Bedrohung für die Aufsicht und Rechtsstaatlichkeit

In der Praxis würde dies bedeuten, dass die illegale Datenverarbeitung bei Europol "rückwirkend legalisiert wird", monierten die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) und 22 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen wie Privacy International, Statewatch, Access Now und La Quadrature du Net noch kurz vor der finalen Verhandlungsrunde.

Dies käme "einem großen Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit und die Rechte der Betroffenen" gleich. Das Bündnis forderte die politischen Entscheidungsträger daher auf, die Pläne für die Novelle umfassend zu überarbeiten. Die umstrittenen Klauseln sollten gestrichen, Datenschutzgarantieren und die Aufsicht gestärkt werden.

Wiewiórowski zeigte sich bei einer Anhörung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im EU-Parlament am vergangenen Dienstag besorgt über Änderungsanträge am ursprünglichen Verordnungsentwurf, die seine Ansicht und die Aufsichtsbefugnisse der von ihm geleiteten Behörde missachteten. Die bisherige rechtliche Ausnahme für das Durchforsten großer Datenberge durch Europol würde damit zur Regel. Dass ein Gesetz verwendet werden solle, um die Polizeibehörde nachträglich von bereits sanktionierten Datenschutzverstößen freizusprechen, rügte der Kontrolleur als "direkte Bedrohung" für seine Autorität als Aufsichtsinstanz.

Laut der Absprache der EU-Gremien, die noch formell in einer Ratssitzung sowie durch das Parlamentsplenum bestätigt werden muss, darf Europol künftig zudem personenbezogene Daten von Unternehmen wie Facebook und Google, Banken sowie Fluglinien im großen Stil entgegennehmen, speichern und analysieren. Dies soll auch für Informationen aus Drittländern gelten, solange sie "angemessene Datenschutzgarantien in einem rechtsverbindlichen Instrument festgelegt haben" oder Europol solche Sicherheitsvorkehrungen gegeben sieht.

EU-Abgeordnete der Mitte-Links-Fraktionen wie Birgit Sippel (SPD) kritisierten bei der Anhörung, dass schon der ursprüngliche Vorschlag der Kommission Praktiken legitimiere, die gegen die Datenschutzvorschriften verstießen. Damit werde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen.

Massenüberwachung im NSA-Stil?

Der Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) versicherte: "Meine Fraktion hat sich in den Verhandlungen gegen die Reform stark gemacht." Inakzeptabel sei etwa die vorgesehene Kooperation von Europol mit Konzernen wie Google, Meta und Microsoft, da diese per Chatkontrolle massenhaft Personen zu Unrecht anzeigten.

"Wenn Europol nur nach bestimmten Informationen fragen muss, um sie auf dem Silbertablett serviert zu bekommen, dann kommen wir einer NSA-ähnlichen Behörde immer näher", hatte zuvor Eric Töpfer vom Deutschen Institut für Menschenrechte zu bedenken gegeben.

Europol-Vizechef Jürgen Ebner weist solche Vorwürfe zurück. Vor den Volksvertretern betonte er: "Wir machen keine Massenüberwachung." Dazu fehlten schon die technischen Mittel. Der erweiterten Verordnung zufolge soll Europol aber auch neue Konzepte und technologische Lösungen zur Datenauswertung etwa auf Basis künstlicher Intelligenz entwickeln.

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 Encrochat, Sky ECC & Co: Europol soll massenhaft Daten auswerten dürfen
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