Island gesperrt, Norwegen darf weitermachen

Schon bei unserer ersten Recherche erhielten wir Hinweise, dass in Norwegen ähnliche Probleme mit Doppelzählungen existieren. So teilte uns Alcoa mit, dass man bei den norwegischen Aluminiumfabriken genauso vorgehe wie in Island.

In Deutschland fand kürzlich eine Tagung des Herkunftsnachweisregisters statt, das hierzulande vom Umweltbundesamt verwaltet wird. Dort kündigte Elke Mohrbach, die Leiterin des deutschen Herkunftsnachweisregisters, die Überprüfung der isländischen Praxis bereits an. Kurz darauf verkündete die AIB ihre Entscheidung.

Auf der Konferenz meldete sich ein Vertreter des österreichischen Stromkonzerns Verbund und fragte, warum man hier nur Island prüfe und nicht ebenfalls Norwegen. Verbund ließ demnach bereits vor mehreren Jahren ein Rechtsgutachten erstellen, in dem die Situation in Norwegen unter die Lupe genommen wurde. Verbund gehört zu 51 Prozent dem Staat Österreich.

Rechtsgutachten sieht ähnliche Probleme in Norwegen

Das Gutachten, das von der auf Energiefragen spezialisierten Anwaltskanzlei Becker Büttner Held erstellt wurde, kam zu dem Schluss, dass in Norwegen Probleme mit Doppelzählungen von Ökostrom bestehen, die ganz ähnlich zu denen in Island sind. Demnach wird auch dort manchmal derselbe Ökostrom in Geschäftsberichten von Unternehmen verrechnet und gleichzeitig in Form von Herkunftsnachweisen exportiert.

Verbund stellte das Gutachten dem Umweltbundesamt zur Verfügung, das daraufhin die Sache prüfte. Dort kam man zu dem Schluss, dass das Problem vor allem im Greenhouse Gas Protocol zu suchen sei.

Dabei handelt es sich um einen weltweit genutzten Standard für die Erfassung von Emissionen von Unternehmen. Das Greenhouse Gas Protocol sieht vor, dass sowohl die marktbasierte als auch die ortsbasierte Erfassung von Emissionen aus der Stromerzeugung durchgeführt werden soll. Welche der beiden Methoden die Firmen dann allerdings in ihrer Kommunikation verwenden, bleibt ihnen überlassen. Auch Alcoa nutzt das Greenhouse Gas Protocol und beruft sich darauf, dass man die ortsbasierte Methode verwende.

Das Umweltbundesamt kommunizierte hierzu mehrfach mit dem für das Greenhouse Gas Protocol zuständigen World Resource Institute, was aber keine unmittelbaren Folgen hatte.

Der entsprechende Teil des Greenhouse Gas Protocol soll demnächst überarbeitet werden, hierzu läuft ein Review-Prozess. Das Ergebnis ist offen, es sind mehr als zweihundert Vorschläge für eine Überarbeitung eingegangen und es ist unklar, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt.

Bisher keine Konsequenzen für Norwegen

Nach wie vor bleibt die Situation, dass in Norwegen Ökostrom doppelt angerechnet wird. Ein entsprechendes Rechtsgutachten liegt zumindest manchen der verantwortlichen Stellen vor. Konsequenzen hatte das bislang keine.

Norwegen ist der mit Abstand wichtigste Exporteur von Herkunftsnachweisen. Im vergangenen Jahr exportierte das Land netto etwa 86 Terawattstunden, mehr als fünfmal so viel wie Island. Der größte Importeur von Herkunftsnachweisen ist Deutschland. Etwa 40 Prozent der hierzulande genutzten Herkunftsnachweise kommen aus Norwegen. Sprich: Würde man auch norwegische Herkunftsnachweise nicht mehr akzeptieren, hätten viele Anbieter von Ökostromangeboten in Deutschland ein Problem.

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 ''Illegale, falsche und irreführende Informationen''
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Kt

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