Ein Minecraft Film: Als hätte Oma zu Weihnachten Playmobil anstatt Lego gekauft

Rohstoffe sammeln, Dinge bauen - was Minecraft im Wesentlichen ausmacht, lässt sein Name durchaus erahnen, auch wenn man das Game nie gespielt hat. Welche Ausrede könnten die zahlreichen im Abspann genannten Autoren der Kinoadaption also dafür vorbringen, ausgerechnet diesen beiden Kernaspekten von Minecraft so wenig Beachtung geschenkt zu haben?
Eine Antwort darauf kann eigentlich nur kreativer sein als das Drehbuch für diesen Film, in dem so viel herumgebrüllt und durcheinander gekloppt wird, dass der Titel nach Logik der Vorlage eher Brüllklopp lauten müsste, oder eben auf Englisch Yellsmash. Aber auf keinen Fall Minecraft.
Ein Minecraft Film ist es dennoch geworden - jedenfalls lautet so der tatsächliche Filmtitel auf Postern und Kinokarten. Die Adaption an sich hat mit einem Minecraft-Film jedoch kaum etwas zu tun. Milde ausgedrückt, ist es bloß irgendein Film, der lose an Minecraft erinnert, weil ein paar Objekte und Figuren aus der Vorlage noch einigermaßen erkennbar bleiben. Mit Abstrichen, denn nicht mal die charakteristische Ästhetik des Spiels hat es stimmig auf die große Leinwand geschafft.

Selbst nach jahrelangen Updates mit neu hinzugefügten Grafikeffekten ist Minecraft seinem ursprünglichen Retro-Look als Spiel immer treu geblieben. Pixelige Texturen und klotzige Grundoptik gehören zur Identität des mit Abstand meistverkauften Videospiels aller Zeiten(öffnet im neuen Fenster) , das in dieser Form eine Symbiose mit seinem Gameplay eingeht.
Von wenigen dekorativen Elementen wie aus 2D-Ebenen zusammengestecktem Gras und Blumen abgesehen, besteht alles in Minecraft aus quadratischen Einzelteilen, die stets gut als solche erkennbar bleiben. Das gilt fürs umherwandernde Schwein mit seinen eckigen Stelzenbeinen ebenso wie für Mond und Sonne, die gar nicht erst versuchen, rund auszusehen.
Kreative Welt - zumindest im Spiel
Ähnlich den Klemmbausteinen aus unserer Realität können Spieler ihre prozedural generierten Welten nach Herzenslust in klotzige Einzelteile zerlegen, wobei die Bausteine als verschiedenste Rohstoffe im Gepäck landen und damit dann Neues gebaut, Werkzeuge hergestellt, Essen gebraten und Weiteres fabriziert werden kann.
Aberhunderte Varianten an Baustoffen und Gegenständen inspirieren die weltweite Spielerschaft zu immer eindrucksvolleren Bauwerken(öffnet im neuen Fenster) und sogar ausgefeilten Maschinen(öffnet im neuen Fenster) , die ingame auch wirklich funktionieren(öffnet im neuen Fenster) . Das Ganze geschieht wahlweise im Kreativ- oder Survival-Modus.
Letzterer schränkt Spieler stärker ein, sie müssen sich alles Klotz für Klotz und ohne Abkürzung hart erarbeiten, regelmäßig ihren Hunger stillen und sie werden mit angriffslustigen Gegnern konfrontiert.
Merkwürdiger Mittelweg zwischen Spiel und Realität
Anstatt den vielen Millionen Minecraft-Fans, ob Kreativ- oder Survival-Spieler, einen reinen Animationsfilm nahe an der echten Minecraft-Optik abzuliefern, etwa nach dem Vorbild der beliebten Lego-Kinofilme(öffnet im neuen Fenster) ein computergeneriertes Feuerwerk an verspieltem Witz und Einfallsreichtum abzufeuern, entschieden sich Warner Bros. und Regisseur Jared Hess (Napoleon Dynamite, Nacho Libre) für einen merkwürdigen Mittelweg.
