Elektroautos: Bundesrechnungshof hält Kaufprämie für unwirksam

Trotz Kaufprämie lässt der Verkaufsboom bei Elektroautos weiter auf sich warten. Nach Ansicht des Rechnungshofs haben die Autohersteller zu viel Einfluss auf das Förderkonzept genommen.

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Elektroauto mit mobiler Ladestation in Berlin
Elektroauto mit mobiler Ladestation in Berlin (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes ist die Elektroauto-Prämie ein ineffizientes Mittel zur Förderung der Elektromobilität. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete, äußert die Behörde in einem 59-seitigen Prüfbericht (PDF) erhebliche Zweifel, dass bis Mitte 2019 das Förderziel von 300.000 batteriebetriebenen oder mit Plugin-Hybrid ausgestatteten Neufahrzeugen erreicht werden könne. Zudem kritisieren die Rechnungsprüfer die Automobilindustrie scharf.

Demnach hätten die Hersteller die Höhe und die Finanzierung des fälligen Umweltbonus für den Käufer wesentlich beeinflusst und sich dabei Vorteile verschafft, heiße es in einem abschließenden Prüfbericht für das Bundeswirtschaftsministerium. Das Ministerium hat auf Anfrage von Golem.de den Bericht bislang nicht bestätigt.

Hersteller konnten sich bei Regierung durchsetzen

Im April 2016 hatte die Bundesregierung die Einführung der Kaufprämie beschlossen. Wer ein Elektroauto kauft, erhält 4.000 Euro. Für einen Plugin-Hybrid gibt es 3.000 Euro. Das Geld kommt zur Hälfte vom Staat, die andere Hälfte übernimmt der Hersteller. 600 Millionen Euro haben Regierung und Hersteller vor zwei Jahren bereitgestellt. Doch die Prämie hatte nicht den gewünschten Effekt, den Verkauf von Elektroautos anzukurbeln. Die Nachfrage ist schleppend, auch wenn sie im vergangenen Jahr deutlich zulegen konnte. Nach zwei Dritteln der Laufzeit wurden Anträge für knapp über 70.000 Fahrzeuge gestellt (PDF). Laut Bundesrechnungshof würden die vorhandenen Mittel theoretisch bis Anfang des Jahres 2023 reichen.

Dem Bericht zufolge werfen die Rechnungsprüfer dem Wirtschaftsministerium zu große Nachgiebigkeit gegenüber den Herstellern vor. "Die deutsche Automobilindustrie hat die Entscheidung der Bundesregierung zum Umweltbonus und zu dessen Ausgestaltung wesentlich beeinflusst", heißt es laut HAZ in dem Papier. "Bereits die Forderung der Automobilindustrie, einen Umweltbonus einzuführen, stammte aus einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie. Die Bundesregierung hatte zunächst ein CO2-basiertes Bonus-Malus-System oder eine verbindliche Elektrofahrzeug-Quote für Automobilhersteller bevorzugt." Laut Rechnungshof hätte das Ministerium genau prüfen müssen, ob die Forderungen der Automobilindustrie auf Sachgründen beruht hätten.

Zweifel an tatsächlichen Zahlungen

Das Wirtschaftsressort habe darauf verwiesen, dass man vor der Förderung mit Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie im Rahmen der nationalen Plattform Elektromobilität eng zusammengearbeitet habe. "Mit seiner Darstellung hat das Bundeswirtschaftsministerium nicht widerlegt, dass die Automobilindustrie die 'Kaufprämie' ihrer Art und Höhe nach beeinflusst hat", heißt es laut HAZ. Dass die Beamten keine Hinweise auf eine derartige Einflussnahme ausgemacht hätten, "bedeutet allerdings nicht, dass diese tatsächlich unterblieben ist".

Darüber bezweifeln die Rechnungsprüfer, ob die Hersteller überhaupt echte Beiträge zum Umweltbonus leisten. Da unabhängig vom gewährten Umweltbonus häufig Rabatte gewährt würden, trete eine echte Beteiligung der Hersteller erst bei Nachlässen von mehr als 1.500 beziehungsweise 2.000 Euro ein. Die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes legten nahe, dass "der von den Automobilherstellern zu tragende Anteil am Umweltbonus häufig oft mit den bereits bestehenden Rabatten verrechnet wurde".

Viele Gründe für Zurückhaltung der Käufer

Wie es mit der Elektroauto-Prämie im kommenden Jahr weitergeht, ist derzeit noch unklar. Einige Hersteller und Politiker fordern, die Laufzeit der Prämie zu verlängern, wenn bis dahin noch Geld übrig bleibt. Dazu gehören beispielsweise BMW und Renault. Auch der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) befürwortet eine solche Lösung.

An dem geringen Interesse an den Elektroautos sind in erster Linie der hohe Preis, die geringe Reichweite sowie die noch unzureichende Ladeinfrastruktur schuld. Hinzu kommen aber eine noch recht kleine Modellpalette sowie lange Lieferzeiten. Auf den Hyundai Ioniq etwa sollen Kunden ein ganzes Jahr warten. Wer einen Nissan Leaf bestellt, muss sich laut Hersteller sieben bis acht Monate gedulden. Volkswagen kann bis Ende 2018 keine Elektro- und Hybridfahrzeuge mehr verkaufen, weil viele Prüfstände wegen der Behebung fehlerhafter Abgaswerte derzeit ausgelastet sind.

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