Biomasse mit CCS oder Eisenoxid-Elektrolyse
Die Wasserstoff-Option hält Clarke auf absehbare Zeit für zu teuer und sieht größeres Potenzial in der Kombination von Biomasse mit Kohlendioxid-Abscheidung, auch BECCS genannt (Bio Energy with Carbon Capture and Storage).
Prinzipiell können Stahlwerke auch mit Kohle aus Holz betrieben werden. Clarke erwähnte, dass Arcelor Mittal bereits seit längerem in einem Stahlwerk in Brasilien Holz nutzt, in Belgien ist der Konzern an einem Pilotprojekt beteiligt. In Kombination mit Kohlendioxid-Abscheidung könnte ein solches mit Holz betriebenes Stahlwerk Kohlendioxid aus der Atmosphäre entziehen.
Biomasse gibt bei der Nutzung nur so viel Kohlendioxid ab, wie die entsprechenden Pflanzen beim Wachstum aufgenommen haben. Somit gilt sie häufig als klimaneutral. Doch das ist umstritten, da dies nur dann der Fall ist, wenn in gleicher Menge Neupflanzungen stattfinden.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern warnte kürzlich in einem offenen Brief vor der verstärkten Nutzung von Holz als Energieträger. Insbesondere wenn dafür keine Abfälle genutzt werden, sei die Klimabilanz auf lange Zeit schlechter als bei fossilen Energieträgern.
Doch Clarke sieht hier wenig Probleme. Der Arcelor-Mittal-Vize geht davon aus, dass genügend Biomasse für Stahlwerke bereitsteht, insbesondere wenn man Holzabfälle einschließt. Clarke verweist darauf, dass viele Klimaszenarien davon ausgehen, dass der Atmosphäre künftig wieder Kohlendioxid entzogen wird. Die Nutzung von Biomasse mit Kohlendioxid-Abscheidung ist eine Möglichkeit, solche Negativemissionen zu erzeugen.
Neben BECCS erwähnt Clarke auch, dass der Konzern die direkte Elektrolyse von Eisenerz als Option sieht. Dabei wird das Eisenoxid im Eisenerz direkt mit Hilfe von Strom aufgespalten. Man spart sich also den Umweg über Wasserstoff.
Eisenoxid-Elektrolyse existiert bisher nur im Labormaßstab
Diese Technologie gibt es allerdings bisher nur im Labormaßstab. Arcelor Mittal ist hier an einem Forschungsprojekt namens Siderwin beteiligt, das den Bau einer kleinen Pilotanlage in Frankreich plant. An einer ähnlichen Technologie arbeitet zudem ein Startup namens Boston Metal in den USA, das zuletzt einige Investoren für sich gewinnen konnte.
Die direkte Elektrolyse wäre vermutlich effizienter als die Direktreduktion mit Wasserstoff. Doch da sich die Technologie noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befindet, ist ein zeitnaher Einsatz wenig wahrscheinlich.
Die Diskussion um den klimaneutralen Umbau der Stahlindustrie dürfte Clarke mit seinen Äußerungen aufmischen. Während viel darüber gestritten wird, welche Rolle Wasserstoff in der Mobilität oder beim Heizen spielt, schien die Nutzung in der Stahlindustrie vielen Beobachtern eher unstrittig. Das war möglicherweise ein Irrtum.
Nachtrag vom 20. Mai 2021, 8:34 Uhr
Nach Veröffentlichung des Artikels hatte sich Arcelor Mittal mit einem Statement bei Golem.de gemeldet. Demnach verfolgt man dort weiterhin die Wasserstoff-Direktreduktionstechnologie. "Da ArcelorMittal weltweit aufgestellt ist, verfolgen wir verschiedene Wege, um den Weg zum Ziel, der klimaneutralen Stahlherstellung, bis 2050 auch global zu schaffen", so Arcelor-Mittal-Pressesprecher Arne Langner. "Wir verfolgen bei ArcelorMittal Smart Carbon Technologien zur weiteren Nutzung von Kohlenstoff ebenso wie die Nutzung innovativer DRI-Technologie mit Erdgas und Wasserstoff. In Deutschland haben wir bereits eine Anlage in Hamburg mit DRI-Technologie, die wir auf den Betrieb mit Wasserstoff vorbereiten. Die Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland soll ausgebaut werden, daher planen wir auch in Bremen und Eisenhüttenstadt die Umstellung auf DRI und Nutzung von Wasserstoff, um die CO2-Emissionen für die Stahlproduktion deutlich zu senken."
Zur Eisenoxid-Direktreduktion schreibt uns Langer: "Siderwin ist ein Forschungsprojekt, das auf absehbare Zeit noch nicht marktreif sein wird."
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Energiewende: Arcelor Mittal zweifelt an Wasserstoff-Stahl |
- 1
- 2
Vollste Zustimmung!
Die Frage ist woher kommt das Holz? Hätte das sonst als Asche-Dünger geendet damit die...
Das hab ich doch nirgendwo behauptet? Aber die Bezollung muss Teil der Lösung sein...
Das weiß ich selber. Meine Frage zielt darauf ab, WAS einen besseren Wirkungsgrad hat...