Erste Eindrücke von Alien Romulus: Düster, grimmig, großartig

20th Century Studios hat am 18. Juni 2024 zu einer Footage-Präsentation von Alien: Romulus in München eingeladen. Wir sind dabei gewesen - und absolut begeistert von dem, was wir gesehen haben. Regisseur Fede Alvarez hat etwa eine Viertelstunde aus dem Film vorgestellt. Das Material sieht großartig aus, wie ein Hybride aus Alien und Aliens, aber mit eigenem Flair.
Alvarez erklärte, dass er die präsentierten Szenen mit Bedacht gewählt habe. Er sagte auch, dass sie zum Teil so gekürzt sind, dass sie einen Eindruck des Films verleihen, aber nicht alles offenlegen.
Die Präsentation begann mit einem Raumschiff, das sich durchs All schiebt, mit einem beeindruckenden Sonnenaufgang rund um eine Welt. Die Protagonisten finden eine verlassene Weltraumstation, die nächste Szene zeigt sie in einem Teilbereich der Station, der knietief unter Wasser steht. Man sieht, wie Facehugger(öffnet im neuen Fenster) schlüpfen und ins Wasser gleiten.
Was folgt, ist eine große Sequenz, in der sich die Menschen der Kreaturen erwehren, und das so effektiv, wie man das in der Reihe noch nie gesehen hat. Man fühlt sich an Ripleys Begegnung mit den Facehuggern in Aliens erinnert, aber dort kämpfte sie nicht gegen die Kreaturen, sondern versuchte nur, zu entkommen. Hier wird gekämpft - bis es zu viele sind.
Es ist ein toller Moment, wenn Dutzende Facehugger hinter den Menschen herjagen wie in einem Spinnenhorrorfilm oder bei Starship Troopers . Eine weitere Sequenz zeigt, wie ein Alien aus jemandem hervorbricht - eigentlich ein bekanntes Bild der Reihe, aber hier anders dargestellt. Denn wo etwa im Originalfilm das Alien mit Wucht die Brustknochen durchstieß, tut sich die Kreatur hier schwerer.
Zu sehen ist zudem eine Weltraumsequenz, in der das Schiff von der Station ablegt, aber wegen des Zustands der Pilotin zu schlingern beginnt, bis es zum Unfall kommt. Danach folgten weitere Schnipsel aus dem Film, die einen Eindruck von der Stimmung geben: düster, grimmig und actionreich. Ein Film, der tonal und wirkungsmäßig das Beste von Alien und Aliens in sich vereint.
Praktische Effekte
Nach dem Screening stand Fede Alvarez für ein Q&A zur Verfügung. Dabei erzählte er, dass er möglichst auf echte Effekte, echte Sets und Animatronics für die Kreaturen gesetzt hat, weil das dem Film mehr Realismus verleihe. CGI gibt es natürlich auch, wie die ähnlich einer Flut über die Menschen hereinbrechenden Facehugger, aber auch hier werden beide Techniken vermengt. Die Xenomorphen sind mehrheitlich Animatronics, die von dem Effektteam gestaltet wurden, die schon seit Aliens und Alien 3 an der Reihe gearbeitet haben.
Auf die Frage, ob Alien: Romulus eine Verbindung zur kommenden Alien-Serie von Noah Hawley hat, erklärte Alvarez, dass das nicht so sei, schon alleine, weil die Serie lange vor dem ersten Kinofilm spielt. Alvarez stellte darüber hinaus klar, dass er alle Filme als Kanon ansieht - anders als Hawley, der Prometheus und Covenant negiert.
Eine Version in 70er-Jahre-Optik
Alvarez vertritt die Meinung, dass die Zuschauer mit einem Film arbeiten müssen, dass sie nehmen müssen, was da ist, und sich Diskrepanzen selbst erklären müssen. Er hatte dafür ein gutes Beispiel: Einige Fans bemängelten, dass die Technik etwa der Raumschiffe von späteren Filmen besser aussah als bei Ridley Scotts Original.
Alvarez gab zu bedenken, dass wenn er losziehen und in einem Waldstück einen uralten Lastwagen filmen würde, und dieses Material alles wäre, was man kennt, würde man auch glauben, dass die ganze Welt so aussieht. Man würde nicht wissen, dass es weit modernere Gefährte gibt. So verhalte es sich auch bei der Nostromo im Originalfilm - sie sei einfach ein uraltes Frachtschiff.
Interessant ist auch, dass Alvarez eine weitere Version des Films gemacht hat, die vom Color-Grading, aber auch dem Sound dem Originalfilm von Ridley Scott angepasst ist. Der Film sehe in dieser Fassung wie eine Produktion aus den späten 70er-Jahren aus. Seine Hoffnung ist, diese Fassung später einmal im Heimkino präsentieren zu können, so wie George Miller seinen Mad Max: Fury Road auf Blu-ray in Schwarzweiß veröffentlichen konnte.