Alle Hauptfiguren der Verfilmung sind reale Menschen aus unserer Welt und bleiben das auch, nachdem sie ihren Weg ins Minecraft-Reich gefunden haben. Hier findet keine Umwandlung in Pixel-Avatare statt und auch die Schauspieler wechseln nicht, anders als es in den neueren Jumanji-Teilen(öffnet im neuen Fenster) gehandhabt wurde.
Der Filmlogik zufolge ist die Oberwelt aus Minecraft, sind überhaupt alle besuchten Ebenen der Bausteinwelt, nicht mal ein Computerspiel. Obwohl ganz zu Anfang mal der klassische Ladebildschirm zur Weltengenerierung zu sehen ist.















Was wir im Kino sehen, soll eine echte Version des Minecraft-Universums, versteckt in unserer Realität, darstellen. Ein Portal dahin tut sich auf, wenn ein hellblau leuchtender Stein in eine zugehörige, quadratische Form gesteckt wird. Und so kommt es, dass eine kleine Gruppe normaler Menschen zwischen klobigen Tieren, ebenso eckigen NPC-Dorfbewohnern und unter klotzigen Baumkronen umherlaufen, selbst jedoch nicht aus Klötzen bestehen.
Ein Wow-Effekt will sich dabei nicht einstellen, da die technische Umsetzung reichlich billig wirkt, obwohl sie das nicht war. Innenräume, Dungeons, Waffen, Gegenstände und auch Teile der Außenlandschaften mitsamt vielen Bäumen wurden als klotzige Kulissen in Filmstudios aufgebaut.
Auch deswegen kostete Ein Minecraft Film Informationen von The Hollywood Reporter(öffnet im neuen Fenster) zufolge 150 Millionen US-Dollar. Nur sehen wir den betriebenen Aufwand im Ergebnis nicht mehr, weil am Ende doch alles von Greenscreens umringt war, die mit weniger plastischen Computerhintergründen gefüllt wurden.
KI-Prompt: nichts Halbes und nichts Ganzes
Dies in Kombination mit viel zu künstlicher Ausleuchtung lässt die Menschen im gesamten Film so aussehen, als schauspielerten sie nur im leeren Raum vor einer flachen Leinwand. Eine ausgedehnte Actionsequenz mit Gleitflügeln in der Luft sieht gar indiskutabel schlecht aus, könnte direkt aus einem der Spy-Kids-Filme(öffnet im neuen Fenster) von Robert Rodriguez stammen - ohne deren unbeabsichtigtem Trash-Comedy-Faktor.
Doch stört nicht nur die technische Qualität, auch gestalterisch(öffnet im neuen Fenster) läuft nichts rund. Beziehungsweise nicht so eckig, wie es bei Minecraft sein müsste(öffnet im neuen Fenster) . Statt pixelreicher Originaltexturen aus dem Game sind in der Filmwelt alle Oberflächen mehr realistischen Objekten und Pflanzen nachempfunden. Als hätte jemand bei Minecraft den Fotorealismus-Regler per KI-Generator auf 65 Prozent geschoben. Oder schlicht den Prompt "Nichts Halbes und nichts Ganzes" eingetippt.

Bei genauerer Betrachtung kam es uns außerdem nicht so vor, als seien die Bauten der Minecraft-Filmwelt überhaupt der essenziellen Logik quadratischer Einzelsteine der Spielvorlage gefolgt. Die Set-Designer haben vom Baumstamm bis zum Wohnhaus offenbar nur alles, was normalerweise rund wäre, grob mit eckigen Kanten versehen.
Dabei lassen sich allerdings die einzelnen Quadratklötze der Konstruktion oder beispielsweise Gebirgsstrukturen nicht mehr erkennen. Auf uns hat das den Eindruck gemacht, als hätte da jemand Lego mit Playmobil verwechselt. Im Film besteht die Welt Minecraft-untypisch vermehrt aus gröberen Teilen, größeren Flächen, sieht in der Ferne sogar wie eine ganz normale Landschaft aus.
