vorgestellt. Ende Oktober 2017 hatte sie den Entwurf aktualisiert. Damit hatte sie ihren Vorschlag auf den klassischen Einzelhandel ausgeweitet. Zudem hatte sie im Dezember 2015 die Richtlinie zu Online-Abos präsentiert.
Der genaue Wortlaut der am Dienstag und in der vergangenen Woche getroffenen Einigungen durch die Verhandlungsführer von Parlament, Kommission und Ministerrat liegt noch nicht vor. Dem endgültigen Text müssen noch das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Dann müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie noch in nationales Recht umsetzen. Eine Verabschiedung beider Richtlinien vor den Europawahlen im Mai 2019 wird angestrebt.
Einigung zu Online-Abos
Bereits in der Vorwoche hatten sich Unterhändler von Parlament, Kommission und Mitgliedstaaten auf bessere Verbraucherrechte bei der Nutzung digitaler Inhalte geeinigt. Das betreffe beispielsweise heruntergeladene Musiktitel, Apps, Spiele oder Clouddienste, hatte das EU-Parlament mitgeteilt. Diese Rechte beträfen sowohl Verbraucher, die für die Nutzung der Dienste ihre Daten bereitstellten, als auch zahlende Verbraucher.
Der Einigung zufolge haben Verbraucher das Recht, bei nicht behebbaren Fehlern von Software-Produkten und Dienstleistungen innerhalb von 14 Tagen eine Preisreduzierung oder volle Erstattung zu verlangen. Trete ein Defekt innerhalb eines Jahres nach Lieferdatum auf, könne davon ausgegangen werden, dass er von Anfang an vorgelegen habe, so dass der Käufer von einer Nachweispflicht entbunden werde. Bei einer fortwährenden Lieferung gelte das für die gesamte Vertragslaufzeit. Zudem dürfe der Händler bei Digitalabos die Inhalte nur dann ändern, wenn dies zuvor vertraglich vereinbart wurde, der Nutzer ausreichend im Voraus informiert wurde und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, den Vertrag innerhalb von 30 Tagen zu kündigen.
Nachtrag vom 30. Januar 2019, 14:36 Uhr
Wir haben die letzten beiden Absätze ergänzt und in den vorangehenden Absätzen einige Details eingefügt. Dies betrifft unter anderem den Hinweis, dass die Beweislastumkehr bereits jetzt im EU-Recht verankert ist.
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Nein. Die Gewährleistung funktioniert schon heute nicht so. Der Verkäufer garantiert für...
Nicht ganz. Wenn "schwerwiegende" Mängel vor Ende der 2-Jahresfrist bekannt werden...
Wobei der Beweis bei defekter Software ja schon aufgrund der Changelogs relativ trivial...
Warum? Machst du das heute so? Weil auch heute musst du ja in den 6 Monaten als Händler...