Erdarbeiten laufen: Mächtig Betrieb auf der ESMC-Baustelle bei Dresden

Im Dresdner Norden stehen wir am Zaun einer großen Baustelle. Hier baut ESMC, die European Semiconductor Manufacturing Company. In der Nähe vertreten sich Angestellte der danebenliegenden Halbleiterfabrik von Bosch während der Mittagspause die Beine. Über einen kleinen Weg sind wir an der Seite bis etwa auf die halbe Höhe des geschätzt 680 x 400 m großen Baugeländes gelangt.
Dass hier ab 2027 Halbleiter mit winzigen Strukturen gefertigt werden sollen, ist bislang noch nicht zu erkennen: Als wir Anfang Dezember die Baustelle besuchen, prägt schweres Gerät das Bild. Planierraupen bewegen den Erdboden, Bagger und Radlader beladen unablässig Muldenkipper, die im Minutentakt ihre Ladung auf meterhohe Erdhügel am Rande der Baustelle entladen. Durch die Erdhügel lässt sich noch ein guter Blick auf das Geschehen werfen.
Insgesamt sollen 500.000 Kubikmeter Erde abgetragen werden(öffnet im neuen Fenster) , um zunächst einen tragfähigen Untergrund zu erreichen. Die Hügel vor uns dürften der unattraktive Unterboden des Erdreichs sein, sie enthalten viele große Steine. Der wertvolle Mutterboden hingegen soll an anderer Stelle genutzt werden.
Er scheint, soweit sich das aus geschätzt 300 Metern Entfernung beurteilen lässt, weiter hinten säuberlich zu einem großen Plateau aufgeschüttet zu sein. Es befindet sich nach unserer Einschätzung außerhalb des Bereichs, in dem die Fabrik, oft nur kurz Fab genannt, gebaut wird. Zumindest Teile könnten also auf der Baustelle verbleiben und später zum Auffüllen des Geländes genutzt werden.
Arbeiten am Fundament haben begonnen
Da offensichtlich bereits recht tief liegende Erdschichten abgetragen werden, erwarten wir bereits Anfang Dezember, dass die Erdarbeiten nicht mehr allzu lange dauern - sie laufen auch bereits seit dem Baustart im August .




Unsere Einschätzung bestätigt sich: Bei einem zweiten Besuch kurz vor Weihnachten werden bereits die Pfahlgründungen(öffnet im neuen Fenster) für das Fundament der Fab gebohrt. Die Erdhügel vor uns sind etwa haushoch, die meisten Muldenkipper stehen still. Die Baugrube für das Bürogebäude ist allerdings noch nicht fertig.