Schafe, Pandas oder Monster, wie zum Beispiel explodierfreudige Creeper und ewig hungrige Zombies, haben noch den höchsten Wiedererkennungswert aus dem Minecraft-Spiel, wurden aber ebenfalls verschlimmbessert. Flauschiges Fell, lebensnähere Animationen und im Falle der menschenähnlichen Monster sogar Körper aus organisch waberndem Fleisch, das an Wackelpudding erinnert, berauben das Kino-Minecraft endgültig des geliebten Pappkartoncharmes der Originalspielfiguren.
Die kann man sich mit genug Sprühfarbe, ein paar Filzstiften und Umzugskisten als Karnevalskostüm oder Cosplay selbst originalgetreu basteln. Was auch immer wir da für Wesen als Kinovarianten sehen, ist einfach nicht ansatzweise das Gleiche. Und irgendwie auch merkwürdig eklig.
Zielgruppe sollte den Film laut FSK nicht gucken
Dass es einen Unterschied macht, ob man wie Pappkameraden aussehende Zombies in die Luft sprengt, verbrennen lässt oder ihnen Gliedmaßen abreißt, oder ob es diese Filmfiguren trifft, hat wohl auch die Freiwillige Selbstkontrolle so gesehen. In Deutschland erhielt Ein Minecraft Film die Alterseinstufung ab 12 Jahren(öffnet im neuen Fenster) . Das ist ungünstig, denn was Handlung und Humor angeht, ist die Zielgruppe dieses Films grob geschätzt zwischen 3 und 8 Jahren alt. Wobei Kinder selbst in diesem Alter mitunter schon ein gewisses Qualitätsempfinden haben können.
Wer Sprüche wie "Hier kommt die Kacki-Stinkebombe" oder "Aus dem Weg, Captain Arschritze" irre komisch findet, ist bei Ein Minecraft Film im Sinne einer hochgradig albernen Action-Komödie, die Regisseur Jared Hess hier in erster Linie abgeliefert hat, genau richtig. - Wir waren das nicht. Und hatten auch nicht den Eindruck, dass die vielen, schon etwas älteren Kinder während unserer durchweg ruhigen Pressevorführung in Berlin wahrnehmbar viel gelacht hätten.
Gefühlt dreimal neu gestartet
Der Film wurde uns vorab übrigens auf Deutsch gezeigt und die Synchronisation erweckte bei manchen der Figuren den Eindruck, als verstelle auf einer Geburtstagsfeier irgendein Onkel unter einem Tierkostüm so gut es geht seine Stimme, weil der echte Animateur kurzfristig absagen musste. Das mag am Material gelegen haben, das Drehbuch ist wirklich nicht gut.















Ein Minecraft Film beginnt schon holprig, wenn er dreimal gefühlt neu startet, um uns seine Gruppe von fünf Protagonisten nach und nach unnötig lang im irdischen Realitäts-Setting vorzustellen. Dann muss er aber natürlich auch noch zeigen, wie sie überhaupt so als Gruppe zusammenkamen und weshalb sie schließlich in der Minecraft-Welt landeten, um dann wiederum erklären zu müssen, wie die Welt von Minecraft allgemein eigentlich funktioniert; und schließlich, worum es in der restlichen Laufzeit des Films überhaupt noch gehen soll.
Wiederholt unterbrochen wird das alles von deplatziert wirkenden Gags sowie kleinen Kämpfen gegen computergenerierte Cartoon-Monster, bei denen sich nie Spannung oder Spektakelempfinden einstellt. Und dann, erst dann, wenn der Film beinahe zur Hälfte vorbei ist und wir bereits die Lust verloren haben, startet so eine Art kleine Minecraft-Abenteuerreise.
Und die besteht aus - noch mehr albernen Sprüchen, immer sich gegenseitig laut anschreiend vorgetragen. Und aus kleinen Kämpfen gegen computergenerierte Monster. Ehe noch ein großer Kampf gegen computergenerierte Monster folgt. Das guckt sich so repetitiv, wie es sich liest.
