Man braucht hin und wieder Pausen, um Kraft zu haben für das, was noch kommt

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Den Eindruck aus dem Kinder-Café bestätigen die Zahlen des statistischen Bundesamts: Während gerade einmal 2,6 Prozent der erwerbstägigen Männer die Möglichkeit zur Elternzeit nutzen, sind es fast die Hälfte der Frauen.

Zu Beginn seiner Elternzeit kündigte Mario Meir-Huber auf seinem Linkedin-Profil augenzwinkernd an, jetzt die nächste Generation an Data-Experten auszubilden. Tatsächlich lehrt er aber wirklich an der Universität – dort die wirklichen Data Scientists der Zukunft.

Golem.de: Wie sieht es mit dem beruflichen Nachwuchs in Österreich aus?

Mario Meir-Huber: Es ist furchtbar, nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern weltweit. Ich habe in meiner früheren Position 45 Stellen für den Aufbau eines Data Delivery Centers genehmigt bekommen. Nach einem Jahr hatten wir erst sechs Leute. In einer anderen Position haben wir in zehn Ländern Positionen ausgeschrieben und zwei Bewerbungen bekommen. Ich habe dann viel mit internen Weiterbildungen gearbeitet: Hire for the attitude, educate them on the job.

Ich unterrichte auch nebenbei an einer Fachhochschule und der Wirtschaftsuniversität Wien und dementsprechend merke ich, wo die jungen Leute stehen. Es ist nicht so, dass es jedes Jahr mehr werden, die sich etwa für ein Informatikstudium interessieren. Es ist nicht das einfachste Studium, wenn man das Studium nur macht, um den M. Sc. für den Titel zu haben.

Es ist natürlich auch gut für unsere Berufssparte, weil man keine Probleme hat, einen Job zu finden.

Golem.de: Wie sind Sie zum Lehren gekommen?

Mario Meir-Huber: An der Wirtschaftsuniversität mache ich das schon seit fünf Jahren, aber es sind nur ein paar Stunden. Es ist für mich spannend, am Ball zu bleiben und zu sehen, was auf den Unis gerade so passiert. Ich lerne damit auch selbst viel und gestalte Sessions sehr interaktiv.

Deshalb habe ich auch ein Buch geschrieben und Artikel für Golem.de – weil ich dann gezwungen bin, ein Thema so aufzubereiten, dass es auch von anderen verstanden wird. Man fragt sich ja manchmal: "Warum versteht mein Gegenüber das nicht? Das ist so trivial." Nein, ist es nicht! Wir ITler leben in unserer Welt, benutzen unsere technischen Buzzwords, aber andere steigen da aus. Einen Text durchs Lektorat zu bringen ist da hilfreich.

­ ­ Golem.de: Was haben Sie beim Schreiben über das Erklären komplexer Zusammenhänge gelernt, das Sie im Job nicht gelernt haben?

Mario Meir-Huber: Meine Teams waren natürlich immer sehr technisch orientiert, aber wir mussten ans Business liefern. Ich habe mit dem Business eine sehr einfache Sprache gesprochen und versucht, sehr technische Ausdrücke zu vermeiden und mit Analogien zu arbeiten.

Einem Vorstand, der am Tag zehn Themen und gerade mal eine halbe Stunde Zeit hat, kann ich nicht erst die Buzzwords erklären. Man lernt auch in Vorträgen, wenn man dann ständig angeschaut wird oder die Studierenden etwas wissen wollen. Da lernt man wirklich, ad hoc Dinge umzuformulieren, wenn sie nicht verstanden werden.

Golem.de: Wann haben Sie vor, wieder in den Job zurückzugehen?

Mario Meir-Huber: In die aktuelle Position gehe ich nicht mehr zurück, ich suche nach etwas Neuem. Aber ich habe keinen Stress und will eine Entscheidung treffen, die langfristig weise ist. Da darf man sich ruhig Zeit nehmen. Mir wird mit dem Kleinen auch nicht langweilig. Die letzten 16 Jahre wusste ich immer "what's next" und dieses Mal weiß ich das nicht. Das nimmt irrsinnig viel Druck raus.

Golem.de: Wie halten Sie sich bis dahin up to date? Allein in den letzten fünf Monaten hat sich mit KI-Tools ja sehr viel verändert.

Mario Meir-Huber: Natürlich über Golem.de. [Lacht.] Dann bin ich auch vereinzelt auf Konferenzen. Und immer im Austausch mit Bekannten und Freunden. Big Data ist für mich auch ein Hobby, ich bin da nicht zufällig reingeplumpst. Ich habe ein Buch geschrieben, unterrichte und das alles macht mir wahnsinnig viel Spaß. Dadurch bin ich stark in die globale Community integriert und mit vielen Leuten im ständigen Austausch.

Golem.de: Das heißt, Sie sind nicht raus, nur weil Sie gerade keine Jobposition innehaben.

Mario Meir-Huber: Genau. Ich glaube sogar, dass ich die letzten Monate sehr viel mehr gelernt habe, weil ich einfach mehr Zeit hatte, mich mit Dingen auseinanderzusetzen, für die ich vorher keine Zeit hatte. Ich habe jetzt den Luxus von Zeit.

Golem.de: Haben Sie einen Ratschlag für Ihre Kollegen, die noch im Job stecken?

Mario Meir-Huber: Raus aus der Komfortzone und in Karenz gehen. Es ist wundervoll. Mein wichtigster Ratschlag ist, nicht zu überlegen, ob das einen negativen Einfluss auf die Karriere hat. Wahrscheinlich hat es das. Aber es gibt Wichtigeres als Karriere. Ich kenne viele, die irrsinnig die Karriereleiter hochgestiegen sind, aber wo die Kinder keine gute Beziehung zu ihren Eltern haben. Geld kann man immer wieder verdienen. Die Zeit mit einem Kind ist so viel mehr wert. Das Lächeln in der Früh, das kann man mit Geld nicht kaufen.

Lieber mal einen Schritt zurück zu machen, ist auch für mich als Berggeher ein sehr wichtiges Credo. Am Berg musst du auch mal eine Pause machen, weil du sonst nicht zum Gipfel raufkommst. Wenn ich immer nur noch schneller rauf will, falle ich vermutlich irgendwann runter. Es gibt ja viele Leute, die sich am Berg komplett überschätzen. Man braucht hin und wieder Pausen, um Kraft zu haben für das, was noch kommt.

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 Elternzeit als IT-Leader: Gegen Kindererziehung ist ein Softwareteam nichtsRaus aus der Komfortzone, rauf auf den Gipfel 
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