In zwei Jahren stünden wir vor den Büros
Die Ausmaße der Baustelle - sie ist größer als das Gebiet am Erlichberg auf der Karte unten - machen deutlich, was auch die architektonischen Entwürfe zeigen: Das ESMC-Werk wird die danebenliegende Fab von Bosch regelrecht klein aussehen lassen.
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Knapp hinter den Erdhügeln, die sich vor uns gerade noch türmen, sollen einmal die Bürogebäude stehen. Hier ebnet kurz vor Weihnachten noch eine Planierraupe den Boden. Die eigentliche Fab mit den Reinräumen wird in Richtung Autobahn errichtet. Der Bau der Gebäudehülle soll nach rund einem Jahr abgeschlossen sein - das wäre spätestens Anfang 2026.
Am 13. Dezember 2024 unterschrieben ESMC-Vertreter und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auch den endgültigen Beihilfevertrag(öffnet im neuen Fenster) , der Subventionen von bis zu fünf Milliarden Euro vorsieht. Ausgezahlt bekommt das Konsortium, an dem TSMC 70 Prozent, Bosch, Infineon und NXP jeweils 10 Prozent halten, die zugesagten Subventionen abhängig vom Projektfortschritt. Bevor öffentliche Gelder fließen, muss zuerst Eigenkapital ausgegeben werden.
Während der Bund die Subventionen für den Bau der Fabrik stellt, kümmern sich die Stadt Dresden und das Land Sachsen um die Infrastruktur.
Die Baustelle zieht weitere nach sich
Sorgen bereitet insbesondere die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Absehbar werden Tausende neue Wohnungen benötigt, die allein in Dresden kaum zu bauen sind. Daher hat sich die Stadt mit den umliegenden Landkreisen Meißen, Bautzen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zusammengetan: Sie wollen im Umland der Fabrik mindestens 10.000 neue Wohnungen schaffen.
Laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung(öffnet im neuen Fenster) geht die Stadt Dresden davon aus, dass in den kommenden Jahren 27.000 neue Arbeitsplätze entstehen, von denen die Hälfte nur durch Zuzug zu besetzen sein wird. Lediglich 2.000 davon schafft ESMC, der Rest soll bei Zulieferern und Dienstleistern sowie anderen Unternehmen entstehen, die Werke ausbauen wollen.
Auch eine bessere ÖPNV-Anbindung ist geplant und soll, wenn möglich, bereits zum Produktionsstart 2027 fertig sein: Die Stadt Dresden und die Dresdner Verkehrsbetriebe wollen die Straßenbahnlinie 8 verlängern(öffnet im neuen Fenster) . Aktuell werden aber noch drei mögliche Trassenführungen diskutiert(öffnet im neuen Fenster) . Bislang ist das Gewerbegebiet im Dresdner Norden lediglich per Bus mit halbstündiger Taktung zu erreichen; wer aus Dresden kommt, muss umsteigen.
Um Fachkräfte vor Ort ausbilden zu können, will die Stadt Dresden zudem ein neues Berufsschulzentrum für Elektrotechnik bauen. Es soll laut einem Entwurf für den Haushaltsplan für die Jahre 2025 und 2026 (PDF)(öffnet im neuen Fenster) 147 Millionen Euro kosten.
Mehr Energie für die Chip-Fabriken
Auch die Energieinfrastruktur wird ausgebaut, denn Halbleiterfabriken benötigen viel Energie. Und davon stehen im Dresdner Norden dann in einigen Jahren fünf: Neben Bosch und Globalfoundries in unmittelbarer Nachbarschaft betreiben Infineon und X-Fab nur wenige Kilometer entfernt jeweils ein Werk bei Klotzsche. Globalfoundries betreibt zwar ein eigenes Kraftwerk, ist aber seit 2022 auch an das öffentliche Stromnetz angeschlossen .

Daher will der Netzbetreiber 50Hertz langfristig eine neue 380-Kilovolt-Hochspannungsleitung(öffnet im neuen Fenster) in den Dresdner Norden legen, auch ein neues Umspannwerk soll gebaut werden.
Hier wird aber frühestens 2027 mit einem Baubeginn gerechnet, kurzfristig soll eine zusätzliche 110-Kilovolt-Leitung ausreichend Energie für ESMC bereitstellen. Ab 2026 rechnet der Netzbetreiber mit einer Aufnahme der Energieversorgung, wenn zunächst die Reinräume eingerichtet und in Betrieb genommen werden.
Nötig werden könnte die neue Stromtrasse, da ESMC bereits für einen möglichen Ausbau des Werks plant: Wie die Sächsische Zeitung im November 2024 berichtete(öffnet im neuen Fenster) , hat das Konsortium bereits weitere Flächen gekauft. Bereits davor gab es Berichte, dass TSMC weitere Werke in Europa plane , mutmaßlich auch mit moderneren Fertigungsprozessen.
Zunächst einmal muss aber das erste Werk stehen. Dessen Bau werden wir weiter begleiten und uns regelmäßig ein Bild vor Ort machen.
Update, 25.12.2024, 12:08 Uhr:
Wir haben das Werk von X-Fab bei Klotzsche ergänzt. Vielen Dank für den Hinweis!



