Wie wichtig sind die Atomkraftwerke?

Im vergangenen Jahr ließ das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zwei sogenannte Stresstests für das Stromnetz durchführen. Anlass für den zweiten waren die "verschärften äußeren Bedingungen" für diesen Winter:

"Aufgrund der Dürre im Sommer, des Niedrigwassers in den Flüssen, des aktuellen Ausfalls rund der Hälfte der französischen Atomkraftwerke und der seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine insgesamt angespannten Lage auf den Energiemärkten, bestehen eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren, die unter bestimmten Umständen zu einer Kumulation von Risiken führen", heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Durchgeführt wurde der zweite Netzstresstest von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW.

"Der zweite Netzstresstest kommt zu dem Ergebnis, dass stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23 zwar sehr unwahrscheinlich sind, aktuell aber nicht vollständig ausgeschlossen werden können", resümiert das Ministerium. Eine der Gegenmaßnahmen der Bundesregierung ist der Streckbetrieb der Atomkraftwerke bis in den April. Weitere sind etwa das Wiederanfahren von Kohlekraftwerken oder eine Höherauslastung der Stromnetze, um die Transportkapazitäten zu verbessern.

"Wir haben genug Energie"

"Wir haben in Deutschland eine sehr hohe Versorgungssicherheit im Stromsystem. Wir haben genug Energie in und für Deutschland; wir sind ein Stromexportland", sagte Minister Robert Habeck. "Aber wir sind Teil eines europäischen Systems, und dieses Jahr ist in ganz Europa ein besonderes Jahr. Der russische Angriff auf die Ukraine hat zu einer angespannten Situation auf den Energiemärkten geführt."

Tatsächlich könnte Deutschland selbst weniger das Problem sein: Deutschland beliefert auch die Nachbarländer mit Strom, darunter Frankreich, Österreich und die Schweiz. Frankreich wird gerade in diesem Winter sehr viel Strom importieren müssen, sagte kürzlich Xavier Piechaczyk, Chef des Übertragungsnetzbetreibers RTE. Das werde voraussichtlich auch noch einige Jahre so bleiben.

Ein Grund ist, dass einige französische Atomkraftwerke derzeit stillliegen: Bei der PSÜ wurden in einem Kraftwerk Risse in einer Rohrleitung des Kühlsystems festgestellt. Bei einem Bruch hätte es zu einem Kühlmittelverlust und schlimmstenfalls zu einer Kernschmelze kommen können. Bei weiteren Überprüfungen wurden solche Risse in fünf anderen Anlagen gefunden. Im vergangenen Sommer musste die Hälfte der Atomkraftwerke wegen der Dürre und fehlenden Kühlwassers abgeschaltet werden.

Das könnte sich im kommenden Winter 2023/24 fortsetzen, sagte Bruno Burger dem ZDF. "Die Lage in unseren Nachbarländern ist meiner Ansicht nach kritischer als in Deutschland." Burger ist beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg zuständig für Energiedaten und strategische Entwicklung und veröffentlicht auf der Website Energy Charts Daten zur Stromerzeugung und zu Börsenstrompreisen.

Ein weiterer Stresstest für den kommenden Winter sei deshalb durchaus sinnvoll. Aber: "Meiner Meinung nach brauchen wir die AKW nicht für den nächsten Winter", sagte der Fraunhofer-Wissenschaftler. Die Diskussion um deren Weiterbetrieb hält er für "eine Phantomdebatte, die wir schleunigst beenden sollten."

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 Eine Verlängerung ist wie ein Neuanfang
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GangnamStyle 09. Feb 2023 / Themenstart

Was sollte man da modernisieren? Selbst die Betreiber wollen nicht mehr weiterbetreiben...

_2xs 09. Feb 2023 / Themenstart

Ich würde mir wünschen, daß man solche Artikel auf die Trollwiese verschieben könnte...

HoffiKnoffu 01. Feb 2023 / Themenstart

Dann lass doch mal die Fakten hören

wp (Golem.de) 01. Feb 2023 / Themenstart

Es ist ja auch ein tolles Foto - das weitaus beste, das ich dazu finden konnte. Vielen...

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