Nach der Präsentation stand uns Fede Alvarez für ein Interview zur Verfügung.
''Ich setze mich selbst sehr unter Druck''
Golem.de: War es einschüchternd, in die Fußstapfen von Ridley Scott, James Cameron, David Fincher und Jean-Pierre Jeunet zu treten?
Fede Alvarez: In gewisser Weise schon. Ich selbst schüchtere mich aber noch mehr ein, weil ich hohe Ansprüche an mich stelle und letztlich nie zufrieden bin. Wenn ich meinen Film sehe, sehe ich auch, was ich hätte anders machen können. Ich setze mich selbst sehr unter Druck. Mir ist wichtig, einen Film zu machen, der Leute erreicht. Aber: Ich will nicht unbedingt einen, der jedem gefällt. Ein Film, der jedem gefällt, läuft häufig Gefahr, nur Mittelmaß zu sein. Ich möchte einen Film, der manchen nicht gefällt, von anderen jedoch geliebt wird.
Golem.de: Sie sagen, dass jeder Teil der Reihe einem eigenen Genre folgte - der erste Teil war Horror, der zweite Action. Als Sie sich daran machten, Ihre Geschichte zu entwickeln, welches Genre schwebte Ihnen vor?
Fede Alvarez: Ich wollte zurück zum Horror des ersten Teils. Ich habe viel mit Ridley Scott gesprochen, der mir erzählte, dass er das Original als B-Film angegangen sei, der mit einem A-Budget umgesetzt wurde. Was er dann erschuf, war ein Meisterwerk. Aber man kann nicht mit dem Anspruch loslegen, ein Meisterwerk zu erschaffen, man kann nur versuchen, es so gut wie möglich zu machen.
Golem.de: Sie haben sehr stark auf echte Sets, echte Miniaturen, echte Animatronics gesetzt. War es schwer, das Studio davon zu überzeugen, nicht nur auf CGI zu setzen?
Fede Alvarez: Es war unglaublich schwer. Dabei ging es dem Studio nicht darum, Geld zu sparen, denn CGI ist meistens sogar teurer. Praktische Effekte sind aber fast so etwas wie eine verlorene Kunstform, weil alle nur noch im Rahmen dessen denken, was mit CGI möglich ist. Wir haben mit ILM und Weta zusammengearbeitet, die echte CGI-Meister geworden sind; auch für sie war es schwer, zu den praktischen Effekten zurückzukehren.
Von einer Miniatur zu einer CGI-Sequenz zu kommen, ist unglaublich schwer, weil beim computergenerierten Bild ein Detailreichtum geschaffen werden muss, der bei der Miniatur sofort gegeben ist. Wenn praktische Effekte funktionieren, sieht nichts besser aus. Es ist aber nicht nur so, dass ich selbst lieber in echten Sets drehe - auch die Schauspieler profitieren davon.
Natürlich können sie auch vor einem Green Screen spielen, aber wenn das animatronische Alien direkt vor einem steht, fühlt sich das auch für den Schauspieler echter an. Wenn das schnappende Maul auf einen zukommt, muss man das fast nicht mehr spielen. Das ist gruselig, weil man ja auch nie weiß, ob es einen nicht doch erwischen könnte, was dann wehtun würde.
Golem.de: Ist es für Sie schwieriger, sich einen Film mit starker CGI-Nutzung anzusehen?
Fede Alvarez: Absolut. Das bringt mich oft aus dem Film raus, es fehlt eine gewisse Form von Realismus. Die Effekte sind schön - etwa bei den Superheldenfilmen. Aber ich habe nie das Gefühl, dass sie die Gravitas des Echten und Natürlichen haben. Ridley Scott sagte einmal zu mir, dass ihn Science-Fiction nicht interessierte, bis er 2001: Odyssee im Weltall gesehen habe, weil dieser Film die Science-Fiction für ihn echt und greifbar gemacht habe. Das sollte jeder Film versuchen. Manchen gelingt es besser als anderen. Ein Film wie Dune: Part Two sieht unglaublich realistisch aus. Er funktioniert - für mich zumindest - auf einem ganz anderen Level als etwa die MCU-Filme.
Golem.de: Der Xenomorph in Ihrem Film sieht ein bisschen anders aus - Stichwort: Zähne.
Fede Alvarez: Wir haben versucht, zum Design des Originalfilms zurückzukehren. Vielleicht sind es ein paar Zähne mehr. Die Chrom-Zähne sind Teil des originalen Giger-Designs. Wir wollten den biomechanischen Aspekt der Kreaturen treffen. Es gibt ein paar Modifikationen, aber wir sind mit der Kreatur weit näher am originalen Film als alle anderen.