Minecrafts wahres Herz schlägt nicht in diesem Film
Warum die Figuren das alles machen, ist im Detail hier nicht erwähnenswert. Wichtiger ist uns die Feststellung, dass Rohstoffsammeln, Gestalten und Bauen im ganzen Film zu einer kompletten Randnotiz verkommen. Was hier von Minecrafts wahrem Herzen noch übrig ist, sind ein paar schön detailgetreu gestaltete Schwerter und die bekannten Monster. Trotz ihrer ungewohnt plastisch animierten Schwabbelkörper. Es werden immer mal Items wie Enderperlen herausgeholt sowie genügend Details für aufmerksame Fans der Spiele erwähnt und im Hintergrund platziert.
Insbesondere Zuschauer, die Minecraft noch gar nicht oder nicht sehr gut kennen, erfahren durch diesen Kinofilm jedoch überhaupt nicht, warum dieses Spiel das mit Abstand meistverkaufte der Welt ist und warum es so viele Millionen Menschen aller Altersklassen seit seinem Early Access im Mai 2009 bis heute Stunde um Stunde an die Bildschirme fesselt.
Filmzuschauer erfahren nicht, was das Spiel für kreative Möglichkeiten bietet, wie spektakulär sich Spieler in dieser Welt verwirklichen, aber auch, wie viel Arbeit sie investieren müssen. Die echte Passion der wahren Gamer, auch ihre bemerkenswerten Leistungen innerhalb der Grenzen ihrer riesigen Bauklotzwelten, werden in der Filmadaption genauso wenig repräsentiert wie überhaupt die Tatsache, dass Graben, Sammeln und Bauen in Minecraft eine größere Bedeutung haben.
Waffenbasteln anstatt kreatives Bauen
Es gibt kurze, einzelne Momente, in denen auch mal jemand schnell ein rudimentäres Mauergebäude zum Schutz hochzieht. Oder wir sehen eine nur moderat aufsehenerregende Schatzkammer, die Protagonist Steve bereits fertig gebaut präsentiert. Jason Momoas Charakter Garrett gräbt sich zwischendurch sogar einen Fluchttunnel durch den Boden. All das geht immer wie aus dem Nichts, ohne Vorbereitung oder ausreichendes Materialiensammeln.















Viel mehr beschränkt sich Ein Minecraft Film ansonsten sowieso darauf, dass unsere Heldengruppe für den Kampf gegen die düstere Schweinearmee aus dem Nether im Endeffekt nur jede Menge Waffen und schwere Kriegsgeräte anfertigt. Es ist einfach traurig zu sehen, dass bei all den kreativen Möglichkeiten der Spielvorlage, hier im Kino mal wieder bloß der Rüstungsindustrie ein Herz aufgeht.
Fällt der Spielvorlage zum Schluss sogar in den Rücken
Einen erzählerischen Anschluss an die Geschehnisse aus der echten Welt vom Filmbeginn bietet Ein Minecraft Film am Ende nicht mehr. Ohne im Detail zu spoilern, wie der Film ausgeht - die reine Message der abschließenden Szenen hat uns ziemlich verwirrt zurückgelassen. Frei von jeglichem Bezug zur restlichen Handlung können wir den Schluss nur so interpretieren, dass es besser wäre, die Leute lebten ihre Kreativität mehr in der Wirklichkeit aus - und weniger in Minecraft. Weshalb uns das der Film so unvermittelt noch kurz vor Abspann mitteilen will, ohne es vorher je erwähnt zu haben, bleibt ein Rätsel.
Wir hätten ohnehin einen besseren Ratschlag: Ob Minecraft-Gamer oder nicht, die 101 Minuten Lebenszeit sollte eigentlich niemand mit Ein Minecraft Film verschwenden. Jede Sekunde davon ist mit der echten Spielvorlage garantiert sinnvoller verbracht.
Ein Minecraft Film ist am 3. April 2025 in den Kinos erschienen. Er hat in Deutschland eine Altersfreigabe ab 12 Jahren erhalten.



