Elektromobilität: Rechnungshof zweifelt an europäischer Batterie-Strategie
Die EU will den Aufbau einer Batteriezellproduktion in Europa forcieren. Doch nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofes könnten die geplanten Zuschüsse keine sinnvolle Investition sein.

Der Europäische Rechnungshof warnt vor den Nachteilen einer falschen Strategie zur Batterieproduktion in Europa. "Die Europäische Batterie-Allianz konzentriert sich weitgehend auf bestehende, nicht auf bahnbrechende Technologien und läuft Gefahr, ihre ehrgeizigen Ziele nicht zu erreichen", heißt es einem 52-seitigen Themenpapier (PDF) der Behörde zur "EU-Unterstützung für die Energiespeicherung". Nach Darstellung der Rechnungsprüfer liegt die EU "bei der Produktionskapazität für Batteriezellen hinter ihren Wettbewerbern zurück". Der derzeitige EU-Strategierahmen "greift für die Bewältigung der mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen möglicherweise zu kurz."
Die EU-Kommission hatte im Oktober 2017 eine Batterieallianz ins Leben gerufen, der inzwischen 260 Interessenten angehören. In diesem Zusammenhang will auch die Bundesregierung den Aufbau einer Batteriezellproduktion in Deutschland mit bis zu einer Milliarde Euro unterstützen.
Großer Rückstand zu Asien und den USA
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte bei der Vorstellung seiner Pläne im November 2018 eingeräumt, dass Europa den Wettlauf um die billigste Produktion nicht gewinnen könne. Stattdessen müsse man die "besten Batterien" herstellen. Diese zeichneten sich durch "hohe Energiedichte und Leistungsfähigkeit zu wettbewerbsfähigen Preisen" aus. Erforderlich seien zudem "nachhaltige und umweltverträgliche Produktions- und Entsorgungsbedingungen", eine hohe Recyclingquote sowie faire Arbeitsbedingungen in der gesamten Wertschöpfungskette.
Dem Rechnungshof zufolge muss Europa dabei einen großen Rückstand aufholen. "Mit Stand von 2018 befanden sich rund drei Prozent der weltweiten Kapazität zur Batteriezellenherstellung in der EU - im Vergleich zu 84 Prozent im asiatisch-pazifischen Raum und zwölf Prozent in Nordamerika", heißt es in dem Papier, bei dem es sich nicht um einen Prüfbericht handelt. Dabei gehen die Rechnungsprüfer davon aus, dass die Batterieallianz ihre selbst gesetzten Ziele verfehlen könnte. So dürfte sich die gesamte Produktionskapazität in der EU im Jahr 2023 auf 70 Gigawattstunden (GWh) belaufen. Das sei "weit weniger als der von der Batterie-Allianz für 2025 festgelegte Zielwert von 200 GWh".
Daher wird erwartet, dass der EU-Batteriemarkt bis dahin "bereits weitgehend von Fabriken mit Sitz außerhalb der EU versorgt wird, oder die Automobilhersteller könnten ihre Produktion zum Teil aus der EU hinaus näher an die Batteriehersteller heran verlegt haben".
Schwieriger Markt für Neueinsteiger
Zudem weist das Papier darauf hin, dass die Fabriken, in denen Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge hergestellt würden, im Jahr 2017 weltweit nur zu rund 40 bis 50 Prozent ausgelastet gewesen seien. "Ein international führendes Beratungsunternehmen gibt an, dass es daher kurzfristig für neue Marktteilnehmer schwierig sein wird, auf dem Markt für Lithium-Ionen-Batterien der derzeitigen Generation auf kosteneffiziente Weise Fuß zu fassen", heißt es weiter. Die etablierten Hersteller könnten ihre überschüssigen Produktionskapazitäten nutzen, um mehr Batterien zu Grenzkosten herzustellen, oder sie könnten mit einer solchen Herstellung und entsprechendem Verkauf drohen. Allerdings scheint es inzwischen eher einen Mangel an Batteriezellen auf dem Markt zu geben, da beispielsweise die Produktion des neuen Audi E-Tron mangels Batterien gedrosselt werden musste.
Der Bericht verweist zudem auf ein "großes Maschinenbau- und Elektronikunternehmen in der EU", das beschlossen habe, der Batterieallianz nicht beizutreten. Seiner Meinung nach sei es schwierig, "einen Wettbewerbsvorteil zu nutzen, da drei Viertel der Herstellungskosten auf Rohstoffe entfallen und der Markt von kostengünstig produzierenden Wettbewerbern aus Asien dominiert wird". Zwar wird der Autozulieferer Bosch nicht namentlich genannt, doch hatte das Unternehmen wie beschrieben im März 2018 der Zellproduktion eine Absage erteilt.
Bosch hatte unter anderem durch den Kauf des Startups Seeo versucht, in die Herstellung von Festkörperbatterien einzusteigen. Doch diese Technik ist weiterhin nicht marktreif.
Allerdings wird die Forschung an neuen Batteriekonzepten in der EU bislang kaum unterstützt. Dem Bericht zufolge gingen von den 315 Millionen Euro, die an Projekte zur Batterieforschung vergeben worden sind, mehr als die Hälfte an Projekte zu Lithium-Ionen-Batterien. Auf neue Batteriearten, die potenziell zur nächsten Generation gehörten, gingen sieben Prozent an Projekte zu Lithium-Schwefel-Batterien, drei Prozent an Redox-Flow-Batterien, ein Prozent an Festkörperbatterien und weniger als ein Prozent an Bleibatterien.
Von 28 Interessenträgern, die vom Rechnungshof zu diesem Thema befragt wurden, antworteten daher zehn, dass die Strategie der EU "zu stark auf Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuge ausgerichtet sei". Zwei verwiesen demnach "auf das Fehlen einer langfristigen Vision und auf die Möglichkeit, die Automobilindustrie in der EU könne insgesamt verschwinden".
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Meines Wissens nach gibt es ein recht zukunftsweisendes Forschungsprojekt, welches durch...
1. Autohersteller und Bosch machen auch hier mehr als genug gewinne. 2. Wieso zur hölle...
Das ist leider die Angst der EU. Nur ja nichts neues. Dann muss man halt mal ein Startup...
Mit weit unter einem Prozent des Budgets, vielleicht betrifft es ja nur das Recycling...