Energiekrise: Brauchen wir Atomkraftwerke noch?

Wegen des Kriegs in der Ukraine laufen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke bis Mitte April. Ein Weiterbetrieb wird gefordert. Wie realistisch oder sinnvoll ist das?

Eine Analyse von veröffentlicht am
Atomkraftwerk Isar 2: "Phantomdebatte" um den Weiterbetrieb
Atomkraftwerk Isar 2: "Phantomdebatte" um den Weiterbetrieb (Bild: Dennis Hansch/Wikipedia/CC-BY 3.0)

Machtworte spricht Bundeskanzler Olaf Scholz nur selten – zum Leidwesen vieler. Doch im Oktober 2022 stellte er klar: Die letzten drei Atomkraftwerke bleiben noch am Netz. Dann gilt: "Am 15. April 2023 ist Schluss mit der Atomkraft in Deutschland."

Im November 2022 billigte der Bundestag einen viereinhalb Monate langen Streckbetrieb von Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland, um die Stromversorgung im Winter 2022/2023 zu sichern. Der Streit um die Atomkraftwerke in Deutschland ist damit aber nicht beendet. Eine Laufzeitverlängerung über das von Scholz gesetzte Datum hinaus ist nicht realistisch und nicht nötig.

In der Debatte im November warf der CDU-Abgeordnete Steffen Bilger der Bundesregierung vor, einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke aus ideologischen Gründen abzulehnen und damit die Energieversorgung im Winter 2023/2024 zu gefährden. Gegen den von der CDU eingebrachten Gesetzesentwurf für die Beschaffung neuer Brennelemente und gegen eine Laufzeitverlängerung bis 2024 zu stimmen, heiße billigend in Kauf zu nehmen, "dass Deutschland in der Energiekrise ein noch größeres Energieproblem bekommt".

Wissing sieht die Verkehrswende in Gefahr

Verkehrsminister Volker Wissing sieht durch einen Atomausstieg die Verkehrswende in Gefahr. Angesichts eines anteiligen Atomstroms von nicht einmal mehr sieben Prozent am aktuellen Energiemix ist das nicht überzeugend. Es scheint, als suche der FDP-Politiker Argumente, um ein Tempolimit zu verhindern, das laut einer gerade veröffentlichten Studie eine deutlich höhere Einsparung an Kohlendioxidemissionen bringen würde als bisher angenommen.

Bei Bilger ist vorstellbar, dass er von der Politik der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel im vergangenen Jahrzehnt ablenken möchte. Die Debatte wird jetzt ja nur geführt, weil sie Deutschland derart abhängig gemacht hat von russischem Gas – und das auch noch auf Kosten der damals blühenden Wind- und Solarbranche.

Allerdings würde ein Weiterbetrieb nicht viel bringen: Gas wird hauptsächlich zur Wärmeerzeugung eingesetzt, in der Industrie ebenso wie in Privathaushalten. "Bei der Stromerzeugung kann Atomstrom Gas nur in einem sehr geringen Umfang ersetzen", heißt es auf der Website des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), der Fachbehörde für nukleare Sicherheit.

Auch praktisch wäre ein Weiterbetrieb schwierig: Die Betreiber haben die Kraftwerke seit Jahren mit dem Ziel gefahren, dass sie zum Ende des Jahres 2022 abgeschaltet werden. Für den Streckbetrieb bis April ist noch Brennmaterial vorhanden. Streckbetrieb bedeutet, dass die Brennelemente länger genutzt werden als geplant, wodurch die Leistung sinkt. Das Atomkraftwerk Neckarwestheim wurde deshalb Anfang dieses Jahres abgeschaltet, um die Brennstäbe für den Betrieb bis Mitte April zu rekonfigurieren. Darüber hinaus fehlen Brennstäbe, es müssten neue beschafft werden.

Der Beschluss für die Verlängerung sieht jedoch vor, dass für den Betrieb nur die noch vorhandenen Brennelemente eingesetzt werden dürfen. Die Beschaffung und der Einsatz neuer Brennelemente sind nicht zulässig – und nicht einfach.

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Was passiert mit dem strahlenden Abfall? 
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GangnamStyle 09. Feb 2023

Was sollte man da modernisieren? Selbst die Betreiber wollen nicht mehr weiterbetreiben...

_2xs 09. Feb 2023

Ich würde mir wünschen, daß man solche Artikel auf die Trollwiese verschieben könnte...

HoffiKnoffu 01. Feb 2023

Dann lass doch mal die Fakten hören

wp (Golem.de) 01. Feb 2023

Es ist ja auch ein tolles Foto - das weitaus beste, das ich dazu finden konnte. Vielen...



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