Datenleck: Meldepflichtig oder nicht?

Wir haben bei den Datenschutzbehörden in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen, dem Sitz von Smartlab, nachgefragt. Dabei antworten uns die Datenschutzbehörden einhellig, dass es sich bei den UIDs der Ladekarten um personenbezogene Daten nach der Datenschutzgrundverordnung handelt.

Ähnlich wie IP-Adressen können mit den UIDs zumindest bei den herausgebenden Unternehmen Personen identifiziert werden. Berlin und NRW weisen darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen mit den an Ladesäulen einsehbaren UIDs auch das Bilden eines Bewegungsprofils möglich sei. Zudem bestehe das Risiko, dass die Karten geklont werden.

Auf unsere allgemeine Anfrage zur Meldepflicht betonen alle drei Behörden, dass es auf den konkreten Sachverhalt und die damit verbundene Risikoabschätzung ankomme. Sowohl Berlin als auch Bayern gehen jedoch von einer Meldepflicht zumindest bei der Datenschutzbehörde aus. Eine solche muss nach der Datenschutzgrundverordnung innerhalb von 72 Stunden nach Bekanntwerden eines Vorfalles erfolgen.

Ob auch die Betroffenen informiert werden müssen, hängt ebenfalls von der Einschätzung des Risikos ab. In Berlin schätzt man dieses als hoch ein, schon allein aufgrund der Möglichkeit, die Karten zu klonen, und dem damit einhergehenden Missbrauchspotential. Entsprechend müssten die Betroffenen von den Kartenherausgebern informiert und gegebenenfalls die Karten gesperrt werden.

Damit konfrontiert erklärt Smartlab, dass das Unternehmen nur Auftragsverarbeiter und daher nicht die meldepflichtige Stelle sei. "Das Stadtwerk hat hierfür einen externen Datenschutzrat eingeholt, in dessen Details wir nicht eingeweiht wurden", erklärt Smartlab. "Ob das Stadtwerk den Landesdatenschutzbeauftragten in Kenntnis gesetzt hat, ist uns nicht bekannt." Auf eine Nachfrage von Golem.de hatten die Stadtwerke Bad Reichenhall nicht geantwortet.

"Wir schätzen weiterhin das Risiko für die Endkunden als gering ein, da Ladevorgänge, die mit einer geklonten UID durchgeführt werden, bei der Abrechnung beanstandet werden können und ein Missbrauch daher schnell offengelegt würde", betont Smartlab.

Ein schlechtes Passwort für das Ladenetz

Auch zu dem von Reiser in der Weboberfläche der Ladesäule entdeckten Passwort äußert sich Smartlab. Die OCPP-Zugangsdaten verbinden die Ladesäule mit einer Tochterfirma der Smartlab mbH, über die das Roaming abgewickelt wird, damit Ladekarten verschiedener Anbieter an der Ladesäule der Bad Reichenhaller Stadtwerke verwendet werden können.

Der Benutzername war dabei denkbar einfach zu erraten und auch beim Passwort handelte es sich um eine einfache Phrase in Leetspeak, die um Informationen der Ladesäule ergänzt wurden. "Ob sich neben den Logindaten der betroffenen Ladesäule auch andere Zugangsdaten ableiten lassen, wurde geprüft und die entsprechenden Daten wurden beziehungsweise werden geändert", versichert Smartlab.

Unabhängig von dem Vorfall habe man eine interne Analyse möglicher Angriffsszenarien durch kompromittierter OCPP-Zugangsdaten durchgeführt und weitere nachgelagerte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, die viele Angriffsszenarien erschweren oder verhindern würden, teilt das Unternehmen mit.

Sicherheitslücken und Melder werden ernst genommen

Nach (seltenen) Schauergeschichten aus den vergangenen Jahren, bei denen Sicherheitsforscher angezeigt oder gar mit einem Privatdetektiv bedroht wurden, ist Reiser auf jeden Fall zufrieden. Die Stadtwerke Bad Reichenhall haben seine Meldung ernst genommen, sich bedankt und das Problem schnell beseitigt. Nur der Umgang mit den UIDs und die Sicherheit in der E-Ladeinfrastruktur macht Reiser weiter Sorgen.

Dabei stehen im Prinzip bereits sicherere Authentifizierungsmedien zur Verfügung. An deren Einführung arbeite Smartlab gemeinsam mit anderen Marktakteuren bereits, betont das Unternehmen. Allerdings sei eine breite Akzeptanz der sicheren Authentifikationsmedien wie PKI-basierte Plug-&-Charge-Zertifikate im Markt aufgrund verschiedener Einschränkungen bei Fahrzeugen und Ladesäulen aktuell nicht erreicht.

So bleibt das europäische Ladenetz auch ohne ungeschützte Ladesäulen im Internet erstmal vor allem eins: unsicher.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
 Elektroautos: Ungeschützte Ladesäule verrät Hunderte UIDs
  1.  
  2. 1
  3. 2


AvailableLight 10. Mär 2023 / Themenstart

Dito, mit dem Unterschied dass mir das in zwei Jahren noch nie passiert ist.

AvailableLight 10. Mär 2023 / Themenstart

Ich sehe auch noch viel Aufholbedarf in der Infrastrukur. War das denn ein Mietwagen und...

ahzf_ 10. Mär 2023 / Themenstart

In der E-Mobilität werden RFID-Karten falsch verwendet, da nur die UID der Karten...

BlindSeer 10. Mär 2023 / Themenstart

Es war einfach und billig und hat gereicht für Kundenketten.

Kommentieren



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Nammo
TikTok-Strombedarf bremst Expansion von Munitionshersteller

Der norwegische Rüstungskonzern Nammo kann nicht expandieren, weil ein Tiktok-Rechenzentrum die restliche Stromkapazität der Umgebung benötigt.

Nammo: TikTok-Strombedarf bremst Expansion von Munitionshersteller
Artikel
  1. GPT-4: Funken von allgemeiner künstlicher Intelligenz
    GPT-4
    "Funken von allgemeiner künstlicher Intelligenz"

    Microsoft Research enthüllt eine umfangreiche Sammlung von Fallbeispielen, die mit dem ChatGPT-Nachfolger GPT-4 erzeugt wurden. Die Ergebnisse sind beeindruckend.
    Eine Analyse von Helmut Linde

  2. X-59: Nachfolger von Concorde ermöglicht leisen Überschallknall
    X-59
    Nachfolger von Concorde ermöglicht leisen Überschallknall

    Das raketenbetriebene X-59-Flugzeug soll noch in 2023 starten. Trotz Überschallgeschwindigkeit soll der Concorde-Nachfolger der Nasa leise fliegen.

  3. Jugendschutz: Behörden gehen verstärkt gegen Twitter-Pornografie vor
    Jugendschutz
    Behörden gehen verstärkt gegen Twitter-Pornografie vor

    Mit einem KI-Tool suchen Medienanstalten nach jugendgefährdenden Inhalten. Derzeit erhalten Betreiber ungeschützter Accounts Briefe von der Polizei.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Große Amazon Rabatt-Aktion • Monitore bis -50% • Windows Week • Logitech bis -49% • Radeon 7900 XTX 24 GB günstig wie nie • Alexa-Sale bei Amazon • Kingston Fury 16GB DDR4-3600 43,90€ • MindStar: AMD Ryzen 7 5800X3D 309€ • 3 Spiele kaufen, 2 zahlen • MM-Osterangebote [Werbung]
    •  /